Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
lange warten musstest, aber es ist einiges geschehen, was meine Aufmerksamkeit erforderte. Bitte setz dich. Du bist hierhergekommen, weil du auf der Suche bist, richtig?«
»Das stimmt, Meister Akhdar. Ich bin auf der Suche nach einem früheren Reisegefährten. Sein Name ist Perdimonn. Könnt Ihr mir sagen, wo ich ihn finden kann? Er hat mich gerufen, und ich hatte den Eindruck, er ist in Not.«
Akhdar hob fragend eine Augenbraue. »Gerufen? Wie hat er dich denn gerufen?«
»Im Geiste, mittels Magie. Wie im Traum, aber es war real. Er hat schon einmal auf diese Weise mit mir Kontakt aufgenommen, weil er mich um Hilfe bitten wollte. Damals wusste ich jedoch noch nicht, wer er war, und dachte zuerst, ich würde wohl verrückt werden.«
»Moment! Meinst du damit, dass Perdimonn dich im Geiste gerufen, obwohl er dich nie vorher gesehen hat?«, erkundigte sich Akhdar ungläubig. »Du bist absolut sicher, dass ihr euch nie zuvor begegnet seid, nicht einmal flüchtig?«
»So ist es«, versicherte Jenna.
»Und er hat dich mit Namen angeredet?«
»Ja.«
»Beeindruckend!«, rief Akhdar freudig aus. »So etwas hätte ich nie für möglich gehalten. Dann wiederum sollte ich nicht darüber erstaunt sein, was Perdimonn alles gelingt. Er hat ein ausgesprochenes Talent zum Entwickeln neuer und überraschender
Formeln. Und was hat er nun zu dir gesagt, was dich hierher gebracht hat?«
»Eigentlich nichts Bestimmtes, Meister Akhdar. Ich habe sein Rufen gehört und hatte den Eindruck, dass irgendetwas vorgefallen war. Dann kam nichts mehr, und seitdem habe ich auch nicht wieder gespürt, dass er Kontakt zu mir aufnehmen will. Als wir uns trennten, war er auf dem Weg hierher, um Euch vor Selkor und Darkweavers Amulett zu warnen. Es erschien mir daher logisch, zuerst hier nach ihm zu suchen.«
Akhdar nickte und sah einen Moment nachdenklich drein. Dann lächelte er Jenna mit demselben großväterlichen Lächeln an, das er ihr schon geschenkt hatte, als sie sein Arbeitszimmer betreten hatte.
»Es ist gut, dass du zu uns vorgedrungen bist, Jenna. Es haben schon viele nach diesem Ort gesucht, aber nur wenige finden ihn. Ich glaube, ich muss dich bitten, noch etwas bei uns zu bleiben. Perdimonn könnte dich nochmals rufen und der Rat harrt auf Nachricht von ihm. Doch falls dass deine Sorge um ihn mildert: Wir haben von ihm gehört, wohl nachdem er versucht hat, dich zu erreichen. Als Letztes haben wir erfahren, dass er auf Kaldea ist, in Sicherheit, aber seine Nachricht war ähnlich unheilvoll wie die Warnung vor Darkweavers Amulett. Die Ereignisse überschlagen sich und ich kann zu diesem kritischen Zeitpunkt keine mögliche Informationsquelle gehen lassen. Das verstehst du doch, oder?«
Die letzte Frage war so eindringlich und mit so viel väterlicher Sorge gestellt worden, dass Jenna nicht anders konnte, als dem alten Magier zu versprechen, dass sie natürlich bleiben würde, solange er sie bräuchte. Noch während die Worte über ihre Lippen kamen, bäumte sie sich innerlich dagegen auf, weiterhin in der Akademie eingesperrt zu sein. Perdimonn war nicht hier, und so hatte sie keinen Anlass, länger zu bleiben. Wieso beugte sie sich diesem netten alten Mann mit den funkelnden Augen und dem weißen Haar? Er musste sich
Magie zunutze gemacht haben, um sie dazu zu bringen. Dennoch hatte sie nicht den Eindruck, als würde ihr ein Zwang auferlegt.
Als Lomand sie aus Akhdars Studierzimmer über die Korridore zurück zu ihrem Zimmer führte, packten Jenna Zweifel. Perdimonn hatte sie gerufen, ja, aber seitdem waren Wochen vergangen, in denen sie nichts von ihm gehört hatte. Warum sollte Jenna die vage Möglichkeit, dass Perdimonn sie in unbestimmter Zeit noch einmal rufen sollte, an Terilla fesseln? Sicher, der Rat der Magier war vielleicht wirklich auf Nachrichten von dem alten Mann angewiesen. Wenn es stimmte, was Perdimonn ihr von der Bedeutung seiner Mission in Terilla erzählt hatte, dann war sein Handeln lebenswichtig für die Zukunft Thrandors und auch für den Rat der Magier. Hatte sie dann das Recht, einfach loszuziehen und sie im Stich zu lassen, wenn sie doch eine bedeutende Verbindung darstellen könnte?
Lomand sagte die ganze Zeit über nichts, aber er spürte offenbar ihre Unruhe.
»Ich weiß, dass du dich lieber wieder auf den Weg machen würdest, Jenna«, erklärte er schließlich freundlich. »Aber bitte, geh noch nicht. Akhdar hat die Wahrheit gesagt. Wir brauchen Wege zur Verständigung und du ermöglichst uns
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