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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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von den Krallen eines Abys-Khel verletzt wird.«
    Ich nickte ihr zum Dank zu und packte mein Schwert, dann stutzte ich. »Was hast du gesagt – Abys-Khel?«
    »Ja.«
    »Aber… sind sie denn aus dem Abyssus beschworen? Hat der Graue Herrscher sie entsandt – «
    »Entsandt? Er hat sie auf diese Welt geführt! Aber sprich nicht von ihm. Das muss warten bis später. Wir müssen weiter.«
    Doch mich überfiel tiefer Ekel – vor meiner Waffe und mir selbst. Ich riss mir die Lumpen vom Leibe und streifte die Kleider eines toten Alben über, die nur wenig Blut abbekommen hatten. Auch sein Schwert nahm ich an mich, eine schmucklose Waffe mit breiter Klinge und Bastardgriff, wie ich sie schätze; die Scheide bestand aus dem gleichen roten Leder, das auch den Griff umhüllte, und war mit einem Muster aus kleinen bunten Perlen bestickt; es zeigte einen Reiher über einem See. Erst als ich mir den Waffengurt schon umgeschnallt hatte, kam mir in den Sinn, mich zu fragen, was Enea wohl von meinem Gebaren halten mochte. Immerhin hatte der Tote zu ihrem Volk gehört, und was unter Menschen rechtens, weil zweckmäßig war – der Gefallene brauchte weder Gewand noch Schwert –, mochte bei den Alben durchaus als verwerflich gelten.
    Indes schien Enea mein Verhalten mit Gleichmut zu beobachten, ja, sie lächelte mir sogar ermutigend zu und sagte, als wir uns zum Weitergehen wandten:
    »Wenn du deine alten Kleider weiter ertragen hättest, wären mir Zweifel gekommen, ob das Elixier wirklich gewirkt hat.«
    Darauf antwortete ich nichts, und schweigend schlugen wir uns in den Wald. Erneut bewunderte ich Eneas eleganten Gang, und immer mehr nahm ich sie als Frau wahr, obwohl kein Menschenblut durch ihre Adern rann.
    Mehr als zuvor wurde mir während unseres Eilmarsches bewusst, dass ich nicht sagen konnte, wie lange ich mich unter dem Zauberbann befunden hatte. Doch die Heftigkeit, mit der es in ihrer Nähe in mir aufwallte, ließ keinen Zweifel, dass ich schon lange keine Frau mehr zu Gesicht bekommen hatte.
    Ich unterdrückte all meine Anwandlungen; noch waren wir in Feindesland, und ich wusste nicht, ob die Alben uns Menschen vielleicht allgemein als abstoßend empfanden. Ganz gewiss aber konnte sich Enea, schmutzig und grindig wie ich war, keinesfalls von mir angezogen fühlen.
     
     
    »Mir hat man gesagt, meine Waffengefährten seien Alben, und ihr wäret Vampire«, sagte ich. Wir waren fast die ganze Nacht gelaufen; Enea fand sich im Dunkeln sehr gut zurecht und führte; allein wäre ich nie so leicht vorangekommen, sondern trotz meines guten Orientierungssinns durch den Wald geirrt. Vermutlich hätte ich mich sogar bei einem Sturz verletzt. Nun rasteten wir unter einem großen Baum und verzehrten Beeren und Nüsse, die Enea trotz aller Eile unterwegs gesammelt hatte. Mit mir komme sie so langsam voran, hatte sie gesagt, da habe sie genügend Zeit, um Essbares aufzulesen.
    »Eine Verdrehung der Wahrheit, wie sie nicht ungewöhnlich ist für den Grauen Herrscher«, antwortete Enea auf meine scheue Frage.
    »Der Graue Herrscher wohnt also nicht mehr im tiefsten Höllenschlund, sondern kam auf die Erde?«, fragte ich. »Und der Schillernde dient ihm?«
    »Der Schillernde ist nur ein Heerführer des Grauen, und beide haben sie einen anderen, wahren Namen, doch wenn ich sie aussprechen würde, könnten sie auf uns aufmerksam werden. Es ist schon gefährlich, allzu lange von ihnen zu reden, wenn man nicht hinter sicheren Festungsmauern sitzt. Wir sollten besser damit warten, bis wir bei den Unsrigen sind, aber es ist wohl wichtig, dass du erfährst, was um dich herum geschieht.«
    Ich nickte. »Die… gegen die wir gekämpft haben. Hast du wirklich gesagt, es seien Abys-Khel?« Ich erklärte ihr, man habe mir weisgemacht, dafür zu kämpfen, dass die Abys-Khel nicht auf die Erde gerufen wurden.
    »Er verdreht stets die Wahrheit«, sagte sie. »Wir haben gegen Dunkelkrieger gekämpft – benutze das Wort ihrer Sprache lieber nicht. Vielleicht spüren sie nach uns.«
    Ich blickte unruhig zur Seite. Der nächtliche Wald erschien mir noch dunkler. Könnten wir doch wenigstens ein Feuer machen! Überall ringsum, kam es mir vor, lauerten Schreckgestalten.
    Grauenhafter als das aber war die Erkenntnis, wozu ich mich hergegeben hatte. Ich barg das Gesicht in meinen Händen.
    »Man wird dich weit von hier angeworben haben und verzauberte dich, während du schliefst«, drang Eneas Stimme wie aus weiter Ferne zu mir. »Vielleicht in der

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