Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
versteht, was ich meine«, erklärte Fesha und trat noch näher an den Wachposten neben der verschlossenen Tür heran.
»Nein, das geht auf keinen Fall«, erwiderte dieser. »Garvin
lässt mich auspeitschen, wenn er davon erfährt. Er ist sehr streng in solchen Dingen.«
»Ich hatte schon befürchtet, dass du so etwas sagen würdest«, meinte Fesha enttäuscht.
Mit einer so schnellen Bewegung, dass nicht einmal Derra sie verfolgen konnte, zog Fesha ein Messer und hielt es der Wache an den Hals. Die Hand des Mannes fuhr an sein Schwert, ließ aber sofort wieder davon ab, als Fesha den Druck der Klinge verstärkte.
»Tut mir leid, aber ich muss darauf bestehen«, erklärte Fesha mit enttäuscht klingender Stimme, aber vor Vergnügen blitzenden Augen. »Meine Freundinnen wollen die Kämpfer unbedingt sehen. Stimmt’s, meine Damen?«
»Nun mach schon, Fesha«, grollte Derra ärgerlich.
»Aber natürlich, meine Liebe«, erwiderte Fesha grinsend. »Also, guter Mann, wärst du so freundlich und führst uns zu der Unterkunft des Thrandoriers?«
Fesha erhöhte erneut den Druck des Messers, was den gewünschten Effekt erzielte. Der Wachposten nahm die Schlüssel vom Gürtel und machte sich umständlich daran, die Tür zu öffnen. Fesha hielt ihm die ganze Zeit das Messer an den Hals.
Nachdem die Tür geöffnet war, fragte Derra ihn, ob sie drinnen auf weitere Wachen stoßen würden.
»Nein«, antwortete der Mann. »Die meisten Wachen, die derzeit Dienst haben, arbeiten in den Kerkern auf der Nordseite. Und die paar Männer, die freihaben, stehen oben in der Menge und verfolgen die Spiele. Wir könnten höchstens Kämpfern begegnen, die auf dem Weg zurück in ihre Unterkünfte sind.«
»Na schön. Eloise, nimm ihm den Schwertgürtel ab und durchsuche ihn nach weiteren Waffen.«
Eloise tat wie geheißen, während Derra kurz nachprüfte, ob der Mann die Wahrheit gesagt hatte und drinnen wirklich
keine Wachen zu sehen waren. Als Derra merkte, wie groß der Gürtel war, den Eloise nun in den Händen hielt, entschied sie sich doch dagegen, ihn sich selbst umzuschnallen.
»Hier, ich nehme nur das Schwert. Vergiss den Gürtel. Es würde zu lange dauern, ihn meiner Größe anzupassen. Hast du ihn nach Waffen durchsucht? Dann mal los, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit«, befahl Derra schroff.
Eloise nickte und zeigte Derra ein Messer, das sie im rechten Stiefel des Wachpostens entdeckt hatte. Zufrieden, dass der Mann nun unbewaffnet war, stiegen sie leise die Treppen hinab, die zu den Räumen unterhalb der Tribüne führten. Eloise ging voran und prüfte, ob die Luft rein war, Derra bildete die Nachhut, und Fesha ließ sich von der Wache leiten und hielt ihm ununterbrochen das Messer an den Hals.
Einmal mussten sie im Treppenhaus anhalten und sich hinter einer Tür verstecken, weil zwei Arenakämpfer vorbeikamen. Für die drei Eindringlinge und ihre Geisel klangen die eigenen Atemgeräusche furchtbar laut, aber die beiden Kämpfer ahnten nicht, dass nur einige Schritte entfernt gewaltbereite potenzielle Gegner lauerten. Sobald die Kämpfer nicht mehr zu hören waren, prüfte Eloise, ob der Weg nun frei war, und die Gruppe eilte weiter ihrem Ziel entgegen.
Der letzte Korridor, in den die Wache sie führte, war sehr lang und bot keinerlei Schutz. Es schien niemand in der Nähe zu sein, aber sie mussten Bek rasch herausholen oder sie würden todsicher entdeckt.
»In welchem Raum ist er?«, fragte Fesha flüsternd die Wache.
»Da drüben. Vierte Tür rechts, glaube ich«, antwortete der Mann. Ihm standen Schweißperlen auf der Stirn.
»Glaubst du? Das reicht nicht. Ich will nicht in ein Hornissennest stoßen«, zischte Fesha mit drohender Stimme. Wieder erhöhte er den Druck der Klinge.
»Ich weiß es! Ganz sicher! Die vierte Tür rechts«, erwiderte
die Wache panisch, da das Messer ihm ins Fleisch zu schneiden drohte.
»Und welcher Schlüssel ist es?«, fragte Fesha und hielt den Bund hoch, den er der Wache beim Öffnen des Eingangstores abgenommen hatte.
In den Augen der Wache stand blankes Entsetzen.
»Keiner. Ich habe keinen Schlüssel für diesen Raum. Den haben nur zwei oder drei Leute hier. Bitte, tut mir nichts. Es ist die Wahrheit«, stöhnte er.
»Wer hat hier den nächsten Schlüssel?«, setzte Derra nach. Ihre Augen funkelten unter den dunklen Brauen, während sie die Wache mit einem Blick fixierte, der sich durch Granit hätte bohren können.
»Nicht nötig, Sergeant. Ich kenne mich mit Schlössern
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