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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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Antworten warten kann.«
    Shylena zögerte kurz, dann nickte sie. »Ich kann verstehen, wie dir zumute ist. Hab noch ein wenig Geduld. Ich werde kurz meine Wunden versorgen und mir etwas anderes anziehen, dann komme ich zurück und beantworte deine Fragen.«
    »Gut.« Aylon trat in sein Quartier und schloss die Tür hinter sich. Als er allein war und sein Blick auf das große, ausgesprochen weich und bequem aussehende Bett fiel, bedauerte er die Verabredung fast schon wieder. Es lag bereits eine Ewigkeit zurück, dass er in einem Bett wie diesem geschlafen hatte. So groß sein Durst nach Erklärungen auch war, das Verlangen seines Körpers nach Ruhe und ein paar Stunden Schlaf war beinahe ebenso mächtig. Auf dem Bett lagen frische Gewänder für ihn bereit, also konnte er sich wenigstens seiner vor Schmutz starrenden Kleider entledigen.
    Einige Minuten nachdem er sich umgezogen hatte, kam Shylena verabredungsgemäß in sein Zimmer. Bei ihrem Anblick verspürte Aylon einen heftigen, kurzen Schmerz in seiner Brust. Sie hatte nicht nur ihre Wunden versorgt und sich das verkrustete Blut und den Schmutz abgewaschen, sondern auch ihr verfilztes Haar frisiert und sich ebenfalls umgezogen. Sie trug nun ein Kleid, das um die Hüften mit einem breiten Gürtel geschnürt war. Schon vorher war sie wunderschön gewesen, aber jetzt kam sie ihm wie eine überirdische Erscheinung vor.
    »Lass uns ein wenig herumgehen. Dann zeige ich dir Ai’Bon, während ich deine Fragen beantworte«, schlug sie vor.
    Aylon nickte nur. Sie verließen das Gebäude und schlenderten durch die Straßen der weißen Marmorstadt. Von Zeit zu Zeit begegneten ihnen Eiben und grüßten sie freundlich, und immer stärker fiel Aylon etwas auf, das er schon bei seiner Ankunft registriert hatte, ohne sich näher Gedanken darüber zu machen.
    »Sie sind fast alle jung«, murmelte er. Nahezu alle Eiben, die er bislang gesehen hatte, schienen in der Blüte ihrer Jahre zu stehen. Er entdeckte kaum ein Kind und nur ganz wenige Alte.
    »Das hat mit diesem Ort und der Entscheidung der Eiben zu tun, hier zu leben«, antwortete Shylena. Sie hatten einen der zahllosen Parks erreicht, die überall in der Stadt angelegt waren, und ließen sich auf dem Rand eines von Rosenbüschen eingefassten Springbrunnens nieder. »Weißt du, Ai’Bon ist nicht einfach nur irgendeine Insel. Sie ist unsere Heimat. Vor vielen tausend Jahren erblickten hier die ersten Eiben das Licht der Welt.«
    »Oh«, machte Aylon. Wie die meisten Menschen wusste er kaum etwas über die Eiben und ihre Herkunft, lediglich, dass sie neben den Zwergen eines der ältesten Völker Arcanas waren. Er spürte, dass Shylena im Begriff stand, ihm ein Geheimnis zu offenbaren, das nur wenige kannten.
    »Wir waren nicht immer so, wie man uns kennt«, fuhr sie fort. »Ursprünglich genügte es uns, alleine mit uns und der Natur im Einklang zu leben und uns unseres Daseins zu erfreuen. Wir alterten nicht, sondern blieben ewig jung, besaßen nicht einmal feste Körper, und nur durch den Zauber dieser Insel nahm unser Geist Gestalt an. So lebten wir in den Tag hinein, wie es nur hier möglich war, weil es auf Ai’Bon keine natürlichen Feinde gibt, nicht einmal Raubtiere, und wie ich schon sagte, kann man die Insel nur auf dem Rücken Mjallnirs erreichen oder verlassen. Spitze Riffe, die nicht weit vom Ufer entfernt ringsum aus dem See ragen, machen jede Bootsfahrt unmöglich.«
    »Der Greif lebte damals schon?«, hakte Aylon erstaunt nach.
    »Er ist so unsterblich, wie wir es einst waren – solange er auf Ai’Bon lebt«, erwiderte Shylena. Sie tauchte eine Hand ins Wasser des Brunnens und bewegte sie leicht hin und her. Ihr Gesicht verdüsterte sich, als sie weitersprach. »Irgendwann genügte meinem Volk diese Art zu leben jedoch nicht mehr. Wir wurden neugierig auf die Welt jenseits des Sees und wollten die Insel verlassen. Aber Mjallnir spürte unsere Absicht und weigerte sich, uns ans andere Ufer zu bringen. Dennoch gaben wir nicht auf. Im Laufe unzähliger Jahre gruben wir einen Stollen unter dem See hindurch bis zum Festland. Dort trafen wir ein anderes Volk, alt, weise und mächtig, aus dem viel später dann die Menschen hervorgegangen sind. In euch Magiern ist noch viel vom Blut dieses alten Volkes, denn es beherrschte ebenfalls starke magische Kräfte. Um zu verhindern, dass Unbefugte nach Ai’Bon gelangen konnten, halfen die begabtesten Magier dieses Volkes, dessen Name längst vergessen ist, den Eiben,

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