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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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teilten sich der Commandeur de la Voute d’Acre und der Commandeur de la Terre de Jérusalem. Europa und der Orient waren in verschiedene Provinzen eingeteilt. In jeder Provinz gab es einen eigenen Meister, der zusammen mit dem Kapitel weitestgehend selbständig handeln durfte. Jede Provinz war wiederum in Unterprovinzen eingeteilt. Die Art der Verwaltung gestaltete sich in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Alles, was die Komtureien zum täglichen Leben benötigen, wurde von ihnen selbst hergestellt oder von den Bauern, die unter ihrem Schutz standen, geliefert.
    Johannes hatte sich schwer getan, aber schließlich war es ihm doch gelungen, das komplizierte Geflecht der Begriffe auf zwei Blättern niederzulegen und einzelne Begriffe nach ihrem Zusammenhang mit Linien zu verbinden oder hierarchisch zuzuordnen. Kurz vor Beginn der Vesper kam Jacques in den Raum und betrachtete die Aufzeichnungen.
    «Das ist ganz ausgezeichnet geworden», sagte er, nachdem er die Blätter genau studiert hatte. Schließlich gab er sie an Johannes zurück. «Und nun verbrenne sie!»
    Am zehnten Tag hatten sie einmal mehr zur Mittagszeit Rast gemacht. Im Anschluss an die Mahlzeit wählte Jacques einen Baum als Ziel für die Bogenübungen aus. Seit einiger Zeit hatten sich Meister und Schüler im Schießen abgewechselt, und auch wenn Johannes noch immer das Ziel verfehlte, meinte er doch zu erspüren, dass sich die Gelassenheit und Sicherheit, die vom Meister in den Bogen überging, auch auf ihn übertrug. Nach dem dritten Schuss kam Jacques mit leuchtenden Augen auf ihn zu und umarmte ihn.
    «Es ist da», sagte er nur, und Johannes wusste nicht, wie ihm geschah, denn der Pfeil hatte den Baum lediglich am Rand getroffen. Das war noch immer weit entfernt von der Präzision, die er von Jacques gewohnt war. Der schien die Gedanken seines Schülers zu erahnen.
    «Dies war ein rechter Schuss. Egal, wie genau du ihn platziert hast. So muss es anfangen.»
«Anfangen?», fragte Johannes verwundert.
«Genug für heute», antwortete Jacques. «Sonst gibst du dir beim nächsten Schuss besondere Mühe und verdirbst ihn.»
Er nahm den Bogen an sich.
«Du hast gelernt, dich über schlechte Schüsse nicht zu ärgern. Nun musst du lernen, dich über gute Schüsse nicht zu freuen. Verstehst du jetzt, was es heißt, selbstvergessen zu schießen?»
Johannes sah ihn verwirrt an.
«Ehrlich gesagt», begann er, «verwirrt mich das alles. Manchmal könnte ich nicht sagen, ob ich es bin, der den Bogen spannt, oder ob es der Bogen ist, der mich in die Spannung zieht. Geschieht das durch meine Hand, meinen Arm, durch die Kraft meiner Schulter? Ist es mein Auge, das den Weg des Pfeils bestimmt? Der Bogen, der Pfeil, das Ziel, ich selbst: Alles ist so verschlungen. Doch wenn ich den Bogen ergreife und schieße, scheint es möglich zu sein, alles abfallen zu lassen.»
Jacques lachte.
«Soeben ist der Bogen mitten durch dich hindurchgegangen.»
    Am Abend erreichten sie eine Komturei, von der aus man in der Ferne die Kirchtürme einer großen Stadt erblicken konnte. Doch auch diesmal kündigte Jacques an, dass sie am nächsten Morgen südlich davon weiterreiten würden. Nach dem Stundengebet der Vesper auf dem Weg zum Gästehaus sprach Johannes seinen Meister darauf an, doch der wollte sich nicht äußern.
    «Aber es wäre doch sehr interessant, die Stadt zu besuchen», beharrte Johannes.
«Sicherlich», meinte Jacques. «Aber das würde uns zu viel Zeit kosten. Nur Geduld. In drei Tagen werden wir eine Stadt erreichen. Dort gibt es eine Komturei, und du wirst dort viel Zeit haben, dich umzuschauen.»
«Aber warum diese Eile?»
«Ich werde von dort aufbrechen müssen, um einige Dinge des Ordens zu regeln, die keinerlei Aufschub zulassen.»
«Hat es mit den Gesprächen auf Château Gaillard zu tun?»
Jacques blickte erstaunt auf.
«Ja. Das hat es. In den letzten Jahren sind viele Gebiete des Orients verlorengegangen. Der Orden versucht, Verbündete zu finden, um sie zurückzuerobern. Aber die Verhandlungen erweisen sich als schwierig. Bislang hatte der Orden seine Aufgaben im Orient zu erfüllen. Nun scheint sich alles zu ändern. Vieles muss neu überdacht werden.»
«Ich habe damals auf Château Gaillard die Templerregeln aufmerksam studiert», sagte Johannes. «Darin ist vieles sehr genau geregelt. Aber eines fehlt völlig: Nirgends findet man ein Wort über die Aufgabe des Ordens.»
«Er schützt die Pilger.»
«Aber davon steht in den Regeln kein

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