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Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Das Vermaechtnis des Will Wolfkin

Titel: Das Vermaechtnis des Will Wolfkin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Knight
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»geologisch« legte, einen bestimmten Grund. Und tatsächlich änderte die Portiersfrau sofort ihr Verhalten. Sie streckte den Kopf aus der Tür, schaute ebenfalls nach links und nach rechts und winkte uns dann hastig herein.
    Nun standen wir in einem langen, breiten Gang, an dessen eichenholzgetäfelten Wänden Lavalampen hingen. Bei dem dunkelroten Licht drehte sich mir der Magen um und sofort versteifte sich auch mein Mantel, obwohl ich keine Gefahr erkennen konnte. Die Vela-Frau ging so schnell, dass Emma und ich rennen mussten, um mit ihr Schritt zu halten.
    »Wo sind wir?«, flüsterte ich Egil zu.
    »Im Allerheiligsten.«
    »Von was?«
    »Im Allerheiligsten des Wissens und allem«, sagte Egil.
    »Was ist ein geologisches Problem?«, fragte Emma, atemlos vom Rennen.
    »Ein Codewort, Dummchen«, sagte Egil. »Geologie – Blue Volcanoes – verstehst du?«
    »Schscht!« Die Frau drehte sich nach uns um und wir hielten den Mund. Nach einer Weile kamen wir an eine große Eichentür, ähnlich der ersten. Die Frau brachte drei Schlüssel zum Vorschein, sperrte nacheinander drei schwere Schlösser auf und drückte gegen die Tür.
    Plötzlich wurde der düstere Gang von einem weißen Licht überflutet, das so blendete, dass wir unsere Augen beschirmen mussten. Die Portiersfrau drehte dem grellen Lichtschein den Rücken zu und drängte uns weiter. Als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah ich im Türausschnitt, dass sich auf der anderen Seite eine endlose Schneefläche unter einer gewaltigen Glaskuppel erstreckte. Der Schnee war spiegelglatt und funkelte in dem gleißenden Licht, das von oben hereinfiel.
    Ich wollte schon durch die Tür gehen, da hielt Egil mich am Arm zurück.
    »Putzt eure Schuhe ab«, sagte er sanft.
    Emma und ich wischten an unseren Schuhen herum, aber die Portiersfrau mahnte ungeduldig zur Eile. Sie drängte uns zur Schwelle und schob uns kurzerhand zur Tür hinein. Dann hörte ich, wie die Tür hinter uns zuschlug und die drei Schlösser einrasteten.
    Kaum standen wir in dem Raum, der ungefähr viermal so groß war wie ein Fußballfeld, waren wir auch schon bis an die Knie in strahlend weißem Schnee versunken. Der Raum war oval, die Glaskuppel wölbte sich bestimmt dreißig, vierzig Meter hoch. Trotz des Schnees war es warm und in der Luft hing ein Geruch nach Meer. Ich sah, dass Emma über die Größe und Feierlichkeit des Ortes genauso staunte wie ich.
    »Hier ist das Labor von Earl Hawkin«, flüsterte Egil. »Es sieht jedes Mal anders aus. Earl Hawkin ist ein Genie, ein hervorragender und absolut ungewöhnlicher Kopf.«
    Emma hatte sich gebückt, um eine Handvoll Schnee aufzunehmen. Sie sah mich überrascht an.
    »Der ist ja warm!«, sagte sie. Als ich in den Schnee griff und auch einen Schneeball formte, hatte ich das Gefühl, als läge er wie ein warmer, kleiner Tierkörper in meiner Hand. Fast glaubte ich, einen Herzschlag zu spüren.
    Auch Egil nahm eine Handvoll Schnee. Er schnupperte, dann leckte er daran.
    »Er ist süß!«, sagte er. Emma und ich wechselten erst einen Blick, bevor wir zaghaft daran leckten. Egil hatte recht. Er schmeckte wie Zucker.
    »Was für ein Genie«, hauchte er.
    »Es ist nur ein dummes Experiment«, tönte plötzlich eine Stimme hinter uns.
    Wir machten fast einen Satz vor Überraschung. Als wir uns umdrehten, sahen wir, wie ein Fel in grünem Tweedanzug mit einem Robin-Hood-grünen Hut, der ihm schräg auf dem Kopf saß, aus einem Schneeloch hinter uns stieg. Er hatte einen schon leicht ergrauten Bart und einen sorgfältig gezwirbelten Schnauzer. Seine Augen funkelten unter der grünen Hutkrempe hervor, außerdem stellte ich fest, dass er einen angenehmen Zimtduft an sich hatte.
    Lächelnd wischte er sich den Schnee von den Kleidern.
    »Ob Menschen warmen, süßen Schnee lustig finden?«, fragte er. Emma hatte ihren Schneeball rechtzeitig fallen lassen, ich hatte meinen noch in der Hand.
    »Ja«, stotterte ich.
    Er lachte leise vor sich hin, dann marschierte er quer über die Schneefläche zum Mittelpunkt der Glaskuppel. »Was für eine alberne Idee«, sagte er in schleppendem Tonfall. »Aber eigentlich ganz amüsant.« Wir drehten uns nach Egil um, und er bedeutete uns, Earl Hawkin zu folgen. Der Schnee um unsere Schuhe herum wurde kalt, als wir ihn mit unseren Schritten aufwirbelten.
    »Das ist Earl Hawkin, der beste Hüter der Künste überhaupt«, sagte Egil, während er so oft wie möglich an dem süßen Schnee leckte. »Außerdem ist

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