Das Vermächtnis des Rings
Eibenzauber Ai’Bons, spürte er diesmal eine Quelle starker Magie im Inneren des Felsens. Er verstärkte seine Bemühungen, griff direkt nach der Quelle dieser Macht. Schwach zeichnete sich etwas auf dem Gestein ab, formte sich zu einem fremdartigen Symbol aus feurigen, vielfach ineinander verschlungenen Linien.
Instinktiv zuckte Aylon zurück. Er hatte ein Zeichen wie dieses noch nie zuvor gesehen, doch fühlte er deutlich die ungeheure Macht, die dem Symbol innewohnte. Eine Macht, die ihn verbrennen würde, wenn er ihr zu nahe kam. Deutlich spürte er die Hitze, die von dem Zeichen ausging.
»Das Siegel«, stieß Shylena hervor. »Ich sehe es ebenfalls. Kannst du es brechen?«
Aylon schüttelte den Kopf. »Unmöglich«, behauptete er. »Dem Volk, das es geschaffen hat, müssen wirklich sehr, sehr starke Magier angehört haben. Dies muss eines der legendären Zeichen der Macht sein. Ich habe zwar noch nie ein solches gesehen, aber in alten Überlieferungen davon gelesen. Die Zeichen töten jeden, der sie auszulöschen versucht – es sei denn, der Betreffende besitzt selbst entsprechende Kräfte. Und davon bin ich weit entfernt. Ich fürchte, ich bin völlig machtlos.«
Resignation und Verzweiflung machten sich auf dem Gesicht der Halbelbin breit. »Und es gibt keinen Weg, das Siegel irgendwie zu umgehen?«, vergewisserte sie sich.
»Nein. Seine Macht erstreckt sich nicht nur auf den Durchgang, sondern auf die ganze Wand. Wir müssten von einer ganz anderen Stelle aus einen neuen Stollen in den Fels treiben und…« Aylon brach ab und kratzte sich nachdenklich am Kopf.
»Was ist?«, fragte Shylena. »Hast du eine Idee?«
»Ich weiß nicht recht«, murmelte er. »Das Siegel umgehen… Vielleicht wäre das ein Weg… wenn auch anders, als du es gemeint hast. Ich kann es nicht gewaltsam brechen oder in sonst irgendeiner Form zerstören, aber eventuell gibt es eine Möglichkeit, es so zu verändern, dass es seine Wirkung…«
Erneut tastete er behutsam mit seiner Magie nach dem Siegel. Als er die Hitze, die von dem Symbol ausging, zu spüren begann, verharrte er. Es war, als streckte er seine Finger nach einer hell lodernden Flamme aus. Sobald er ihr zu nahe kam, drohte sie ihn zu verbrennen.
Doch da war noch etwas anderes. Schwach spürte er ein dumpfes Pulsieren, die ureigenen Schwingungen der fremden Macht. Mit aller Kraft versuchte er, seine eigene Magie diesen Schwingungen anzupassen. Es war eine mühsame und Zeit raubende Anstrengung, die seine ganze Konzentration erforderte. Er hatte das Gefühl, innerlich zu verbrennen, dann wieder schien er von dem Siegel aufgesogen zu werden. Bizarre, unwirkliche Bilder erfüllten seinen Geist, drohten ihn zu überwältigen und zu zerbrechen, und dahinter lauerte der Irrsinn. Es war wie ein Tanz unmittelbar auf dem Kraterrand eines Vulkans.
Dennoch ließ Aylon nicht locker. Er spürte, dass er einen gewissen Erfolg erzielte und dem eigentlichen Siegel immer näher kam, je besser es ihm gelang, im Rhythmus des Pulses mitzuschwingen. Charalons Reif an seinem Handgelenk begann sich zu erwärmen. Ohne ihn, so wusste Aylon, wäre er bereits verloren gewesen, hätte ihn die fremde Magie einfach weggespült. Das mächtige Skiil schützte ihn, aber auch ihm waren Grenzen gesetzt.
Längst schon war Aylon schweißgebadet, und er zitterte vor Anstrengung am ganzen Körper. Sein Herz hämmerte wie wild, und in seinem Mund war ein schlechter Geschmack, als hätte er in rostiges Eisen gebissen. Mehrfach musste er eine Pause einlegen, und jedes Mal kostete es ihn neue Mühe, den richtigen magischen Rhythmus wiederzufinden. Wie in einem Labyrinth verlief er sich immer wieder in Irrwegen und musste an einen früheren Punkt zurückkehren, doch er merkte, dass er grundsätzlich auf dem richtigen Weg war, und das spornte ihn an.
Er brauchte lange, sehr lange. Aylon hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren, aber in den kurzen Pausen sah er, wie weit die Fackeln bereits heruntergebrannt waren. Schließlich jedoch langte er am Ziel seiner Bemühungen an und konnte das Symbol mit seinen magischen Fingern berühren, ohne davon verzehrt zu werden. Unendlich langsam und vorsichtig begann er, die Feuerlinien zu verschieben. Er spürte, wie das Symbol seine Kraft verlor, je mehr er es veränderte. Im gleichen Maße begann ein kleiner Teil der Wand seltsam unscharf zu werden. Das Gestein flimmerte und schien an Festigkeit zu verlieren. Es wurde durchscheinend, und dahinter war ein
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