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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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sie oberhalb der Sohle sichtbar waren, unterhalb jedoch nicht.
«Es freut mich, das von Euch zu hören. Schließlich kennt Ihr Euch als Mönch mit Wundern aus.»
Johannes blickte auf und wollte etwas entgegnen, aber Marie kam ihm zuvor.
«Wenn Ihr Euch für diese kleinen Wunder interessiert, dürft Ihr gern einmal in die Werkstatt schauen.»
«Das ist sehr freundlich von Euch. Aber ich störe dort sicher nur.»
«Nein. Kommt.»
Sie wandte sich um und verschwand hinter dem Tresen. Dann kam sie noch einmal zurück und winkte ihm. Johannes legte den Schuh beiseite und folgte ihr.
Er musste sich zunächst an die Dunkelheit in der Werkstatt gewöhnen. Zwar drang von draußen etwas Licht herein, aber die beiden jungen Männer, die um einen Tisch herum arbeiteten, hatten zweifellos gute Augen. Der eine war dabei, mit einem Rundmesser Leder zuzuschneiden. Der andere löste mit einem spitzen Gegenstand die Nähte eines Schuhes, der wohl repariert werden sollte. Die beiden sahen auf, als Johannes hereinkam. Er grüßte sie, indem er ihnen zunickte. Dann blickte er sich erneut um. Hinter dem Tisch befand sich ein Regal, auf dessen oberstem Brett Schuhe unterschiedlicher Form und Größe abgelegt waren. Darunter lagen Rollen aus Leder, große Bündel Schnüre, Fäden sowie verschiedene Werkzeuge, auch eine Art Beil mit runder, scharfer Klinge. Marie ging am Tisch vorbei zu einem Pult, auf dem ein Buch aufgeschlagen lag. Johannes erblickte Zahlen und Schriftzeichen.
«Ihr könnt schreiben?», fragte er.
«Wie sollte ich sonst eine Werkstatt führen?»
Johannes sah sie überrascht an. Marie schien zu ahnen, was er fragen würde.
«Als mein Vater starb, war ich sechzehn. Nach überlieferter Ordnung musste mir die Zunft einen Vormund geben. Sie zwangen mich, einen Schuhmacher aus der Stadt zu heiraten. Aber ich wollte nicht.»
«Und damit war die Zunft einverstanden?»
«Der Mann, der mich heiraten wollte, war ein Dummkopf. Er hat sich so ungeschickt verhalten, dass es den Zunftoberen schließlich unangenehm wurde. Sie ließen mich in Ruhe. Und das tun sie bis heute, denn sie wissen, dass ich mit meinen Gesellen gute Arbeit leiste.»
Johannes warf einen genaueren Blick in das Buch. Sorgfältig waren hier Zahlen geordnet. Das erinnerte ihn an die Kontrakte, die er täglich zu bearbeiten hatte. Nur dass diese Ziffern mit besonders schöner Handschrift aufgeschrieben worden waren.
«Seid Ihr über den Markt gekommen?», wollte Marie wissen.
«Ja», antwortete Johannes beiläufig. «Gaukler waren da, mit einem Bären.»
«Der Bär?», rief Marie. «Der Bär ist da? Habt Ihr ihn gesehen?»
«Ja, aber … », Johannes blickte auf, doch schon hatte Marie ihn vor Freude umarmt.
«Der Bär ist da», rief sie aufgeregt. «Los, junger Mönch. Was wartet Ihr noch? Wir müssen gehen.»
Ehe er sich versah, zog ihn Marie hinaus auf die Straße und lief in Richtung Markt. Johannes hatte Schwierigkeiten, ihr zu folgen, holte sie aber wieder ein, als die ersten Stände erreicht waren. Marie wandte sich dorthin, wo die Menschen einen dichten Kreis um die Gaukler gebildet hatten. Sie fasste Johannes bei der Hand, zog ihn weiter durch die Menge, und bald standen sie eng an eng mit den anderen Menschen zusammen und erblickten den braunen Bären. Nun konnten sie sehen, wie sich das Tier, von den beiden Gauklern geleitet, zu voller Größe aufrichtete, sich wieder auf alle vier Tatzen herabfallen ließ, sich schließlich auf den Boden rollte und auf die Seite legte. Marie verfolgte all dies mit größter Aufmerksamkeit und war wie gebannt von dem, was der Bär tat. Zugleich schien sie eine gewisse Scheu vor dem Tier zu haben, das, wenn es sich aufrichtete, größer als jeder der Zuschauer war und furchterregend mit den Zähnen fletschte. Johannes erkannte, dass der Bär einen Maulkorb trug und an Zügeln gehalten wurde. Immer wieder zwangen ihn die Gaukler, sich zu bewegen.
Dann spürte Johannes die Mittagshitze, blickte hinauf zur Sonne und erkannte an ihrem Stand, dass er nur noch wenig Zeit bis zum nächsten Stundengebet hatte.
«Ich muss gehen!», rief er Marie zu.
«Nicht jetzt», rief sie zurück und hielt ihn fest. «Der Bär ist jedes Jahr nur einmal hier! Ihr müsst bleiben!»
«Ich muss rechtzeitig zum Gebet in der Kapelle sein!» «Und Eure Schuhe?»
«Ich komme wieder!»
«Ja, macht das, junger Mönch! Ich möchte Euch wiedersehen!»
Marie umarmte ihn kurz, bevor er über den Marktplatz davoneilte.
Als sich Johannes noch einmal umwandte,

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