Das Vermächtnis des Templers
seltsam», sagte der. «Aber die Kölner haben das Recht dazu. Und sie verdienen gut daran.»
Johannes wollte Genaueres wissen, aber inzwischen hatten sie die Südseite der Stadtmauer erreicht, und die Männer brauchten jetzt all ihre Aufmerksamkeit.
Zwischen Mauer und Fluss befand sich ein etwa hundert Schritt breiter Uferstreifen. Johannes erkannte, dass dort große Mengen Holz gestapelt waren. Er beobachtete Zimmerleute, wie sie den Rumpf eines Bootes ausbesserten. Er sah Pferdewagen unterschiedlicher Größe mit vier oder zwei Rädern. Manche waren beladen mit Steinen, andere mit Fässern, wieder andere mit Getreide. Viele Boote lagen im Hafen, darunter auch zwei Koggen. Am Ufer stand ein großer Kran, der gerade einen Steinquader angehoben hatte, um ihn in eines der Boote zu verladen. Johannes sah, wie mehrere Männer in einer Art Laufrad vorwärts traten, damit die schweren Taue des Krans auf und ab bewegt werden konnten. Unmittelbar am Ufer waren Handwerker damit beschäftigt, kleinere Steine zu bearbeiten, die dann auf Tragen oder Schubkarren zu den Booten gebracht wurden. Etwas weiter nördlich bemerkte Johannes ein Boot, das mit Fisch beladen war. Ein strenger Geruch wehte vom Ufer herüber.
Dem Steuermann war es gelungen, das Boot zu verlangsamen. Sie hatten den großen Kran passiert und fuhren auf einen kleineren Steg zu. Dort warteten bereits Pferdewagen, die die Ladung aufnehmen sollten. Das Boot wurde sicher vertaut, und mehrere Männer begannen damit, die Weinfässer von Bord zu tragen.
«Wir sind da», sagte der Steuermann zu Johannes, der seinen Blick noch immer nicht vom Ufer wenden konnte.
«Nun müsst Ihr ohne uns weiterreisen.»
«Ich danke Euch», sagte Johannes und wandte sich um. «Bringt meinen Dank auch zurück nach Trier und sagt Eurem Herrn, dass ich sehr zufrieden bin. Der Weg über die Eifel hätte viele Wochen gedauert. Es war richtig, über das Wasser zu reisen.»
«Ich werde ihm berichten», sagte der Steuermann. «Er trug mir auf, Euch ein gutes Quartier in Köln zu nennen. Wenn Ihr hier die Nacht verbringen möchtet, geht in das Kloster des heiligen Pantaleon. Es ist ein Haus der Benediktiner, das sich zwar noch innerhalb der Stadtmauer befindet, aber sehr ruhig gelegen ist. Und innerhalb der Klostermauern seid Ihr geschützt. Ihr findet es, wenn Ihr durch das Tor geht, dann geradewegs in westlicher Richtung alle Märkte überquert und Euch dann links haltet.»
Johannes nickte. Er nahm sein Gepäck auf, ließ sich von den Bootsleuten auf den Steg helfen, wünschte ihnen Glück, winkte noch einmal, wandte sich dann um und betrat die Stadt durch ein großes Tor.
Unmittelbar jenseits der Mauer kam er auf einen Markt. Hier wurden vor allem an diesem Morgen gefangene Fische angeboten, aber auch Heringe und gesalzener sowie getrockneter Fisch. Verdeckt von einer Reihe zweistöckiger Fachwerkhäuser erblickte Johannes vor sich einen hoch aufragenden Kirchturm, der fast einem Burgfried ähnlich war. Er ging an der Häuserzeile vorbei, wandte sich nach rechts und kam zu einem weiteren kleinen Platz, auf dem Metallwaren angeboten wurden. Etwas abseits erblickte er einen Holzmarkt. Dünne Latten, Bretter und Balken waren hier ebenso zu erwerben wie Fässer, Räder und Weidengeflechte. Johannes lief weiter geradeaus, und plötzlich befand er sich auf einem großen Platz und war von Hunderten Menschen umgeben. An den Ständen und Buden, auf Kisten und Tischen wurde rege gehandelt. Zunächst waren da Obststände. Vor allem Äpfel wurden angeboten. Dann folgte Gemüse aller Art. Johannes wurde besonders aufmerksam, als er einen Stand mit Kräutern fand. Hier entdeckte er manches, das er zuvor nur in Laon gesehen hatte. In der Mitte des Platzes bemerkte er einen Brunnen. Dort trank er etwas von dem klaren Wasser und wusch sich das Gesicht. Als er nach Norden blickte, bemerkte er in einiger Entfernung ein Gebäude im neuen Baustil. Erst auf den zweiten Blick wurde ihm klar, dass es sich um den Chor einer Kirche handelte, die noch nicht fertiggestellt war. Aufgrund der Ausmaße des Chores konnte sich Johannes vorstellen, dass hier eine Kathedrale entstand, die der in Reims an Größe in nichts nachstehen würde. Er sah weiter um sich, unsicher, wohin er sich wenden sollte. Unmittelbar vor sich erkannte er ein prunkvolles Gebäude. War es der Palast des Bischofs? War es ein Rathaus? Er wandte sich nach Süden, so wie es der Steuermann ihm geraten hatte, kam vorbei an Buden mit Tongefäßen,
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