Das Vermächtnis von Thrandor - Die silberne Klinge
war, dass er sogar Selkor dazu brachte, mir das Schwert zurückzugeben.«
Die fünf Großmagier tauschten Blicke, als suchten sie nach etwas, was für Calvyns Theorie sprach. Sie tauschten sich kurz auf telepathischer Ebene aus, doch Calvyn bekam nichts
davon mit. Für ihn klang es wie das unverständliche Gemurmel, das zu den Gebetszeiten aus den großen Tempeln der Stadt drang. Gelegentlich tauchte ein Wort auf, das ihm überraschend bekannt vorkam, aber keinen Sinn ergab.
Die Magier waren offenbar zu einem Entschluss gelangt und wandten sich alle gleichzeitig Calvyn zu. Fünf stechende Augenpaare bohrten sich in den Schüler der Magie. Ihre weniger feindselig als fragenden Blicke versuchten, tief in seinem Innern die Wahrheit zu entdecken. Calvyn war diese Prüfung höchst unangenehm. Er fühlte sich aller Möglichkeiten beraubt, irgendetwas vor den strengen und mächtigen Willen der Magier zu verstecken, aber er wich nicht von der Stelle. Mit aller Entschlossenheit drängte er die Wahrheit über sein Schwert an die Oberfläche seines Bewusstseins.
»Calvyn«, begann Akhdar und klang wieder wie er selbst, »wir haben uns darüber verständigt, dass es wenig Sinn macht, wenn einer von uns das Schwert in Verwahrung nimmt. Wenn wir den Zwang nicht mit einem Gegenzauber bekämpfen, würden wir dir das Schwert ohnehin früher oder später zurückgeben. Wir halten es für das Beste, wenn du die Waffe selbst an einem sicheren Ort aufbewahrst, zum Beispiel in meinem Arbeitszimmer. Dort kannst du es dir immer, wenn du das Bedürfnis danach verspürst, ansehen und wiederholen. Ich nehme an, der Zwang besteht nicht, wenn du selbst das Schwert in mein Studierzimmer bringst?«
»Ich bin mir nicht sicher, Meister. Aber es klingt logisch.«
»Dann komm mit mir. Ich möchte gern erfahren, mit welchen Formeln du das Schwert sonst noch belegt hast, damit ich keine böse Überraschung erlebe, solange ich die Waffe hüte.«
Akhdar führte Calvyn aus dem Zimmer und über den rechts liegenden Gang zu seinem bereits jetzt mit allerhand Dingen vollgestopften Studierzimmer. Unter den vier Großmagiern brach eine heftige Diskussion aus, sobald die beiden den Raum verlassen hatten.
»Er sollte sofort von der Schule verwiesen werden«, donnerte Chevery wütend. »Erst verwendet er einen verabscheuenswürdigen Zauber in meiner Stunde, und jetzt noch das hier. Es ist mir ganz gleich, wer ihn empfohlen hat, und wenn es der Schöpfer selbst gewesen wäre. Dieser junge Mann ist eine Gefahr für uns alle.«
»Ja. Eine Gefahr, aber in welchem Sinne, Chevery? Du hast gesehen, was gerade passiert ist. Ein von diesem jungen Mann mit einem Zauber belegter Gegenstand hat Akhdar dazu gebracht, gegen seinen Willen zu handeln. Wann hast du das letzte Mal einen Gegenstand gesehen, der derart voller Magie steckte, abgesehen vom Stab des Dantillus, dem Umhang des Merridom und dem Ring des Nadus? Niemals, würde ich annehmen!«, erwiderte Jabal ruhig.
»Und was willst du damit sagen?«
»Nun komm schon, Chevery! Dem Jungen stehen alle Zeichen der Größe doch auf die Stirn geschrieben. Sieh uns an: ein welker Haufen alter Dummköpfe, der Angst hat, sich dieser Gestalt da draußen zu stellen, die wir doch nicht weiter ignorieren können. Und da kommt dieses Wunderkind. Und was tun wir? Wir werfen ihn von der Akademie, weil er nicht in die handliche Form passen will, in die wir unsere Adepten für gewöhnlich pressen? Sei nicht vorschnell, Chevery. Nicht mehr lange, und wir benötigen alle Kraft, die wir aufbringen können, um diesem Selkor entgegenzutreten. Ich befürchte, selbst mit dem Talent und der ungehobelten Kraft, die dieser junge Calvyn an den Tag legt, stehen unsere Chancen mehr als schlecht. Wir können uns nicht erlauben, engstirnig zu sein – nicht, da Selkor bereits den Schlüssel zu einer Elementaren Kraft in den Händen hält.«
»Pah! Was soll ein undisziplinierter Adept schon gegen die Macht, das Wissen und die Erfahrung eines Magiers wie Selkor ausrichten?«, spottete Chevery. »Bist du denn genauso senil wie der alte Akhdar? Er hätte mir das Schwert
geben sollen. Ich hätte es für Calvyn unerreichbar aufbewahrt.«
Jabal sah Chevery traurig an und schüttelte den Kopf. Er wandte sich mit einem stummen Appell den anderen beiden Großmagiern zu, aber ihre Mienen blieben unverbindlich – als wüssten sie nicht, für welche Seite sie sich entscheiden sollten.
»Ich bezweifle, dass es dir anders ergangen wäre als Akhdar,
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