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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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Vogel seine Beute reißen können?»
«Er ist schnell», antwortete Johannes. «Er hat ein gutes Auge und beherrscht die Kunst des Fliegens.»
«Nun, das allein würde ihm die Beute nicht in die Krallen bringen.»
«Was sonst?»
«Die Gewohnheit.»
Johannes blickte fragend auf.
«Natürlich beherrscht dieser Vogel die Kunst des Fliegens», fuhr Jacques fort. «Welcher Vogel tut das nicht. Der eine mehr, der andere weniger. Aber dieser Greifvogel siegt, weil er die Gewohnheit seiner Beutetiere kennt. Er weiß instinktiv, wie sie sich verhalten. Und sie tun ihm den Gefallen und erfüllen seine Erwartung. Das bringt ihnen den Tod.»
Johannes nickte.
«Du hast mich gefragt, warum ich den Umhang des Ordens gegen den Pilgermantel getauscht habe, bevor wir losgeritten sind. Wenn du den Greifvogel beobachtet hast, kennst du die Antwort.»
«Das müsst Ihr näher erklären.»
«Der Greifvogel beherrscht die Kunst des Kriegers. Er nutzt die Gewohnheiten seiner Beute. Die Maus, die dem Vogel zum Opfer gefallen ist, hat sich so verhalten wie immer. Genau dies aber wurde ihr zum Verhängnis. Und das würde auch einem Krieger zum Verhängnis. Du musst lernen, deine wahren Absichten zu verbergen.»
«Aber ich kann doch nicht dauerhaft ein anderer sein.»
«Wir Menschen bilden uns viel ein auf unsere Persönlichkeit. Aber was ist das, unsere Persönlichkeit? Ist sie nicht zusammengesetzt aus unendlich vielen Flicken? Ist sie nicht auch das Ergebnis der Begegnung und des Zusammenlebens mit all den anderen Menschen? Ich sage nicht, dass du deine Persönlichkeit aufgeben sollst. Aber wenn du erfahren hast, dass du nicht nur du bist, wird es für dich nicht mehr so schwer sein, deine Persönlichkeit einzusetzen wie einen Tarnmantel. Es gibt Tiere, die sich schwer jagen lassen. Wir sagen dann, sie haben eine ganz eigene Persönlichkeit, einen eigenen Charakter. Aber genau genommen sind sie deshalb schwer zu jagen, weil sie nicht dem Charakter entsprechen, den wir ihnen zugesprochen haben. Diese Tiere sind nicht begreifbar und deshalb nicht greifbar. Sie sind magisch.»
«Und was bedeutet das für uns Menschen?»
«Wenn ein Mensch beginnt, ein Krieger zu werden, dann beginnt er magisch zu werden. Bislang hatte er seine Gewohnheiten. Natürlich hat Routine ihr Gutes. Wir beide würden in der Klostergemeinschaft nicht auf den Rhythmus der Stundengebete verzichten wollen. Sie prägen uns täglich zum Guten. Der Krieger hat gelernt, Gewohnheiten aufzulösen, um unangreifbar zu werden. Stell dir vor, die Maus auf unserem Feld hätte sich nicht so verhalten, wie es eine Maus gewöhnlich tut.»
«Sie würde jetzt noch leben.»
«Sehr wahrscheinlich würde sie das. Der Krieger ist nicht ein Mensch, der Gewalt ausübt um ihrer selbst willen. Er ist vielmehr ein Mensch, der aus der Welt verschwindet, so wie es ja auch die Mönche in Loccum tun, da sie die Worte des heiligen Bernhard ernst nehmen. Der Krieger geht so weit, dass er selbst seine Vergangenheit auflöst. Er ist nie gewesen, und er gibt somit seinen Gegnern keine Anhaltspunkte. Das beste Mittel, seine eigene Geschichte auszulöschen, besteht darin, sie nicht mehr zu erzählen, einen Nebel um die eigene Vergangenheit zu breiten. Der Krieger plaudert nicht.»
Jacques begann über seine eigenen Worte zu lachen.
«Es sei denn, er hat einen Novizen in Ausbildung», ergänzte er.
Auch Johannes musste lachen.
Gemeinsam blickten sie schweigend über das weite Feld, hinter dem die Sonne ihre letzten Strahlen aussandte.
Am nächsten Tag verließen sie den Hof in der Frühe. Der Bauer hatte ihnen genügend Brot und Wasser mitgegeben, dass sie gut zwei Tage davon leben konnten.
Sie ritten weiter auf dem Weg, dem sie von der Küste aus gefolgt waren. Er führte sie vorbei an Feldern und durch langgezogene Waldgebiete. Gegen Mittag machten sie auf einer Lichtung halt und stärkten sich.
Jacques blickte sich um und stellte fest, dass dies ein guter Ort sei, um sich im Schwertkampf zu üben.
Zum ersten Mal seit langer Zeit nahm Johannes sein Schwert wieder bewusst in die Hand. Auch Jacques griff zur Waffe und forderte den jungen Mönch auf, ihn anzugreifen und dabei keine Rücksicht zu nehmen.
Johannes versuchte mit langen, kraftvollen Schlägen, die Deckung seines Gegners zu durchdringen. Aber der parierte diese Angriffe gelassen. Nachdem er eine Weile vergeblich versucht hatte, von der Seite zu treffen, versuchte er, die Abwehr seines Gegenübers durch die Mitte zu überwinden, aber der reagierte so

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