Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
es nicht die Spitze weg.«
»Warum willst du die Abläufe in das Gestein brennen? Zeig mir einfach, wo du sie brauchst, und ich teile den Fels.«
Arred starrte Perdimonn entsetzt an. Er hielt den Vorschlag offenbar für vollkommen abwegig, ja ketzerisch.
»Unser Schwur, Perdimonn! Was ist mit unserem Schwur? Kein Hüter darf je Wissen über mehr als einen Schlüssel erlangen, erinnerst du dich? Und wie sollen wir unser Wissen für uns behalten, wenn wir gemeinsame Sache machen und unsere Gedanken verbinden?«
»Ich guck auch nicht, wenn du nicht guckst!« In Perdimonns blauen Augen blitzte dasselbe spitzbübische Vergnügen auf, das kurz zuvor Arreds Miene erhellt hatte. »Komm
schon, Arred. Wir wissen doch beide, warum wir zu Hütern erklärt wurden. Was soll schon Schlimmes geschehen? Warum sollte ich als Hüter des Erdschlüssels mehr über den Feuerschlüssel erfahren wollen? Wir erledigen jetzt einfach das Notwendige, und dann nehme ich noch einen Schluck von diesem grauslichen Getränk, das du zusammengebraut hast, und mache mich wieder auf den Weg.«
Arred zögerte, bis ein weiteres, diesmal stärkeres Grollen eine Entscheidung forderte.
»Also gut. Lass es uns tun«, sagte er plötzlich. »Gib mir deine Hände. Wir können unseren Geist einfacher verbinden, wenn wir körperlichen Kontakt haben.«
Arred streckte die Hände aus, formte vor seinem inneren Auge die Rune für den Schlüssel zur Elementaren Macht der Erde und bereitete sich darauf vor, ihre miteinander verbundenen Willenskräfte auf eine schnelle Reise in die brodelnde Tiefe des Vulkans zu schicken. Sein Geist war offen und zielgerichtet, und Arred war nicht auf den Schock vorbereitet, der ihn traf, als sich Hände und Geist der beiden Magier berührten.
Der Hüter des Feuers prallte entsetzt zurück, als der Mann, den er für Perdimonn gehalten hatte, ein befriedigtes »Ahhh« ausstieß.
»Du! Selkor! Aber wie?«
Einen Augenblick noch schimmerte Perdimonn durch, dann war es nicht mehr er, sondern Selkor, der Arred gegenüberstand. Ein mehrfarbiger Umhang hing über seinen Schultern und Darkweavers Amulett glänzte auf seiner Brust wie ein finsteres silbernes Auge. Der shandesische Magier hatte ein Grinsen aufgesetzt, das drohte, sein Gesicht in zwei Hälften zu spalten.
»Hast du nicht darauf gehört, was ich dir erzählt habe, Arred? Ich habe dich doch gewarnt, dass ich nicht weit entfernt bin und magische Gegenstände bei mir trage. Erkennst du
nicht den Umhang des großen Gestaltenwandlers Merridom? Er funktioniert wirklich gut, findest du nicht?«
»Aber das Amulett! Ich hätte seine Gegenwart spüren müssen«, stammelte Arred. »Ich habe dich doch sogar umarmt, bei Tarmin!«
Selkor hielt ihm die rechte Hand hin, die Fingerknöchel nach vorn geneigt. »Erkennst du den?«
Ein goldener Ring mit einem einzelnen rechteckig geschliffenen Stein glitzerte an Selkors Mittelfinger. Arred starrte wie gebannt auf das Schmuckstück. Langsam dämmerte es ihm.
»Der Ring des Nadus! Du hast das Amulett mit dem Ring des Nadus abgeschirmt! Was in Tarmins Namen tust du eigentlich, Selkor? Du läufst mit mehr Macht durch die Welt, als irgendein Magier seit Jahrhunderten besessen hat. Warum willst du auch noch die Schlüssel an dich bringen?«
»Was ich tue, geht nur mich etwas an, Arred. Und nun muss ich dir leider mitteilen, dass dein Leben nutzlos geworden ist. Ich kann nicht zulassen, dass du den Schlüssel in einem Moment der Schwäche noch an irgendjemand anderen weitergibst. Ich will auch nicht, dass du mit dieser Macht herumläufst und sie möglicherweise selbst einsetzt. Ich fürchte, du musst sterben.«
Selkors Augen blitzten auf. Sein Lächeln war verschwunden und einem Ausdruck selbstgerechten Zorns gewichen. Selkor schnippte mit den Fingern, und Arred schlug ein grellweißer Energiestoß entgegen, der wie ein Blitz die Luft durchschnitt. Aber erstaunlicherweise war der Hüter des Feuers schneller. Noch bevor Selkors Hand gezuckt hatte, war Arred mit einem Hechtsprung in das magische Schutzfeld inmitten des Raums abgetaucht. Selkors tödlicher Schlag magischer Energie verpasste ihn um Haaresbreite und sprengte stattdessen Felsstücke aus der gegenüberliegenden Wand der Höhle. Arreds Körper traf auf den magischen
Schutzschild, und es hatte den Anschein, als verdampfe er in derselben Stichflamme, mit der auch das schützende Kraftfeld verschwand.
Nur der Ring des Nadus rettete Selkor in diesem Moment, denn er bildete einen eigenen
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