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Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Titel: Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamar Yellin
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Riegel, denn es gab keinen Diebstahl und kein Verbrechen. Am Shabbat und an Feiertagen schien ein sanftes Licht aus dem höchsten Turm des Palasts: Die ganze Stadt leuchtete, und niemand hatte Schwierigkeiten, den Weg zum Gebetshaus und zurück zu finden. Es gab nichts Hässliches: Selbst die Aborte waren wie Paläste, die Gerberei duftete süß, und Angst und Gefahr waren unbekannt.
    Durch das Herz der Stadt wand sich ein Fluss reinsten
Wassers. Darin lebten sprechende Zauberfische, die die Psalmen zitieren konnten. Es war verboten, diese Fische zu essen, obwohl man besonderes Wissen erlangte, wenn man es tat. In einem entfernten Stadtteil lebte ein alter Mann, der einen gegessen hatte. Wegen dieses Verbrechens war er geächtet, aber auf der Suche nach Wahrheit gingen die Menschen dennoch zu ihm.
    »Was hast du ihn gefragt?«, wollten die Kinder wissen.
    »Ich habe ihn gefragt, wann die Stämme nach Zion zurückkehren.«
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Er hat gesagt, bald, aber noch nicht jetzt.«
    Er war ein ganzes Jahr lang in der Stadt geblieben und hatte die Gebräuche der Stämme studiert, die natürlich anders waren als die Gebräuche der übrigen Juden, denn sie waren mehr als zweitausend Jahre lang vor der Welt versteckt gewesen. Er hätte noch länger bleiben können, sein ganzes Leben womöglich. Aber sein Platz war nicht dort, und allzu bald war es Zeit zu gehen. Wieder musste er den gefährlichen Sambatyon überqueren. Wer ihn einmal überquerte, war von allen Gebrechen geheilt, aber bei der zweiten Überquerung erhielt man alle Krankheiten, die er fortgespült hatte, zurück. Dies erklärte seine Entstellung. Und aus diesem Grund war auch sein Muker dort geblieben.
    Vor seiner Abreise hatte er eine Hand voll kostbarer Edelsteine aufgehoben und sie sich in die Tasche gesteckt, aber auch sie waren beim Überqueren des Flusses zu einfachen Steinen geworden. Er holte einige Kiesel aus seiner Tasche und zeigte sie den erstaunten Kindern. Er hatte sie auf dem letzten Teil der Reise dazu benutzt, die Geier am Wegesrand zu ärgern.
    Dann bettelten die Kinder um noch mehr Geschichten, und er erzählte ihnen von seinem Ausflug in die Berge, wo
er einen Fluss aus Silber und einen aus Gold überquert hatte; von den unbekannten, köstlichen Früchten, die wild in den Tälern wuchsen, und von den Vögeln in allen Farben, die zwischen den Bäumen herumflogen. Die Luft war so rein gewesen, dass sie die Alten wieder jung machte. Er hatte unter Wasserfällen getanzt und in lauschigen Teichen gebadet.
    Batsheva, die ebenfalls zuhörte, merkte an, das Land der Stämme ähnele so sehr dem Paradies, dass es kein Wunder sei, dass die Stämme nicht nach Jerusalem zurückkehrten. Vielleicht, sagte sie, wäre es besser, wenn wir zu ihnen gingen. Shalom Shepher ignorierte sie und sprach weiter mit den Kindern. Tatsächlich sprach er ausschließlich mit Kindern über die zehn verlorenen Stämme. Seine Geschichten wurden immer wundersamer und fantastischer, immer verzauberter und ausgefeilter. Die Angehörigen der Stämme wurden zu Riesen, ihr Land unendlich, ihr König ein zweiter Salomo mit übernatürlichen Kräften. Ihre Rabbiner ritten auf Kohorten geflügelter Pferde, und ihr Shabbat-Gottesdienst wurde von Elia persönlich gehalten.
    Shalom Shephers Reise wurde zur Legende: Sie war eine dieser Geschichten, die in Jerusalem immer weitererzählt wurden und sich unhinterfragt zum Mythos wandelten. Selbst die Kinder, die erwachsen geworden waren und es inzwischen besser wussten, sprachen noch lange danach von meinem Urgroßvater als Shalom Shepher, der zu den zehn verlorenen Stämmen gereist ist.
    Aber auf den Stufen zu einem Hof in der Straße der Ketten saß ein gewisser sephardischer Muker, abgekämpft und reisemüde, der eine Nargileh rauchte und eine andere Geschichte erzählte. Manchmal berichtete er, sie seien bis Syrien gereist, wo mein Urgroßvater erkrankt und von freundlichen Juden aufgenommen worden sei. Manchmal behauptete
er, sie hätten Damaskus erreicht, wo Reb Shalom ihm den zweiten Teil seines Lohns ausgezahlt habe, und hätten sich dann getrennt. Manchmal gestand er, sie hätten die ganze Zeit zwischen der Genisa und dem Badehaus in Aleppo verbracht, und manchmal erklärte er, sie seien keineswegs zu den Stämmen gereist, sondern hätten die gesamten zwei Jahre gemeinsam in einem narkotischen Nebel verbracht und in einem Dachgarten in Bagdad eine Huka geraucht.
    Mein Urgroßvater hingegen saß im Lehrhaus

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