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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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Wüste, tief im Süden, wo es nur wenig Leben gibt und seine Zauberkraft am stärksten wirkt«, sagte sie tröstend. Ich wartete, ob sie noch etwas hinzufügen wollte, doch sie schwieg, als sei nun alles gesagt.
    »Wieso ist seine Zauberkraft in der Wüste stärker, weil es dort wenig Leben gibt?«, fragte ich nach kurzem Nachdenken.
    »Weil das Leben an sich rein ist und im Widerspruch steht zum Zauber des… – dessen, den wir nicht erwähnen wollen. Unser Feind gibt sich nicht zur Gänze schlecht, sondern er zeigt sich allen Fragen offen und zieht alles Gute in Zweifel; er versucht, an allem Wahrhaftigem etwas Fragwürdiges zu finden und es damit zu verwässern. Es ist nun gewiss nicht falsch, etwas infrage zu stellen, doch unser Feind lässt alles, womit er sich befasst, in einem schlechten Licht dastehen. Selbst etwas, das völlig unangreifbar ist für ihn, stellt er als fragwürdig hin – oft allein mit der Begründung, dass er es infrage gestellt hat. Und nicht nur, dass er Zweifel und Zersetzung sät, er legt nahe, dass auch das Schlechte sein Gutes habe – er behauptet, das Böse habe gute Seiten, weist auf Vorzüge der Stumpfsinnigkeit hin und behauptet, ein Ideal sei so gut wie das andere. Damit aber entwertet er alles. Er ist weniger ein Meister der Lügen als vielmehr der halben Wahrheiten. Er verschweigt, was ihm nicht nützt, und führt das bisschen Wahrheit, das er stehen lässt, als Beweis seiner Aufrichtigkeit an. In den Köpfen der Menschen und, ja, auch der Alben erzeugt er große Unsicherheit und nimmt jedem die Standpunkte. Wenn er erst ein Volk in Verwirrung und Selbstzweifel gestürzt hat, dann überrennt er es mit einem Heer aus versklavten Menschen, Trollen und – Dunkelkriegern. Der Schillernde ist, wie ich schon sagte, nur einer seiner zauberkräftigen Heerführer, aber eben der, mit dem wir zu tun haben. Von seiner Feste, dem Dämmerturm aus, den er nie verlässt, vernebelt er den Menschen den Verstand; Weiß wird bei ihm zu vielen Abstufungen von Grau und zu Grün und zu Rot. Rings um den Turm breitet sich die Fäule über das unterjochte Land aus wie eine Pestbeule; wir leisten Widerstand und haben jüngst sogar in einem größeren Vorstoß gesiegt. Vielleicht konnten wir ihm damit Angst machen, er verdoppelt nämlich seine Anstrengungen, und es sieht wieder schlecht für uns aus.«
    »Der Heerbann, zu dem ich gehörte, hat euch also zurückgeschlagen?«
    »Nein, und du gehörtest auch zu keinem Heerbann; der Vorstoß fand weiter im Norden statt. Du warst bei einer Hundertschaft, die einen Wagenzug schützte, und wir überfielen euch. Eure Trolle haben uns überrascht, denn gewöhnlich können sie bei Tag kaum kämpfen. Bevor wir uns zurückziehen mussten und ich schwer verwundet wurde, entdeckten wir noch, dass der Wagen leer war. Weißt du etwas über die Ladung?«
    Ich dachte angestrengt nach, doch plötzlich war mir, als zöge sich ein eisernes Band um meine Stirn zusammen. Ich kniff die Augen zu und massierte mir die Schläfen. »Nein – ich weiß nicht einmal etwas von dem Wagen. Ich erinnere mich auch nicht mehr an den Kampf, aber ich marschierte in dem Glauben, wir zögen in die Schlacht und ich ginge in einem großen Heerbann. Ich kann mich nicht… Mein Gedächtnis lässt mich im Stich«, entschuldigte ich mich.
    »Nun, jedenfalls waren mehr Trolle und Dunkelkrieger als Menschen unter der Begleitmannschaft«, entgegnete Enea. »Das hat uns neugierig gemacht, aber auf die Kampfkraft der Trolle waren wir nicht vorbereitet.«
    »Man sagte uns, wir marschierten bei Tag, weil unsere Feinde dann nicht kämpfen könnten. Doch dann kam es am helllichten Tag zum Gefecht – das ist doch ein Widerspruch! Warum habe ich das nicht vorher erkannt?«
    »Weil du unter dem Bann des Schillernden gestanden hast.«
    »Ja, ich konnte kaum einen zusammenhängenden Gedanken fassen. Selbst jetzt vermag ich mich kaum an mein früheres Leben zu erinnern, aber ich glaube, ich bin von selbst in den Norden gekommen… Was meinst du, waren alle Menschenkrieger des Schillernden so benebelt wie ich?«
    »Vermutlich die allermeisten. Er muss sehr viele von euch in seiner Gewalt haben, aber ihr kämpft alle sehr… mechanisch. Nur wenige von euch scheinen freiwillig zu streiten, das müssen Verbrecher sein; wer außer Verbrechern würde für die Herrschaft der Finsternis kämpfen?«
    »Geldgierige Menschen oder Arme, die glauben, nur auf diese Weise ihr Los verbessern zu können«, führte ich an.
    »Wer

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