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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Gebrüll erklang. Holz ging hörbar zu Bruch. Als sie das Kontor erreichten, wurden sie Zeugen eines ungleichen Kampfes.
    Kuno, Everard und Marquardus waren überrascht worden und auf einen Angriff nicht vorbereitet – entsprechend schnell fiel der Erste von ihnen.
    Tief wurde die Messerklinge in den Bauch des einstigen Taschendiebes gestoßen, aus dessen Wunde sofort Blut rann. Er fiel auf den Boden, wo man ihn achtlos liegenließ.
    Marquardus hatte es noch geschafft, sein Schwert zu ziehen, und kämpfte mit zwei Wachmännern des Grafen gleichzeitig. Doch seine Niederlage war bloß noch eine Frage der Zeit.
    Mitten in diesem Durcheinander erblickten Runa und Walther ihr Kind. Freyja war geknebelt und gefesselt, und sie stand vor Vater Everard, der dem Mädchen ein Messer an die Kehle hielt. Sein Blick wirkte wahnsinnig. Jetzt, im Angesicht seines Todes, war er zu allem bereit. An Walther gerichtet sagte er: »Nun, mein Sohn. Schau dir deine Tochter noch ein letztes Mal an. Jahrelang war sie fort, und heute, wo sie vor dir steht, wird sie dir wieder genommen.« Er begann zu lachen. »Wenn ich schon sterben soll, dann nehme ich sie mit mir.«
    Drei der gräflichen Männer hielten sich bereit zum Angriff.
    Walther ließ seinen Blick auf den Hals seiner Tochter gerichtet. »Ich bin nicht dein Sohn, Everard! Hast du das vergessen?«
    Der Priester lachte bitter. »Das stimmt. Du bist des Stotelers Sohn, doch der hat dich nicht gewollt. Ebenso wenig, wie dessen Nachkommen dich heute wollen. Ich habe dich aufgezogen und dir dein Leben geschenkt, und wie dankst du es mir?«
    »Du hattest jedes Recht auf Dank verwirkt, als du mein Weib anklagtest, eine Hexe zu sein. Damals hast du es nicht geschafft, mir zu nehmen, was mir lieb und teuer war, und heute wirst du es auch nicht schaffen. Lass Freyja gehen!«
    Everard drückte das Messer noch fester an den schmalen Hals des Mädchens und lachte abermals. »Nur über ihre Leiche! Bei der Hexe mag ich vielleicht gescheitert sein, doch nicht so bei deiner Tochter. Es dürfte dich interessierten, dass ich sie soeben mit Marquardus vermählt habe!«
    »Das wirst du büßen«, sprach Johannes plötzlich, der in diesem Moment hinter Walther und Runa hervorkam.
    Everard schaute auf seinen einstigen Verbündeten. Er war tatsächlich einen Moment lang verdutzt, Johannes hier zu sehen. Nur langsam begriff er. »Du … du elender Verräter!«
    Seine Unachtsamkeit sollte sich auf dem Fuße rächen. Einer der Männer des Grafen stürzte sich auf den Geistlichen und riss ihn zu Boden.
    Freyja konnte entkommen. Sie flüchtete in die Arme ihrer Mutter. Sogleich befreite diese sie von dem Knebel und riss sie ungestüm an ihr Herz.
    Die übrigen Männer stürzten sich jetzt auf Everard, wobei der Geistliche sein Messer verlor. Er würde es nie wieder brauchen, denn dies war der Moment seines Todes.
    Von allen unbemerkt sammelte der sterbende Kuno seine letzten Kräfte. Er griff nach dem Messer des Geistlichen, welches zu ihm geschlittert war. Unter Aufwendung seines letzten Atems hob er den Arm, fixierte sein Opfer und warf die Waffe gezielt.
    Die spitze Klinge hatte keinen weiten Weg. Tief drang sie in das weiche Fleisch des Halses ein. Johannes von Holdenstede fiel auf seine Knie, sein Blick wurde starr.
    »Bentz!«, schrie Freyja erschüttert jenen falschen Namen, der sich ihr in den Kopf gebrannt hatte. Gerade noch fing sie ihn auf und bettete seinen Kopf auf ihren Schoß.
    In diesem Augenblick starb Marquardus. Er hatte sich bis jetzt erfolgreich gegen seine zahlreichen Gegner gewehrt, doch es waren zu viele – selbst für einen Ritter. Man schlug ihm das Schwert aus der Hand. Dann versanken zig Klingen der gräflichen Gefolgsmänner in seinem Körper.
    Freyja hatte nichts von alledem mehr wahrgenommen. Ihre Augen waren auf Bentz gerichtet, dessen Blut ihr Kleid langsam durchtränkte. Sie weinte, strich ihm zitternd übers Haar. Mit ihm hatte sie das Kloster verlassen, er hatte sie nach Kiel gebracht. Auch wenn Bentz sie dort verraten hatte und Freyja noch immer nicht wusste, warum, war er nun hier – zusammen mit ihren Eltern! All das konnte nur bedeuten, dass er sie gerettet hatte. Und nun war er schwer verwundet. »Bentz, du darfst nicht sterben. Nicht jetzt, wo alles gut wird«, schluchzte Freyja.
    Johannes atmete schwer. Aus seinem Mund kam Blut. Seine Worte waren kaum mehr zu verstehen. »Ich sehe dich!«
    »Still«, weinte die junge Frau verzweifelt. »Schone deine

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