Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
Vom Netzwerk:
einem Vergnügungspark, nur ohne Wasser und ohne Vergnügen.
    Die Rutschpartie wurde immer rasanter, wir scheuerten mit Knien und Ellbogen gegen raues Gestein, konnten aber immer noch nicht sehen, wohin die Fahrt ging. Unten und oben ließ sich kaum unterscheiden, nach einiger Zeit spürte ich jedoch, dass uns die Wirkung der Schwerkraft allmählich eher bremste als beschleunigte. Wir kullerten und purzelten noch eine Weile weiter, dann ging es langsamer voran und schließlich kamen wir zum Stillstand. Die Neigung war jetzt sanfter geworden, ein leicht zu bewältigendes Gefälle, aber Licht gab es immer noch nicht.
    »Emma, ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Nur ein paar Schrammen«, sagte sie. Wir tasteten nach einander. Erst spürte ich etwas Weiches, dann ihre dünnen Finger. Wir hielten uns gegenseitig fest.
    »Was meinst du, wo sind wir hier?«, flüsterte sie.
    »Jedenfalls ein ganzes Stück tiefer als vorher, würde ich sagen.«
    Wir tasteten uns an den roh behauenen Wänden des Tunnels entlang. Das Gefälle wurde immer sanfter, und obwohl die völlige Dunkelheit schwer zu ertragen war, konnten wir jetzt problemlos weitergehen. Wir redeten unentwegt, sagten belanglose Dinge, nur um uns zu vergewissern, dass der andere noch da war.
    »Wenn bei uns zu Hause nachts kein Mond schien, habe ich den Weg trotzdem immer gut gefunden«, sagte sie. »Vielleicht sollte ich vorausgehen?«
    Die Vorstellung, Emma vorauszuschicken, gefiel mir nicht, und ich antwortete entschieden: »Ist schon okay, ich glaube, ich weiß, wo wir sind …«
    Ich stieß mit der Nase gegen Stein. Der Tunnel war eine Sackgasse.
    Wir tasteten die Mauer gründlich ab, aber sie schien keinen Durchgang zu haben. Ich kratzte mit den Fingern daran und spürte, wie das Gestein in meiner Hand zu Staub zerbröselte. Dann wurde es auf einmal heiß und muffig, die Wände schienen auf uns zuzukommen und ich hörte das unverwechselbare Blubbern von Wasser, ein unanständiges Gurgelgeräusch irgendwo zu unserer Rechten. Gerade wollte ich mich langsam darauf zubewegen, da stürzte ich unvermittelt in kochend heißes Wasser.
    »Was ist passiert?«, schrie Emma. »Bist du okay?«
    Mein Pelzmantel hatte sich sofort eng um meinen Körper geschlossen, um mich vor der Hitze zu schützen. Ich trieb auf der Oberfläche eines brodelnden Wasserkessels, das Gesicht nach oben. Um mich herum hörte und spürte ich Blasen zerplatzen, und das Gas, das dabei frei wurde, roch eklig nach verfaulten Eiern. Mein magischer Mantel wurde zu einer Art Floß.
    »Ich glaube, es ist so was wie eine unterirdische heiße Quelle«, rief ich Emma zu. »Die gibt es hier überall.«
    Im Dunkeln im Wasser zu treiben war fast angenehm. Ich konnte Stein, Luft und Wasser kaum unterscheiden. Dann, als ich nach einem Vorsprung suchen wollte, um mich auf festen Grund zu ziehen, sah ich plötzlich einen Lichtschimmer, der sich nicht weit von mir im Wasser spiegelte.
    Ich paddelte auf das Licht zu, mein Mantel war jetzt glatt wie Robbenfell. Als ich den Kopf in den Nacken legte, sah ich weit über mir einen gelben Lichtkreis. Ich befand mich auf dem Boden eines Brunnens, vielleicht dreißig, vierzig Meter tief.
    »Emma, komm schnell!«, rief ich ihr zu, weil ich fand, ein noch so schwacher Lichtschimmer war immer noch besser als absolute Finsternis.
    »Das Wasser ist zu heiß«, sagte sie schnell, und ich ahnte, dass sie längst versucht hatte, die Finger einzutauchen.
    »Wickel dich fest in dein Tuch, dann macht dir die Hitze nichts aus«, rief ich.
    Ich wartete ein paar Minuten, dann hörte ich Emma ins Wasser gleiten. Sie schrie auf, und eine Schrecksekunde lang dachte ich tatsächlich, sie hätte sich verbrüht, aber nun entfaltete ihr Tuch ebenfalls seine magische Wirkung, und Emma trieb auf einem glänzenden Floß aus strahlend blauen Augen heran. Sie lächelte mir durch den Dampf entgegen. Als sie neben mir war, zeigte ich hinauf zu dem Lichtkreis.
    »Zu hoch zum Klettern«, sagte sie.
    Plötzlich explodierte um uns her das Wasser in einer großen Blase – es war wie ein Rülpser in einem Riesenbauch. Die Luft, die aus der Wasserblase entwich, roch noch widerlicher nach verfaulten Eiern. Kurz darauf gab es einen zweiten, noch größeren Rülpser und dann noch einen. Schließlich brodelten Dutzende von Blasen in der Luft.
    Mir kam ein furchtbarer Gedanke. Das hier war nicht nur eine heiße Quelle.
    Und schon wurden wir von einem Wasserstrahl hochgeschleudert, mit Wahnsinnstempo

Weitere Kostenlose Bücher