Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
Vom Netzwerk:
auf, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Wahrscheinlich wollten die Blue Volcanoes sie bis zur letzten Minute vor euch verbergen. Gute Leute lügen gut.«
    Emmas Blick wurde immer empörter. Ich glaubte, sie sei wütend, weil man uns angelogen hatte, aber wie so oft überraschte sie mich auch jetzt wieder.
    »Ich verstehe es so, dass die Blue Volcanoes einfach nur Gerechtigkeit wollen«, sagte sie.
    »Was weißt denn du von Gerechtigkeit?«, fragte Arthur.
    Emma antwortete nicht und Arthur nahm ihren Teller und leckte ihn mit seiner großen Zunge sorgfältig ab. Seine spitzen Schneidezähne sahen gefährlich aus.
    »Sie wollen ja vielleicht, dass sich die Dinge ändern«, hakte Emma nach. Arthur leckte weiter.
    »Und vielleicht stürzt der Mond durch die Eisdecke und trifft Gullkin auf den Schädel, damit euch der ganze Ärger erspart bleibt«, spottete er.
    »Also bist du ganz zufrieden mit deinem Los als Sklave?«, fragte sie mit schräg geneigtem Kopf.
    Arthur hielt inne und starrte Emma so durchdringend an, dass ich spürte, wie sich mein Pelzkragen aufstellte. Auch Emmas Tuch versteifte sich.
    Langsam stellte Arthur den Teller ab, dann wies er mit einer Geste auf seine brüchige Behausung.
    »Früher war das hier ein Zuhause. Ich hatte eine Frau und zwei prima Söhne. Als Gullkin die Macht übernahm, wurde meine Frau aufs Schloss gebracht, wo sie dienen musste. Meine Söhne wehrten sich dagegen …«
    Er schlug auf den Steinblock, der als Tisch diente.
    »Jetzt liegen sie unter den Felsen.«
    Für einen Augenblick glaubte ich, ein jüngeres Arthurgesicht mit sanfteren Augen zu sehen. Aber dann fiel die Erinnerung an seine Familie in sich zusammen.
    »Nein, ich bin nicht zufrieden damit, dass ich Sklave sein muss«, sagte er leise. Er sah mich an, und ich hatte das Gefühl, dass er meinen mickrigen Brustkorb und meine dünnen Arme taxierte.
    »Aber ich glaube nicht daran, dass uns irgendjemand auf dieser Welt befreien kann.«
    Im selben Augenblick hörte ich Flügelschläge über unseren Köpfen. Ich hörte sie lange vor Arthur und Emma, und als ich durch das große Loch in Arthurs Dach schaute, landete auch schon eine Möwe auf der Dachkante. Ich sah ihre Schwanzfedern und dann den großen weiß-gelben Kopf. Der Vogel spähte zu uns herunter und blinzelte.
    Inzwischen hatte auch Arthur den Vogel entdeckt. Er griff nach einem langen Messer, das hinter dem Fenstervorhang verborgen war.
    »Die Polizeistreife!«, zischte er. »Die habe ich über eurem Gerede ganz vergessen!«
    Mein Pelz stellte sich auf und wurde voluminöser als je zuvor.
    Arthur ließ das Messer um seinen Kopf rotieren wie ein Hubschrauber den Propeller. Die Möwe stieß einen boshaften Schrei aus. Sie drängte ihre Flügelfedern durch das Loch, was eine Flut aus Staub und Vulkanstein über dem Tisch niedergehen ließ. Kurz darauf kamen sechs weitere Möwen durch das Loch, und plötzlich war der Raum erfüllt von grauen Schwingen, die klatschend um unsere Köpfe schlugen und die Luft erzittern ließen. Emma war rückwärts zu Boden gestürzt, aber noch im Fall hatte sich ihr Tuch in zwei Schmetterlingsflügel verwandelt, die sie flatternd aus dem Tumult der Möwen retteten. Ich hatte kaum mein Schwert aus der Scheide gezogen, schon teilte es nach allen Seiten Hiebe aus – ganz von selbst. Ich sah, wie die Klinge vor meinem Gesicht und über Emmas Kopf durch die Luft zischte.
    Ein ganzes Knäuel aus Flügeln, Schnäbeln und Körpern prallte gegen das Fenster, zertrümmerte es und wieder drang ein Schwarm Seemöwen ein. Plötzlich sah ich neben der Tür weißen Nebel aufsteigen. Zwei der Möwen, die als Erste hereingeflogen waren, lösten sich für einen Moment im Nebel auf und dann – starrten mich die Gesichter zweier Fel-Krieger an. Aus den Möwenflügeln wurden Arme mit blitzenden goldenen Schwertern in den Händen, die Schnäbel wurden zu Hakennasen.
    Arthur war jetzt starr vor Entsetzen.
    »Sie verwandeln sich!«, schrie er. »Ihr müsst weg!«
    Er stürmte in den rückwärtigen Raum, wir folgten ihm. Das Schwert behielt ich in der Hand, es vibrierte zwischen meinen Fingern. Ich spürte, dass es plötzlich eine unwahrscheinlich große Macht besaß; ich glaube, wenn ich hätte fliegen wollen, ich hätte es nur befehlen und mich gut festhalten müssen. Da es in diesem Raum keine Tür gab, drückte Arthur mit der Schulter einen Teil der hinteren Wand ein, und plötzlich standen wir in einer dunklen Seitengasse hinter dem Gebäude. Hier

Weitere Kostenlose Bücher