Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
stets versucht, so genau wie möglich zu sein, auch wenn der von mir verwendete Begriff »Gotik« erst später geprägt wurde. Das betrifft seine Ausstattung, den Bereich des stallum in choro und den der Krypta ebenso wie die erwähnten Heiligenaltäre, von denen es zeitweise ganze dreiundvierzig im Dom gab. Auch die genannten Reliquien hat es laut des Reliquienverzeichnisses aus dem 12. Jahrhundert tatsächlich im Hamburger Dom gegeben, und die Existenz der von mir erwähnten Berthold-Bibel ist belegt. Doch ob es das in diesem Zusammenhang genannte Skriptorium gegeben hat, ist laut der Quellen nach wie vor strittig.
Alles, was ich über den Domumbau von der Basilika in eine Hallenkirche geschrieben habe, soll so geschehen sein. Leider lässt es sich nicht mehr zweifelsfrei sagen, wann genau welche baulichen Veränderungen stattgefunden haben. Das Datum des Weihefestes für das südliche Seitenschiff habe ich mir demnach ausgedacht, doch den Ablauf des Festes habe ich versucht, anhand von Texten über Kirchweihen zu rekonstruieren.
Alle Herren des Rates sind historisch verbürgt. Bei der Karriere von Christian Godonis allerdings, der im Hamburger Stadtbuch genannt wird, habe ich etwas übertrieben. Klar ist, dass er im Jahre 1283 ein Ratsherr war, aber die Leitung der Nikolaischule hat er nicht inne gehabt.
Die Familie Nannonis wird vom Schuldbuch und dem Stadtbuch genannt – genauer gesagt die Brüder Dagmarus, Nicolaus und Bernardus –, wovon die ersten beiden vorliegend ein Teil des Rates waren. Othmar dagegen ist meiner Fantasie entsprungen.
Kommen wir nun von den Lebendigen zu den Toten des Buchs. Johannes vom Berge starb wohl auf die schlimmste Weise, und auch wenn es schwer vorstellbar ist, das Rädern war laut des Ordeelbooks – des Hamburger Stadtrechts von 1270 – die gerechte Strafe für Mörder und Kirchenräuber, wie jener Text beweist: Eneme mordere unde eneme kerkenbrekere scal men sine lede to stoten mit eneme rade, unde thar vp setten . Möge er mir verzeihen, dass ich seine Geschichte derart abgeändert habe, dass der einst wohl reichste und mächtigste Mann Hamburgs zu einem Verbrecher wurde.
Albert sterben zu lassen hat mich viel Überwindung gekostet, schließlich begleitete er mich über drei Bände lang und war auf eine Weise der »Urvater« meiner Geschichte. Doch er starb einen Heldentod, um seine große Liebe Ragnhild zu beschützen; das hat mich etwas mit seinem Dahinscheiden versöhnt.
Seinem Sohn Johannes habe ich gegen Ende der Geschichte mit Freuden einen heldenhaften Anstrich verpasst. Gerne hätte ich ihn – Freyja zuliebe, die als Einzige seine gute Seite kennenlernen durfte – am Leben gelassen, doch seine früheren Taten waren so unverzeihlich, dass ich ein Leben in Eintracht mit ihm und seiner Familie nicht mit mir vereinbaren konnte.
Auch der schreckliche Everard gehört zu den zahlreichen Toten dieses Romans. Alle Details seiner Pilgerreise, wie die erwähnten Reliquien oder die historischen Fakten der von ihm bereisten Orte, habe ich versucht so wiederzugeben, wie ich sie den Quellen entnommen habe.
Hamburgs Ehrenmann Johann Schinkel ist wirklich im Jahre 1299 gestorben, genau genommen allerdings am 23. März und selbstverständlich nicht durch die Hand Ehlers. Ich gebe ihm also noch ein paar Wochen länger Zeit, um seine bemerkenswerte, dreißigjährige Karriere als Ratsnotar von Hamburg zu beenden. An dieser Stelle will ich gestehen, beim Schreiben seiner Todesszene ein Tränchen verloren zu haben. Runas und seine Liebe gingen mir nah, weshalb ich ihn auch nicht ohne sie von der Welt gehen lassen wollte. Seine Diener, Werner und Anna, hat es übrigens wirklich in jenem Amt gegeben. Ihre Kinder Beke und Tybbe sind allerdings fiktiv.
Eccard war mein heimlicher Liebling in diesem Roman, und sein Tod fiel mir besonders schwer – möglicherweise, weil Margareta schwanger war, ebenso wie ich beim Schreiben der Szene. Sein Lehnsherrenwechsel von der bösen zur guten Seite, der schlussendlich ja auch zu seinem tragischen Tode führte, machte ihn für mich zum Märtyrer. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war ein Lehnsherrenwechsel in Holstein durchaus üblich. Manche Vasallen und Ministerialen wechselten bis zu dreimal den Herrn, und das meist wegen politischer Konflikte. Ein heimlicher Wechsel, wie Eccard ihn vollzieht, war aber nicht die Regel. Fest steht, dass Untreue zumeist schlimme Folgen für die Abtrünnigen hatte. Geldstrafen, Vertreibung oder gar die
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