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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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Richtung getrieben. Deshalb ließ es der Steuermann noch eine weitere Drehung machen, so dass der Bug wieder in Fahrtrichtung stand. Noch immer schlingerte das Boot, die Männer hielten sich mit aller Kraft an der Außenwand fest, blickten angespannt zurück, dorthin, wo beide Flüsse aufeinandertrafen, und warteten, bis das Boot sich gefangen und der Steuermann die Kontrolle zurückgewonnen hatte. Dann erst schauten sie um sich und stellten fest, dass sie zwar mächtig durchgeschüttelt worden waren, aber wohl keine Ladung verloren hatten.
    Als das Fahrwasser ruhiger geworden war, befreiten die Männer Johannes von seinen Fesseln und legten sich erschöpft auf das kleine Holzdeck. So trieb das Boot, bis die Sonne tief am Himmel stand. Der Steuermann blickte noch einmal zurück.
    «Das ist der Rhein», sagte er kurz und lachte Johannes an, dem noch immer etwas flau im Magen war. Doch als einer der Männer ihm freundschaftlich auf die Schulter schlug, musste auch er lachen.
Von nun an verlief die Fahrt ruhig und angenehm. Zu beiden Seiten des Flusses erhoben sich Gebirgszüge, und wie an der Mosel wurde auch hier Wein angebaut. Hin und wieder sahen sie kleinere Dörfer und einzelne Höfe, doch keine große Stadt.
    Der Rhein erwies sich als sicheres Fahrwasser. Es gab keine Strudel, keine Untiefen, und die großen Bögen, in denen sich das Boot flussabwärts bewegte, machten dem Steuermann kaum Schwierigkeiten. Seit sie Confluentes hinter sich gelassen hatten, sprachen die Männer wenig miteinander. Die beiden Bootsleute hatten zunächst noch damit zu tun, einige Fässer neu zu vertauen, aber dann legten auch sie sich auf das Deck und dösten vor sich hin.
    Johannes tat es ihnen gleich und blickte mal zu den Wolken, mal zu den Weinbergen, aber eigentlich blickte er gar nicht, sondern erinnerte sich an den Traum der letzten Nacht, erspürte noch einmal, wie es ihm ergangen war, dort, irgendwo auf einer Mauer, vielleicht in Laon, kurz bevor sich der Adler hinabstürzte, um ihn zu zerreißen. Und zugleich erinnerte er sich an das seidige schwarze Haar, und jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er auch einen Duft wahrgenommen hatte. Plötzlich spürte er wieder den Schmerz, entstanden nicht durch die Krallen eines Adlers, die sich in sein Herz bohrten, sondern in diesem Herzen selbst. Er schloss die Augen, öffnete sie jedoch wieder, weil das Dunkel unerträglich wurde, blickte stattdessen in die Wolken und verlor sich darin.
    Eine Stimme unterbrach ihn. Es war der Steuermann, der ihn auf eine Burg hinwies, hoch oben auf dem Berg, den sie den Drachenfelsen nannten. Die Bootsleute waren ebenfalls aufmerksam geworden und hatten die Taue ergriffen. Nicht weit entfernt am Fuße des Berges erblickte Johannes eine kleine Ansammlung von Häusern und einen Steg. Wieder brachte der Steuermann das Schiff quer zum Fluss, und so gelang es den Männern am Steg, ihnen ein Tau zuzuwerfen und das Boot seitwärts zu holen.
    Sie verbrachten die Nacht an Bord. Diesmal fiel Johannes in einen traumlosen Schlaf. Als sie am nächsten Morgen die Fahrt fortsetzten, fühlte er nur eine große Leere, und es schien ihm, als wäre es ohne jeglichen Sinn, mit dem Boot flussabwärts zu treiben. Auch Anno und Enrico hatten sich einst auf eine lange Reise begeben. Diese Reise aber hatte ein Ziel gehabt, und sie hatten dieses Ziel erreicht. Ihre Rückkehr war ein Segen, denn ihr Schicksal hatte sich erfüllt. Doch der Weg, den Johannes begonnen hatte, schien keinen Segen zu finden. Er war nicht angekommen und kannte auch jetzt, mitten auf dem Rhein, nur die Notwendigkeit der Flucht.
    Bald hatten sie die Gebirge hinter sich gelassen. Zu beiden Seiten des Rheins erstreckten sich nun Felder, auf denen Getreide angebaut wurde, und immer öfter sahen sie auch kleine Dörfer.
    Dann erreichten sie Köln. Die Stadtmauer mit ihren Torburgen, die unzähligen Kirchtürme und Häuserreihen und selbst einige Windmühlen waren schon von fern zu erkennen. Johannes hatte noch nie eine solch große Stadt gesehen.
    «Das ist das Ende unserer Reise», sagte der Bootsmann. «Weiter dürfen wir nicht.»
Johannes blickte auf.
«Wie meint Ihr das?»
«Wir müssen im Kölner Hafen Halt machen. Die Fässer werden umgeladen und von einem anderen Boot nach Brügge gebracht.»
«Könnt Ihr das nicht selbst tun?»
«Wir könnten schon, aber wir dürfen es nicht», rief er zurück. «Die Kölner lassen es nicht zu.»
Johannes blickte den Steuermann verwundert an.
«Ja, das klingt

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