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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Andreas Marx
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sich das Gras. Doch es waren nicht mehr die Geräusche eines Angreifers, der sich kaum hörbar näherte oder der plötzlich zum Sprung ansetzte. Ganz langsam schien sich dieses Wesen wieder zurückzuziehen. Johannes blieb in angespannter Bereitschaft, folgte jedem feinsten Geräusch, bis er nichts mehr hörte als ein kurzes Rascheln von Blättern, wie es geschah, wenn man sich durch Büsche bewegte, die er am Rande der Lichtung bemerkt hatte.
    Es dauerte lange, bis Johannes bereit war, sich umzuwenden. Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, so dass ihm das schwache Mondlicht genug war, um die Lichtung wahrzunehmen. Doch da war nichts.
    Für die Nacht hatte Johannes Schwert, Pfeile und Bogen neben sich gelegt. Er wurde oft wach, lag dann im Halbschlaf, immer bereit, auf ein ungewöhnliches Geräusch zu reagieren. Erst am frühen Morgen sank er in einen tiefen, traumlosen Schlaf, aus dem er erwachte, als die Sonne längst über dem Horizont erschienen war und ihre wärmenden Strahlen über das Land gelegt hatte.
    Er nahm ein kurzes Bad im Fluss, aß Brot und Käse, sattelte das Pferd und machte sich auf den Weg. Wieder führte die Route nach Süden. Wieder ritt er durch dichten Wald, und als er am Mittag noch immer nicht auf eine Lichtung gestoßen war, kamen ihm Zweifel. Aber der Weg war breit genug, um ihn mit dem Pferdewagen befahren zu können. Gebrochene Zweige und Radspuren deuteten darauf hin, dass er regelmäßig genutzt wurde. Und so galt es wohl nur, Geduld zu bewahren und darauf zu vertrauen, dass dieser Wald nicht endlos war.
    Als die Sonne ihren Zenit erreicht hatte, ließ er das Pferd an einer kleinen Quelle trinken, füllte die Wasserflasche und löschte seinen Durst. Am Nachmittag verengte sich der Weg, und so war es nur möglich, vorsichtig zu traben. Johannes blieb so sehr konzentriert, dass sein Gespür für Gefahr erst spät und sehr plötzlich wiedererwachte.
    Er überlegte nicht lange. Auf dem engen Weg gab es kein Ausweichen, allenfalls Flucht. Abrupt griff er die Zügel, ließ das Pferd anhalten und wandte sich um. Dort, etwa fünfzig Fuß entfernt, bemerkte er ein Wesen, das ihn vielleicht schon eine ganze Weile verfolgt hatte und nun ebenfalls stehen geblieben war. Es blickte dem Reiter starr in die Augen und blieb so bewegungslos, als wäre kein Leben in ihm. Johannes erkannte, dass dieses Tier einem Wolf ähnlich sah. Doch es war kein Wolf. Und es war auch kein Hund. Kurz überlegte er, ob es sinnvoll sei, nach dem Bogen zu greifen, doch er war nicht sicher, ob es ihm gelingen würde, einem Angriff schnell genug zu begegnen. So tat er nichts, bemerkte nur, dass ihm dieses seltsame Wesen weiterhin entschlossen in die Augen sah, und erwiderte den Blick mit Wachsamkeit und Bereitschaft.
    Einige Augenblicke vergingen, bis das Tier sich wieder bewegte. Es ließ den Kopf sinken, setzte langsam und geschmeidig Pfote vor Pfote, bis es den Wegrand erreicht hatte, blickte auf, sah den Reiter noch einmal an und verschwand dann zwischen den Bäumen. Johannes sprang vom Pferd und wartete eine Weile, doch das Tier kehrte nicht zurück.
    Schließlich ritt er weiter, nun noch vorsichtiger als zuvor. Lange dachte er über dieses ungewöhnliche Wesen nach. Wölfe lebten in Rudeln, aber dieses Tier war auf sich gestellt, hatte offensichtlich keine Begleiter, aber es bewegte sich so, wie er es von Wölfen kannte. Und auch der Blick dieses Tieres glich dem eines Wolfs. In der Bibliothek der Augustiner in Laon war Johannes auf Bücher zur Naturgeschichte gestoßen, aber nirgends hatte er dort Beschreibungen oder Abbildungen einer Kreuzung aus Hund und Wolf gefunden. War es das Wesen, das ihn gestern auf der Lichtung überrascht hatte? Warum hatte es nicht angegriffen? Johannes war sicher, dass es ein für beide riskanter Kampf geworden wäre, und vielleicht wollte sich das Tier nicht auf einen gleichwertigen Gegner einlassen.
    Der Weg wurde breiter, und plötzlich ritt Johannes auf freiem Feld. Zu seiner Überraschung erblickte er nicht weit entfernt eine Stadtmauer, Wehrtürme, dahinter Häuser, eine Kathedrale. Er hielt das Pferd an und ließ für einen Moment die Silhouette dieser Stadt auf sich wirken, die wie aus dem Nichts vor ihm erschienen war.
    Johannes war abgestiegen und hatte das Pferd an den Zügeln geführt. Nun stand er vor einem Stadttor, so riesig, wie er es noch nie innerhalb einer Mauer gesehen hatte. Es mochte wohl vierzig Fuß hoch und gut doppelt so breit sein. Drei in

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