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Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman

Titel: Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamar Yellin
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oder abnahmen, wenn Reb Shalom sie besuchte, denn eine solche Ikone war ketzerisch und götzendienerisch. Jahre später rang mein Großvater sich zu derselben Erkenntnis durch und verbannte das gottlose Bild auf den Dachboden in Kiriat Shoshan, wo eigenartige Maserungen und Flecken auf dem Gesicht des Vaters des Zionismus wuchsen.
    Eins nach dem anderen kamen seine Kinder auf die Welt, und mit jedem wurde er ein bisschen ärmer. In seinen freien Minuten prüfte er Torahrollen und Pergamente für Gebetsriemen und verkaufte sie an Händler und Mittelsmänner, die sie nach Europa und Amerika brachten. Er kopierte für einen Grush pro Seite Dokumente. Er prüfte die Konten der Gesellschaft für Getreideverteilung und des Joint Relief Committee und saß lange wach und protokollierte die Debatten der Macher und Honoratioren und all der Möchtegerns von Jerusalem.

    In seiner Tasche trug er die zerfledderten ersten Seiten des Romans mit sich herum, den er zu schreiben beabsichtigte und der der erste große hebräische Roman der heiligen Stadt werden sollte. Manchmal schrieb er in einem freien Moment eine oder zwei Zeilen. Die Furche links von seiner rechten Augenbraue wurde tiefer. Seine Augen bekamen einen besorgten und traurigen Ausdruck.
    Manchmal fand er sich abends in der Gesellschaft seines Vaters, der in einer Ecke des Zimmers über seine Studien gebeugt war. Er versuchte dann ein Gespräch anzufangen, aber Reb Shalom war entweder taub oder er tat so: Er hatte dem Sohn wenig zu sagen, der auch nicht besser zurechtkam als er selbst und der daher für ihn immer eine Enttäuschung bleiben würde. Den ganzen Tag wanderte der alte Mann durch die Straßen und hielt das Kästchen unter den Arm gepresst, das er auch vom Haus der einen Tochter mitnahm ins Haus der nächsten und von dem er sich unter keinen Umständen jemals trennte. Niemand war sicher, was sich in dem Kasten befand: ein alter Sohar vielleicht oder eine kommentierte Ausgabe des Traktat Shabbat . Er schob sich zahllose kleine Zettel in den Ärmel, auf denen er Notizen und Berechnungen festhielt. Manchmal steckte er sie sich auch in die Taschen oder legte sie in den Kasten, und sie flatterten aus den Falten seines Kaftans heraus, wenn er durch die Jaffa-Straße schlurfte. Er begann, über Friedhöfe und durch Ruinen zu streifen und sich bei der Karawanserei herumzutreiben. Er saß an Straßenecken und führte murmelnd endlose Selbstgespräche. Er kam nach Hause und erzählte, er habe Elia getroffen oder sich mit Ezechiel unterhalten.
    Einmal kam er unangekündigt in der Wohnung vorbei. Es war Waschtag, und in der Aufregung seines unvorhergesehenen Auftauchens vergaß meine Großmutter, das Foto
umzudrehen. Reb Shalom bemerkte es, ging näher heran, studierte es lange und aufmerksam und verkündete, ohne großes Aufhebens und mit ruhiger Stimme: »Moses, unser Lehrer.«
    Meine Großmutter war erleichtert: Sie nahm die Erklärung als Zeichen seiner Billigung. Reb Shalom betrachtete das Bild nie wieder. Und nach diesem Vorfall drehte sie es nie wieder um.

Siebtes Kapitel
     
    Mein Onkel sagte: »Ich hatte von Anfang an Recht. Shloime sagt, der Kodex stammt mindestens aus dem dreizehnten Jahrhundert.«
    Ich spitzte die Ohren.
    »Drei Spalten, nicht zwei. Das zeigt, dass er alt ist. Und auf Velin geschrieben. Und mit vollständiger Massorah - weißt du, was die Massorah ist? - Anmerkungen.«
    »Ja«, sagte ich geduldig, »ich weiß, was die Massorah ist.«
    »Was ihn erstaunt, ist der Kolophon. Der Teil, der die Entstehungsgeschichte des Buchs darlegt.«
    Wir saßen auf dem Balkon über der Straße. Ein sanftes Frühlingslüftchen wehte und raschelte in den Blättern von Tante Fanias Topfpflanzen. Von weit unten drangen Hupen und Zorn des dichten Verkehrs hinauf.
    »Das, meint er, muss eine Fälschung sein.«
    Tante Fania kam mit einem Tablett mit Eiskaffee heraus: die einzige Köstlichkeit, die sie wirklich beherrschte. Ich sah meinen Onkel an, der sich jetzt im offenen Hemd zurückgelehnt hatte und das graue Gestrüpp auf seiner verwitterten Brust entblößte: ein alter Europäer in der nahöstlichen Sonne. Unter seiner linken Brustwarze war ein münzgroßer,
dunkler Fleck, den er, wenn er noch Zeit hätte, sich Sorgen zu machen, vielleicht eines Tages als ernst betrachten würde.
    »Da ist schon wieder zu viel Zucker drin«, beschwerte er sich. »Jedes Mal sage ich dir, du sollst nicht so viel Zucker reintun.«
    »Ach hör doch auf. Ich habe ihn genau so gemacht,

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