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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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der Nacht von Soldaten des Königs gefangen genommen. Nur wenigen gelang die Flucht. Es ist nur eine Frage von Stunden, dann werden die Schergen Philipps auch Laon erreicht haben.»
Für einen Augenblick blieb es still im Speisesaal.
«Warum tut der König das?», fragte Alanus.
«Philipp ist ein machtbesessener Mensch», sagte Jacques. «Und er ist bei den Templern hoch verschuldet. Aber die Gründe liegen noch tiefer. Philipp ist es gelungen, den Papst zu seiner Marionette zu machen. Es begann vor einigen Jahren: Papst Bonifaz VIII. erließ damals die Bulle Unam Sanctam, in der festgeschrieben wurde, dass es kein Heil außerhalb der Kirche gebe. Einziges Haupt dieser Kirche sei Christus, der durch seinen Stellvertreter Petrus und dessen Nachfolger wirke. Beide Schwerter, das geistliche und das weltliche, seien der Kirche vorbehalten. Der Papst machte sehr schnell Ernst mit dieser Bulle. Als König Philipp von Frankreich eigenwillig den Bischof von Pamiers wegen Hochverrats verurteilte, drohte Bonifaz damit, den König zu exkommunizieren. Doch Philipp kam ihm zuvor. Er ließ den Papst ein Jahr später bei Anagni überfallen und gefangen nehmen. Gleichzeitig setzte er sich dafür ein, dass Bertrand de Got zum Papst gewählt wurde. Als Clemens V. residiert der nun in Avignon und ist bis heute ein gefügiges Werkzeug Philipps.»
«Bonifaz wurde meines Wissens inzwischen sogar auf Geheiß Philipps wegen Ketzerei angeklagt», sagte Anselmus.
«Das ist richtig», bestätigte Jacques. «Der neue Papst Clemens befürchtete jedoch, dass eine Verurteilung seines Vorgängers die Position des Oberhauptes der Kirche dauerhaft schädigen könnte. Deshalb bat er Philipp um Nachsicht. Wir wissen, dass er in dieser Sache inzwischen eine wohlwollende Zusage erhalten hat. Allerdings nicht ohne Gegenleistung.»
«Und die Gegenleistung ist …», begann Anselmus.
«… die Preisgabe des Templerordens», brachte Jacques den Satz zu Ende. «Der Orden soll zerschlagen werden. Philipp erhofft sich großen Reichtum. Der Kirche ist der Orden seit Jahrzehnten zu groß und zu unabhängig geworden. Außerdem fürchten die Päpste seit jeher das Wissen der Templer, das einige grundsätzliche Dogmen der Kirche in Frage stellt. Also: Die Zeit ist reif.»
Wieder herrschte Stille.
«Aber wenn Ihr all das gewusst habt», wandte Johannes ein, «warum konnten die Templer dann in Paris von Philipps Soldaten überrascht werden?»
«Sie wurden nicht überrascht», sagte Jacques.
Johannes und Alanus sahen sich an und blickten dann zu Anselmus.
«Wir waren genauestens informiert», fuhr Jacques fort. «Alle Wertgegenstände wurden eine Woche vorher unter äußerster Geheimhaltung aus dem Tempel von Paris abtransportiert. Philipp wird nichts vorfinden.»
«Aber die Brüder», warf Johannes ein. «Sie hätten kämpfen können.»
«Richtig, aber das war nicht vorgesehen. Sie sollten gefangen genommen werden.»
Selbst Abt Anselmus blickte Jacques nun fragend an.
«Die Brüder haben keinen Widerstand geleistet», fuhr der fort. «Im Gegenteil. Sie taten überrascht und ließen sich abführen. Sie werden in den nächsten Wochen angeklagt. Die Beschuldigungen sind haarsträubend: Verleugnung Christi, Abhalten heimlicher Versammlungen, Missachtung der Sakramente, obszöne Praktiken, Laienabsolution und Habgier.»
«Aber das ist doch alles völliger Unfug», warf Anselmus ein. «Und noch dazu wäre das ein Fall für die Inquisition.»
«Philipp behauptet, im Namen der Inquisition zu handeln», sagte Jacques. «Aber gerade das macht die Sache einfach. Die Brüder werden einen dieser Vorwürfe akzeptieren. Nach geltendem Inquisitionsrecht wird man ihnen nach dem Geständnis Absolution erteilen müssen und sie in ein Kloster versetzen. Diese Klöster werden sicherlich weit weg sein von Paris, denn Philipp fürchtet noch immer die militärische Macht der Templer.»
«Aber das bedeutet doch nicht weniger als die Zerschlagung des Ordens», stellte der Abt fest.
«Ja und nein», entgegnete Jacques. «Im Frühjahr haben sich der Großmeister des Ordens, das Generalkapitel und die Meister der Provinzen auf Château Gaillard zusammengefunden. Du warst damals ebenfalls dort, Johannes. Allerdings konntest du nicht ahnen, um was es ging. Damals wurde über die Krise unseres Ordens gesprochen. Die Zeit der Kreuzzüge ist vorüber und die offizielle Aufgabe des Ordens somit entfallen. Der Umstand, dass der Orden noch nie so reich und mächtig war wie heute, ändert nichts daran,

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