Das Vermaechtnis des Will Wolfkin
soll.«
Tatsächlich machten Gletta und Kolaa kehrt und trabten in die Richtung, aus der sie gekommen waren, als hätten sie jedes Wort verstanden.
»Das ist der Junge, der früher eine Katze war?«, fragte Emma leise und betrachtete Egil von Kopf bis Fuß.
»Er ist okay, Emma«, sagte ich, als ich an ihre Furcht vor Verwandlungsmagiern dachte. »Egil ist nur ein bisschen … weißt du … na ja, also, er war meine Katze. Mein bester Freund. Früher.«
Emma sah Egil mit tiefem Argwohn an. Ich merkte, wie sie die Hand in die Tasche ihres Kleides schob, in der sie das Messer hatte. Auch Egil musterte sie, und zwar mit seinem arroganten Katzenblick.
»Macht der lieben Emma irgendetwas Angst?«, fragte er.
»In dem Land, aus dem Emma kommt, hält man Leute, die sich in Tiere verwandeln können, für böse.«
Diese Vorstellung fand Egil komisch.
»Da täuschst du dich aber, Emma«, sagte er sanft. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel Spaß das Leben machen kann, wenn man eine raue Zunge hat und nachts gut sieht!«
»Wieso hast du Hörner?«, fragte sie.
»Süß, nicht wahr?«, grinste Egil. »Aber leider nur ein Trick.«
Unvermittelt zog Emma ihr kleines Messer und schwang es durch die Luft.
»Dem traue ich nicht«, flüsterte sie mir zu. Egil sah interessiert das Messer an.
»Emma, Egil hat mir geholfen«, sagte ich. »Er ist ein bisschen komisch, aber er ist okay. Gestaltenwandlung scheint etwas völlig Harmloses für ihn zu sein. Wie Origami oder so.«
»Was ist Origami?«, fragten Egil und Emma gleichzeitig.
»Nicht so wichtig«, sagte ich. »Aber ich finde, wir müssen alles, was Egil sagt, jetzt erst mal für bare Münze nehmen.«
»Bare Münze«, wiederholte Egil entzückt. »Das gefällt mir. Was bedeutet es?«
Emma sah in seine grünen Augen, dann steckte sie das Messer langsam wieder ein. Egil beobachtete sie gespannt.
»Die gute Emma ist erst seit einem Wimpernschlag hier und schon hat sie ihre eigene Zauberwaffe«, sagte er.
»Es ist nur ein Messer, das ich auf der Straße gefunden habe«, sagte sie.
» Es hat dich gefunden«, sagte Egil rätselhaft. »Bravo. Pass gut darauf auf.«
Wieder einmal hatte ich das Gefühl, dass Emma für das Leben hier besser gerüstet war als ich und dass sie, ohne sich anstrengen zu müssen, ihre Sache gut machte. Die Situation hätte ärgerlich für mich sein können, wenn ihr ihre Überlegenheit bewusst gewesen wäre.
»Egil, bitte! Die Polizei sucht nach uns. Wohin sollen wir gehen?«
Egil zwinkerte, dann nahm er meine Hand zwischen seine mageren Finger.
»Egil Catkin zur Stelle«, sagte er, drehte sich um und verschwand durch eine kleine Holztür, die ich vor einer Sekunde noch nicht gesehen hatte.
Die Tür öffnete sich auf einen dunklen Gang, der in das Universitätsgebäude führte. Ein uniformierter Polizist stand Wache in einer Kabine am Ende des Gangs, aber Egil hatte einen Plan. Seine wunderlichen Büffelhörner hatten sofort Aufmerksamkeit erregt, und während der Wachposten Egil ausfragte, konnten Emma und ich unbemerkt vorbeischleichen.
Jetzt verstand ich, warum Egil sich so ungewöhnlich herausgeputzt hatte. Vielleicht war er ja in Wirklichkeit gar nicht so dumm, wie er sich oft gab?
Diese Nummer mit Egils Haaren klappte auch bei der zweiten Kontrolle im Inneren des Gebäudes. Egil lenkte die Neugier auf sich, ließ sich ausfragen, und Emma und ich schlenderten unauffällig vorbei. Über dem Eingang zu der gewölbten Halle im Herzen der Universität standen Worte in einer Sprache, die keiner von uns verstand, daneben waren eine Möwe und ein Rabe eingemeißelt.
Die Innenwände der Halle waren aus poliertem Obsidianstein, der in kräftigem Schokoladenbraun schimmerte. Der Boden bestand aus schwarzen Schiefer- und weißen Kalkstein-Sechsecken. Von hier aus führten Gänge in alle Richtungen zu weiteren Sälen, die von glühenden Vulkanlampen erhellt waren. Es roch nach Büchern und heißen Steinen, und wenn eifrige Studenten von einem Vorlesungssaal in einen anderen wechselten, hallte das Geräusch ihrer scharrenden Füße durch die Gänge.
Grinsend sprang Egil um uns herum.
»Jetzt könnt ihr euch entspannen«, sagte er. »Hinter den Kontrollpunkten darf sich keine Polizei in der Universität aufhalten. So hat es der große Will Wolfkin bestimmt. Aber wer weiß, wie lange es noch dauern wird, bis Gullkin auch dieses Gesetz abschafft.«
Er zeigte auf eine riesengroße Statue aus purem Gold. Die Figur stellte einen beeindruckenden
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