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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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schnell gelernt.»
Johannes blickte noch immer gebannt auf die geöffneten Seiten.
«Welchen Zweck haben all diese Aufzeichnungen?»
«Es sind Verträge», sagte Alanus. «Oder Schenkungsurkunden. Viele Menschen haben dem Orden Ländereien vermacht. Sie taten es aus Selbstlosigkeit, um die Templer in ihren Aufgaben zu unterstützen. So ist es möglich, dass der Orden im Orient und im Okzident eine große Zahl von Komtureien unterhalten kann, dass die Pilger auf ihrem Weg geschützt werden können und dass Jerusalem und das Heilige Land den Heiden nicht schutzlos ausgeliefert sind.»
Johannes blickte auf.
«Aber Jerusalem ist gefallen», warf er ein.
«Das mag sein, aber es wird nicht immer so bleiben», entgegnete Alanus. Er wandte sich wieder dem Pult zu, dann fuhr er fort.
«Hier in diesem Raum findet Ihr alle Schenkungsurkunden aus dem Departement Picardie. Ihre Kenntnis ist notwendig, um die Abgaben der Bauern gerecht zu bemessen. Doch es gibt noch eine zweite Art Dokumente. Reisende auf dem Weg nach Jerusalem oder nach Zypern oder nach Aragon können hier in Laon Geld hinterlegen und erhalten dafür eine Gutschrift, die es ihnen ermöglicht, sich ihre Habe irgendwo auf der Welt in einem Ordenshaus der Templer wieder auszahlen zu lassen. So können sie sichergehen, dass sie nicht das Opfer von Räubern werden.»
«Aber man kann doch auch eine Urkunde stehlen», entgegnete Johannes.
«Ihr versteht schnell», sagte Alanus. «In diesem Fall arbeitet man mit Geheimwörtern oder Zahlen, die nur dem rechtmäßigen Besitzer der Urkunde und wenigen Brüdern eines Ordenshauses bekannt sind. Auch Ihr werdet bald zu diesen Wissenden gehören.»
«Und theologische Schriften gibt es hier nicht?»
Alanus musste lachen.
«Ich verstehe Euch nur zu gut. Schließlich haben wir die Sprache nicht gelernt, um Urkunden zu lesen. Es gibt eine gute Bibliothek im Haus der Augustiner. Dort bin ich oft und werde Euch gern einführen. Doch nun lasst uns einen Blick auf diese Bücher werfen.»
Gemeinsam gingen sie zu den großen, ausladenden Schränken, und Alanus erläuterte Johannes zunächst, nach welchem System die Bücher geordnet waren und wie man vorgehen musste, um eine bestimmte Urkunde oder einen Wechsel aufzufinden. Dann machte er ihn darauf aufmerksam, dass diese Schriftstücke nach einem immer gleichen Muster abgefasst waren. Doch die Glocke zur Sext hinderte Alanus daran fortzufahren. Auf dem Weg zur Kapelle bot er Johannes an, ihn in den folgenden Tagen durch Laon zu führen und ihm manch Wichtiges zu zeigen. Johannes war sehr erfreut darüber und nahm das Angebot gern an.
    Am Nachmittag machte er sich auf die Suche nach einem Platz, auf dem er mit dem Bogen üben konnte. Alanus hatte ihm geraten, sich auf dem Gelände hinter dem Bischofspalast umzusehen. Er begab sich hinaus auf die Gasse, ging den Weg zurück, den er Tage zuvor mit Jacques gekommen war, wandte sich aber bald nach rechts, irrte ein wenig hin und her, bis er plötzlich vor sich die Ostfassade der Kathedrale und die schmale Seite eines prächtigen Gebäudes erblickte, das offensichtlich der Bischofspalast sein musste.
    Nun hatte Johannes auch freien Blick auf die Türme der Kathedrale und bemerkte, dass er sich in der ersten Nacht nicht getäuscht hatte. Hoch oben auf der letzten Ebene der mächtigen Westtürme standen Rinder – genauer: Skulpturen, die ohne Zweifel Rinder darstellten. In jede der vier Himmelsrichtungen blickten zwei der Tiere hinab auf die Stadt. Johannes konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, welche Bedeutung dies haben konnte. Überall inmitten des seitlichen Strebewerks sah er weitere Skulpturen, wie er sie schon an anderen Kirchen kennengelernt hatte. Sie sollten böse Geister vom Gotteshaus fernhalten und jedem deutlich vor Augen stellen, dass jenseits der Kirchentore Dämonen ihr Unwesen trieben.
    Johannes ließ die Gasse, auf der er gekommen war, hinter sich und betrat einen Platz, an den sowohl die Ostseite der Kathedrale als auch der Bischofspalast angrenzten. Die Ostfassade wirkte aufstrebend und zugleich zerbrechlich. Sie bestand zu großen Teilen aus Glas. Oberhalb einer Basis aus Stein wuchsen drei Fenster schlank aufwärts und liefen in Spitzbögen aus. Darüber befand sich eine Fensterrose, deren Durchmesser wohl zehn Schritt maß. Den Abschluss bildete eine Galerie, die rechts und links von schmalen Türmen gesäumt wurde. Alle Elemente bewirkten gemeinsam, dass der Blick des Betrachters auf magische Weise nach oben

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