Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
den ich aufsuche«, erwiderte Perdimonn. »Außerdem habe ich keine Ahnung, wo Rikath sich derzeit herumtreibt. Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen. Sie war schon immer eine flatterhafte junge Frau.«
»Ja, das stimmt wohl. Aber sie hat sich stets von der Meerenge von Ahn angezogen gefühlt. Wenn ich nach ihr suchen würde, dann würde ich wahrscheinlich dort beginnen. Die aufgewühlte See und die Strudel dort scheinen eine unendliche Faszination auf sie auszuüben. Ich persönlich verabscheue ja Wasser, ob es nun eine Sintflut ist oder ein ruhig daliegender Mühlenweiher. Wasser ist Wasser: nass und meistens auch noch kalt. Furchtbares Zeug.«
»Die Meerenge von Ahn! Natürlich! Warum bin ich nicht draufgekommen? Wenn man mal darüber nachdenkt, ist es doch ganz offensichtlich«, murmelte Perdimonn freudig, und sein Blick glitt kurz in die Ferne. »Danke, Arred. Du hast mir unnötiges Umherreisen erspart.«
»Nicht der Rede wert, mein Freund. Sollen wir noch ein Schlückchen trinken oder willst du dich gleich wieder davonmachen?«
»Och, ich denke, mir bleibt noch Zeit für eine Kostprobe«, antwortete Perdimonn mit einem verstohlenen Augenzwinkern.
»Großartig! Mein neuestes Gebräu wird dir sicher gefallen. Komm hier entlang. Es ist nicht weit.«
Arred führte seinen Gast noch tiefer in den Berg hinein, und bald begann die Temperatur, stark zu steigen. Der leichte Schwefelgeruch, der schon vorher in der Luft gelegen hatte, verstärkte sich und ein orangefarbenes Glühen erfüllte den Tunnel mit natürlichem Licht. Perdimonn murmelte eine
kurze magische Formel und das Licht an seinem Stab erlosch. Das Glühen war jetzt stark genug, um den Weg zu erleuchten. Perdimonn hielt den Atem an, als sie um die nächste Ecke bogen.
Hitze schlug ihm entgegen und seine Augen tränten. Der Tunnel hatte sich zu einem Raum geöffnet, in dessen Mitte ein helles Feuer loderte. Das Feuer und offenbar auch die größte Hitze waren in eine Säule aus magischer Energie eingeschlossen, denn in der Mitte der Kammer blubberte und wogte flüssiges Magma. An die Temperatur innerhalb des magischen Felds wagte Perdimonn gar nicht zu denken. Ihm war sofort klar, dass die beiden Magier ohne den umgebenden Schutzschild im Handumdrehen knusprig gebraten sein würden.
»Interessante Wohnungswahl«, erklärte Perdimonn hustend. Er konnte kaum noch sprechen, ohne vor Hitze und Schwefelgeruch würgen zu müssen. Wenn er nur kurz den Mund öffnete, trocknete ihm schon der Hals aus und ihm war schleierhaft, wie man freiwillig an diesem Ort leben konnte.
»Nicht besonders groß, aber es ist mein Zuhause«, erklärte Arred mit einem wissenden Grinsen. »Hier, nimm einen Schluck davon und mach es dir bequem.«
Arred warf Perdimonn einen Weinschlauch zu, den dieser geschickt auffing. Er lehnte seinen Stock an den nächsten Felsen, öffnete den Schlauch und nahm einen kräftigen Schluck. Arred, der aufmerksam auf die Reaktion des alten Magiers gelauert hatte, kicherte in sich hinein, als Perdimonns Augen vor Schreck hervorquollen. Der alte Mann krümmte sich in einem furchtbaren Hustenanfall und Tränen liefen ihm über die Wangen.
»Bei Tarmin! Was ist das?« keuchte er mit rauer, kaum mehr hörbarer Stimme.
»Feuerwasser, was denn sonst!«, erwiderte Arred lachend, schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel und nahm den
Weinschlauch wieder entgegen. Betont gleichgültig setzte der seltsam aussehende Hüter die Öffnung des Schlauchs an den Mund und nahm einen tiefen Zug, den er herunterschluckte, als sei es normales Wasser. »Gut, oder?«, meinte er spitzbübisch grinsend.
Ein entferntes Grollen ertönte tief unter ihren Füßen und das geschmolzene Gestein in der Mitte der Kammer brodelte auf. Sofort verschwand das Lächeln von Arreds Gesicht und machte einem Ausdruck enormer Konzentration Platz. Nach einer Weile blickte er besorgt zu Perdimonn hinüber.
»Tut mir leid, alter Freund, aber ich glaube, du musst jetzt doch gehen. Das alte Mädchen steht kurz vor einem neuen Ausbruch, und ich muss die Ströme umleiten, um sie zu beruhigen.«
»Kann ich dir nicht helfen? Zusammen können wir das doch viel einfacher erledigen, als wenn du dich allein abmühst«, schlug Perdimonn vor. »Erde und Feuer sind eine kraftvolle Verbindung. Wie leitest du die Ströme um?«
»Indem ich neue Abläufe in den Felsgrund brenne und das Magma auf den Meeresboden strömen lasse«, erklärte Arred unruhig. »So wird der Druck verringert und dem Berg sprengt
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