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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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von der Strömung flussabwärts getragen wurden und flussaufwärts die Segel gesetzt hatten, kleine, einfache Boote. Am Nachmittag erreichte er die große Brücke, die ihn über die Weser führen sollte. Die Stadt war jetzt ganz nah. Für Johannes war all dies neu, und so machte er einen Moment Rast, um das Bild auf sich wirken zu lassen.
    Die äußere Mauer schien sich ohne Unterbrechung um die Stadt zu ziehen. Johannes schätzte sie doppelt so hoch wie die Mauer des Loccumer Klosters. Mehrfach war sie durch große Wehrtürme verstärkt, durch die man in die Stadt gelangen konnte. Entlang der Mauer zog sich ein Wassergraben. Auffällig war, dass der Westteil der Stadt deutlich höher gelegen war als der Ostteil. Johannes bemerkte, wie eng die Gebäude beieinander standen. Wie viele Menschen hier wohl lebten? Wie ernährten sie sich, wenn sie am Haus keinen Acker bearbeiten konnten?
    Johannes hatte die Brücke erreicht. Dort musterten die Wächter aufmerksam jeden, der in die Stadt gelangen wollte. Ein Händler mit Pferdefuhrwerk musste einen Geldbetrag entrichten, um Durchlass zu erhalten. Auch Johannes wurde nach seinem Ziel gefragt. Die Wächter ließen ihn passieren. Auf der Mitte der Brücke blieb er stehen, um zum Fluss hinabzublicken. An den steinernen Brückenpfeilern, die massiv aus dem Wasser ragten, konnte man die Strömung der Weser besonders gut wahrnehmen. Rechts von der Brücke erblickte Johannes vor der Stadtmauer eine große, unbebaute Fläche unmittelbar am Wasser. Hier hatten Kutter unterschiedlicher Größe angelegt. Viele Menschen waren damit beschäftigt, Schiffe zu entladen. Gleichzeitig standen dort Bauern mit Fuhrwerken und warteten offenbar darauf, ihr Getreide an Bord bringen zu können. Nicht immer gelang es Johannes zu erkennen, was dort gehandelt wurde. Mit großer Verwunderung bemerkte er zehn Schiffe, die in zwei Reihen nebeneinander im Wasser schwammen, aber nicht von der Strömung fortbewegt wurden. Es hatte den Anschein, als wären sie wie von magischer Hand im Fluss gehalten. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass es sich wohl auch nicht um gewöhnliche Kähne handelte, mit denen Waren transportiert werden konnten. Diese Schiffe besaßen einen Aufbau ähnlich einer Hütte und seitlich ein großes hölzernes Schaufelrad, das von der Strömung bewegt wurde. Johannes konnte sich nicht erklären, welchen Sinn dies haben sollte.
    Er ging weiter zum Ende der Brücke. Auch hier durchschritt er ein Tor, das jedoch nicht bewacht wurde. Nach einigen Metern stand er auf einer engen, sehr belebten Straße. Links und rechts reihte sich Haus an Haus. Diese Gebäude waren aus Holz und Lehm gebaut. Einige hatten ein zweites Stockwerk und ein Dachgeschoss mit Ladeluke und Seilzug. Die Straße selbst war ungepflastert. Hin und wieder lagen Essensreste herum. Fliegen, Käfer und Schaben machten sich darüber her, und auch Mäuse tummelten sich dort. Johannes ging eine Weile ziellos weiter, um alles Neue wahrzunehmen. Menschen eilten geschäftig an ihm vorbei. Hier fand sich nichts von der Ruhe der Arbeit im Kloster. Er kam an eine Kreuzung und blickte nach links. Eine große Kirche war zu sehen. Auf dem Weg dorthin gab es eine Absperrung, eine hölzerne Palisade. Wächter standen am Durchgang. Dorthin begab sich Johannes, um nach dem Weg zu fragen. Intuitiv war er richtig gegangen. Er stand am Eingang zur Domfreiheit. Die Wächter kontrollierten die Papiere, die der Abt ihm für den Besuch beim Bischof zu Minden geschrieben hatte. Etwas hilflos blickten sie auf die Schriftzeichen, aber das Luccensische Siegel schien sie zu überzeugen: In Wachs geprägt sahen sie die Licht aussendende Madonna mit dem Kinde und um sie herum angeordnet die Worte ‹Sigillum Prioris et Conventus Luccensis›. Einer der Wächter zögerte nicht lange und forderte Johannes auf, ihm zu folgen.
    Hinter der Palisade hatte man freien Blick auf den Dom. Er übertraf die Klosterkirche von Loccum nur um weniges, aber seine Architektur wirkte nicht so filigran, schien vor allem von den mächtigen Außenwänden bestimmt zu sein. Die klassischen römischen Rundbögen der Westfassade ließen darauf schließen, dass der Dom noch im alten Stil erbaut worden war. Johannes wollte das Bauwerk näher betrachten, aber sein Begleiter zupfte ihn an der Kutte und zeigte auf ein Steinhaus am Rande des großen Domhofs: die Kurie. Johannes hatte sein erstes Ziel erreicht.
    Der Wächter befahl zu warten. Nach geraumer Zeit kam er zurück und

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