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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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Krieger mit Schild und Schwert dar, wie er hinauf in das Kuppeldach der Halle blickte. Ein einzelner Sonnenstrahl, der weit oben durch das Gletschereis fiel, ließ die Statue glänzen und funkeln und plötzlich erkannte ich die Gesichtszüge.
    »König Will Wolfkin«, raunte Egil. »Dein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-mal-siebenundsechzig-Großvater. Und weißt du was? Er war wirklich so groß. Komisch, aber ich habe direkt den Drang, ihm die goldenen Füße zu lecken.«
    »Bitte nicht«, sagte Emma, und gemeinsam betrachteten wir das Gesicht der Statue. Ich stellte keine Familienähnlichkeit fest, aber Emma war so beeindruckt, dass ich sie an die Hand nehmen und weiterziehen musste.
    Egil ging voran, und als wir an eine breite Elfenbeintreppe kamen, sagte ich laut: »Warum hat dein Großvater uns nicht die Wahrheit über den Schwur der Eide gesagt?« Meine Stimme hallte durch das ganze Treppenhaus.
    Egil fuhr jäh herum. Wir sahen ihn fragend an, aber er zog nur die Schultern hoch.
    »Vielleicht wollte er euch keine Angst machen«, sagte er mit einem matten Lächeln.
    »Wir sollen mit irgendwelchen abscheulichen Monstern kämpfen – auf Leben und Tod!«, rief Emma empört.
    »Auf dem Eis! Im Innern eines Vulkans!«, ergänzte ich.
    Egil legte einen Finger ans Kinn und blickte nachdenklich hinauf in das gewundene Treppenhaus.
    »Das trifft es ziemlich genau«, sagte er schließlich.
    »Und wie sollen wir das bitte schön anstellen?«, fragte Emma. »Wir sind Kinder!«
    Egil wandte sich mir zu und zwirbelte seine Büffelhörner zwischen den Fingern.
    »Vielleicht könnt ihr euch die richtig schwierigen Fragen für die Erwachsenen aufheben, ja?«, sagte er.
    Damit drehte er sich um und sprang die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal. Emma und ich beeilten uns, um mit ihm Schritt zu halten, aber nach sechs Treppenabschnitten mussten wir erst mal stehen bleiben und verschnaufen.
    »Höhe ist Macht«, rief Egil über eine Geländerbrüstung weit über unseren Köpfen gebeugt. »Und wir werden bis nach ganz oben gehen.«
    Wir mussten noch mal so lange Treppen steigen, bevor wir die oberste Etage der Universität erreicht hatten. Hier endete die Treppe auf einer makellos weißen Fläche, die aus glatten Walknochenfliesen bestand und mit schwarzen Trittsteinen versehen war. Diesen Trittsteinen folgten wir bis zu einer großen Holztür, über der Geweihe und Hörner an die Wand genagelt waren. An der Tür stand etwas, das ich nicht entziffern konnte. Die Buchstaben sahen aus wie Insekten, sie hielten sich auch nicht an eine gerade Linie, sondern schwärmten irgendwie in alle Richtungen auseinander.
    »Ihr werdet jetzt den Kanzler der Universität von Langjoskull kennenlernen«, sagte Egil in ehrfurchtsvollem Ton. »Er ist so klug, dass … also, wenn wir einzelne Buchseiten wären, dann wäre er ein ganzes Buch. So klug ist er.«
    Egil strich sein Gewand glatt, dann griff er mit beiden Händen nach seinen Büffelhörnern. Mit einem kurzen Ruck befreite er das kunstvoll aufgetürmte Haar und schon hatte er wieder seine vertraute, nach allen Richtungen abstehende schwarze Mähne. Wahrscheinlich fand er diese Frisur würdevoller, obwohl er nun wie ein Baum unter Wasser aussah.
    Als er mit seinem Haar so weit zufrieden war, klopfte er an die Tür.
    Sie öffnete sich knarrend. Das mickrige, griesgrämige Gesicht einer Vela-Frau erschien im Türrahmen. Ihr graues Haar war in einem Knoten auf dem Hinterkopf zusammengesteckt und auf der Stirn hatte sie ein großes rotes Muttermal, dessen Umriss ein bisschen an die Landkarte von Großbritannien erinnerte.
    »Nein«, sagte sie, bevor einer von uns auch nur den Mund aufgemacht hatte.
    »Was ›Nein‹?«, sagte Egil verblüfft.
    »Er hat zu tun«, sagte die Portiersfrau.
    »Aber wir müssen etwas Dringendes besprechen«, flüsterte Egil.
    »Er hat nichts mit euch zu besprechen«, sagte sie, und ihre Stimme klang fast wie das Knarren der großen Holztür. »Er ist gerade mit einem wissenschaftlichen Experiment beschäftigt und darf nicht gestört werden.«
    »Wir sind gekommen, weil wir Earl Hawkin in einer privaten Angelegenheit sprechen müssen«, sagte Egil offen.
    »Mit Studenten gibt sich der Kanzler nicht ab, es sei denn, sie sind tot oder hochbegabt«, polterte die Frau. »Und im Augenblick ist er sehr, sehr beschäftigt!«
    Egil schaute hastig nach links, dann nach rechts. »Es geht um ein … geologisches Problem«, flüsterte er dann. Anscheinend hatte die Betonung, die er in das Wort

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