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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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werden sie all ihren Hass auf diesen Menschen ausschütten. Wer immer es ist, den du liebgewonnen hast, du darfst nicht mehr zu ihm, denn es wäre sein sicherer Tod.»
Lange saßen beide am Tisch, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.
Dann war es Jacques, der sich von seinem Stuhl erhob.
«Du findest alles, was du brauchst, in deiner Kammer», sagte er. «Es sind auch einige Goldstücke dabei. Du wirst sie brauchen. Unten vor der Pforte steht ein Pferd. Das ist für dich.»
Auch Johannes war aufgestanden.
«Werden wir uns wiedersehen?»
«Ich kann es nicht sagen.»
Noch einmal umarmten sich die beiden Männer.
«Gottes Segen mit dir, Johannes», sagte Jacques.
«Gottes Segen mit Euch», antwortete Johannes.
Jacques ging zur Tür und wandte sich noch einmal um.
«Das Geheimnis, das du suchst», sagte er, «findest du nicht nur in der großen Kathedrale. Du wirst es auch in der Klosterkirche von Loccum entdecken. Vergleiche, und du wirst verstehen.»
    Kurze Zeit später führte Johannes sein Pferd durch die Gassen von Laon. Als er zum Markt gekommen war, blieb er stehen, und für einen Moment schien es ihm nicht mehr möglich weiterzugehen. Er wusste, dass Marie am Mittag allein war.
    Nachdem er die Häuser, die Kirche des heiligen Martin und das Stadttor hinter sich gelassen hatte, machte er ein letztes Mal am alten Brunnen Halt, um zu trinken. Das Wasser spiegelte sein Gesicht, doch er mochte nicht hinsehen.
Vesper
    Kurz vor Sonnenuntergang hat Johannes den Klosterkomplex für einen kurzen Spaziergang verlassen. Die Luft ist kalt und klar. Eine Wohltat für die Lunge. Die Kopfschmerzen sind verflogen. Wenigstens für einige Zeit wird Johannes von der Krankheit befreit sein. Er ist zu den Fischweihern gegangen, um den Sonnenuntergang zu erleben. In diesen letzten Minuten des Tages ist die Welt von klarer Kontur. Die Wolken erglühen noch einmal rotstrahlend, bevor das Licht allmählich nachlässt.
    Johannes stimmt sich auf die Stunde der Vesper ein. Seine Brüder haben nun ihre Arbeit niedergelegt. Sie waschen sich und legen wieder die Mönchskutte an. Nach dem Gottesdienst werden sie die Abendmahlzeit miteinander teilen.
    Auf dem Rückweg bemerkt Johannes, wie sich das flüssige Gold der untergehenden Sonne im Fensterglas spiegelt. Er durchschreitet den Trakt der Laienmönche und begibt sich in den Kreuzgang. Dort erblickt er die Rasenfläche und die gepflegten Kräuterbeete am Brunnen. Auch hier lehrt die Natur über das Jahr den Kreislauf des Lebens.
    Der Untergang der Sonne kann auch ein Segen sein, wenn der Tag erfüllt gewesen ist und die Anstrengung ruhen darf. Es ist Zeit, das Licht anzuzünden. Wieder schließt sich der Kreis. Welche Erfolge, welche Enttäuschungen wir auch erlebt haben, nun ist es Zeit, all die widersinnigen Teile eines Tages miteinander zu versöhnen, Vergebung zu erfahren, den Tag, so wie er gewesen ist, gehen zu lassen. Und so beginnt Johannes, sich auf den besonderen Charakter dieser Stunde einzulassen. Im Gebet und im Gesang zur Vesper wird er die Mönche der Versöhnung nahe bringen. Gemeinsam werden sie das Magnificat singen, den Kern dieses Stundengebets, die Worte, mit denen Maria Elisabeth begrüßt: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Es sind ähnliche Worte, wie die Mönche sie bereits in der Hymne zur Laudes bei Sonnenaufgang gesungen haben: Gepriesen sei der Herr, denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen. Diese beiden Gesänge sind die Pfeiler des Morgens und des Abends. Die Mönche feiern die Erlösung, die Auflösung allen Widersinns und aller Entfremdung. Johannes wird in diesem Gottesdienst eine Kerze anzünden, Symbol der Überwindung von Einsamkeit und Verzweiflung. Es ist besser ein Licht zu entzünden, als die Finsternis zu verfluchen, sagt Paulus.
    Die Glocke ruft zur Vesper. Johannes betritt die Klosterkirche, bereit zum Lucenarium, dem Entzünden der Lichter …

7. Kapitel
    Die Bäume standen bald so dicht, dass er sich nur noch an der Sonne orientieren konnte. Sein Ziel lag im Osten, und der Weg schien ebenfalls dorthin zu führen. Aber nachdem die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, war Johannes sicher, dass es ihn in südliche Richtung verschlagen hatte, so, als wäre er in einem großen Bogen geritten. Doch blieb ihm nichts übrig, als dem Weg weiter zu folgen, denn Rückkehr war nicht möglich.
    So ritt er durch dichten Wald, den Blick auf den Boden vor ihm gerichtet, bereit, auf jede

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