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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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dorthin, wo er gestern eine große ebene Fläche erblickt hatte. Links vom Weg betrat er den sandigen Platz und bemerkte erst jetzt, dass sich in einiger Entfernung eine Klosterkirche befand. Nach wenigen Schritten eröffnete sich ihm ein weiter Blick hinauf zur Stadtmauer. Auf den Hängen waren Rebstöcke dicht an dicht gepflanzt. Da, wo der Sandplatz an die Weinberge grenzte, entdeckte Johannes einen großen Baum, den er sich als Ziel auswählte. Etwa fünfzig Schritte entfernt nahm er einen Pfeil auf und spannte den Bogen. Einen Augenblick lang hielt er die Spannung, sammelte all seinen Schmerz und seine Verzweiflung und ließ sie, als er die Sehne kaum mehr halten konnte, mit dem Pfeil davonschnellen. Dann legte er den Bogen ab und setzte sich in den Sand. Er musste nicht zum Baum blicken, um zu wissen, dass er sein Ziel getroffen hatte. Jacques hatte recht behalten: Er war bei ihm geblieben.
    Als Johannes nach einiger Zeit den Weg hinaufstieg und das große Tor passierte, bemerkte er, dass die Wachen ihn aufmerksam musterten. Allein der weiße Mantel mit dem roten Tatzenkreuz schien ihnen Grund zu sein, den fremden Bogenschützen einzulassen.
    Nach der Sext versammelten sich die Brüder im Refectorium. Fleisch und Gemüse wurden hereingebracht, dazu Wasser und Wein.
    Im Anschluss an die Mahlzeit bat der Ordensmeister den neu aufgenommenen Bruder zu bleiben. Als alle übrigen gegangen waren, setzte er sich neben Johannes auf die Bank.
    «Johannes von Loccum», begann er, «ich habe wohl bemerkt, was in Euch vorgeht. Seid aber gewiss, dass Ihr hier in Laon Brüder gefunden habt, die Eures Geistes sind. Ihr kommt von weit her, so dass ich mir kaum vorstellen kann, wie Euer Land aussehen mag, wie die Menschen dort leben mögen. Jacques sagte mir aber auch, dass Ihr auf Eurer kurzen Reise durch die Welt viele Wandlungen und Gefahren durchlebt habt. So seid Ihr starken Geistes. Hier in Laon werdet Ihr eine neue Heimat finden. Vieles von dem, was Ihr erlernt habt, ist für den Orden von großem Nutzen. Und Ihr werdet hier viel Neues entdecken können.»
    Der Ordensmeister hielt kurz inne.
«Mein Name ist Anselmus. Ich werde Euch in allen Fragen zur Verfügung stehen und, so Ihr wollt, Eure Sorgen mit Euch teilen.»
Johannes blickte auf.
«Ich danke Euch», sagte er. «Das ist gut zu wissen.»
«In den nächsten Tagen werde ich Euch einige der Brüder an die Seite stellen, damit sie Euch in die neuen Aufgaben einweisen.»
«Ist es möglich, die Schule der Augustiner aufzusuchen?», fragte Johannes.
«Jacques hat mir von Eurer Leidenschaft für die Theologie berichtet. Sicherlich könnt Ihr dort Eure Studien fortsetzen. Doch solltet Ihr den Augustinern zuvor erklären, warum Ihr ausgerechnet vor ihrem Kloster das Bogenschießen übt.»
Johannes blickte erstaunt auf und sah, dass Anselmus lächelte.
    Am nächsten Tag erhielt Johannes vom Ordensmeister die Weisung, sich im Anschluss an die Terz im Scriptorium einzufinden. Nach dem Stundengebet wurde er von einem der Brüder aufgefordert, ihm zu folgen. Dieser Mann war gut einen Kopf kleiner als er und hatte einen sehr lebendigen Blick. Gemeinsam betraten sie einen Raum, der dem Refectorium gegenüber gelegen war und vom Licht mehrerer Fenster hell erleuchtet wurde. Johannes erblickte in der Mitte des Raumes mehrere Stehpulte. An der Wand standen hohe Schränke, die mit Büchern gefüllt waren.
    Der Bruder, der Johannes das Scriptorium geöffnet hatte, beobachtete aufmerksam, wie dieser auf eines der Stehpulte zuging, das Holz betastete, als wolle er seine Güte prüfen, und dann weiter zur Wand ging, um einen genaueren Blick auf die Buchbände zu werfen.
    «Schaut Euch ein wenig um, Johannes», sagte er. «In der nächsten Zeit wird dies die Stätte Eurer Arbeit sein. Mein Name ist Alanus. Ich bin für die Verträge und Wechsel verantwortlich, die hier gelagert werden. Das meiste, was Ihr hier seht, ist in Latein abgefasst. Nur wenige Brüder beherrschen diese Sprache so gut, dass sie mit diesen Texten umgehen können. Deshalb bin ich froh, nun einen kundigen Mann zur Seite zu haben.»
    Johannes betrachtete einen Band, der geöffnet auf dem Pult lag, und erblickte neben lateinischen Schriftzeichen viele Zahlen und Symbole.
    «Bislang habe ich theologische Bücher gelesen», sagte er. «Ich zweifle, ob meine Fähigkeiten ausreichen, um mit solchen Dokumenten umgehen zu können.»
    «Lasst Euch von den Zahlen und den mathematischen Zeichen nicht beeindrucken. Das habt Ihr

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