Das Vermaechtnis
Tür herein kamen und den Teppichboden abluden.
Kurz darauf ertönte Helens unangenehme Stimme: »Marc, das ist wieder typisch, lässt mich hier ewig warten.«
»Helen, vielleicht kannst du dich mal einen Moment bremsen, ich würde dir gerne Will vorstellen«, sagte Marc ungehalten.
Debbie musste sich ein Grinsen verkneifen, sie stellte sich vor, wie Helen den armen Will von oben bis unten musterte wie eine eklige Küchenschabe unter einem Glas.
»Will, danke fürs Helfen, ich denke wir machen morgen hier weiter,« hörte Debbie dann Marc sagen, und Will verabschiedete sich.
Da weder Marc noch Helen ahnten, dass sie hier in der Küche saß, und Helens Stimme laut genug war, wurde sie unfreiwillig Zeuge ihrer Unterhaltung.
»Marc, mit was für Leuten gibst du dich denn hier ab? Zuerst dieses ungepflegte Mädchen, das aussieht als käme es direkt aus dem Kuhstall, und jetzt auch noch dieser schmutzige Kerl, der scheinbar seit Monaten keine Dusche von innen gesehen hat.«
»Als du gesagt hast, dass du herkommen willst, habe ich dir klargemacht, dass wir hier eine Baustelle haben, also hör auf damit«, sagte Marc genervt.
»Baustelle, das ist ja wohl noch untertrieben.« Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. »Das ist das letzte Dreckloch hier, wie hältst du das nur aus? Du schläfst sogar hier in dieser Bruchbude, ich verstehe das nicht.«
»Ja wir schlafen hier, es ist nicht das ‚Ritz‘, aber uns reicht es. Wir haben hier alles was wir brauchen, und wir haben genug Arbeit um uns nicht Gedanken über ruinierte Kleidung oder abgebrochene Fingernägel machen zu müssen.«
»Wir?«, fragte Helen spitz, »Wer ist wir?«
»Debbie und ich.«
»So, dieses kleine schmuddelige Ding ist also auch Tag und Nacht hier. Ich nehme mal an, dass sie eine eigene Abstellkammer hat, in der sie haust – zumindest hoffe ich das doch.«
Debbie zuckte zusammen. Helens Stimme klang giftig, und das Gespräch nahm einen Verlauf, der ihr gar nicht behagte, sie konnte sich vorstellen, dass Marc davon auch nicht begeistert sein würde.
Doch Marc ging nicht auf Helens Frage ein. »Möchtest du jetzt den ganzen Abend damit verbringen, dich aufzuregen, oder warum bist du hier?«, fragte er barsch.
»Ich wollte dich sehen, und wollte eigentlich auch hier übernachten.« Es klang vorwurfsvoll.
»Nun, ich glaube kaum, dass du in diesem
Dreckloch
hier schlafen möchtest, also suchst du dir am besten ein Hotel«, schlug Marc abweisend vor, und zu Debbies Erleichterung war Helen einverstanden. Die ganze Zeit diese keifende Frau hier um sich zu haben, würde sie nicht aushalten, außerdem hatte sie keine Lust, nachts mitzubekommen wie die beiden …
»Kommst du dann mit?«, fragte Helen in diesem Moment, und es klang fast wie ein Befehl.
Zu Debbies Erstaunen lehnte Marc ab.
»Fahr du alleine, ich habe hier noch zu tun. Ich habe dir am Telefon gleich gesagt, dass ich nicht viel Zeit für dich haben werde.«
»Du wirst dir morgen Zeit für mich nehmen, ich bin schließlich nicht umsonst den weiten Weg hierher gefahren«, zischte Helen wütend, dann hörte Debbie wie die Haustür quietschend hinter ihr ins Schloss fiel, und kurz darauf ein Motor aufjaulte.
Es war einen Augenblick still, dann näherten sich Schritte und Marc betrat die Küche. Als er Debbie sah, hielt er überrascht inne und starrte sie an.
Verlegen beugte sie sich über ihr Nähzeug.
»Du hast jedes Wort gehört, richtig?«, wollte er wissen.
Sie nickte, erstaunt darüber, dass er überhaupt mit ihr sprach.
»Ist das auch so eine Angewohnheit von dir, andere Leute zu belauschen?«
»Es tut mir leid, das war nicht meine Absicht«, verteidigte sie sich, »Ihr wart ja auch nicht zu überhören.«
Einen Moment lang sah er sie mit einem merkwürdigen Blick an, es schien, als ob er noch etwas sagen wollte, doch dann ging er schweigend zum Kühlschrank und nahm sich einen Joghurt.
Er wandte sich wieder zum Gehen, war schon fast draußen, als er sich noch einmal kurz umdrehte.
»Vielleicht war es ja das, was du hören wolltest«, sagte er leise, dann verschwand er und ließ eine völlig verblüffte Debbie zurück.
K apitel 21
Debbie verbrachte eine schlaflose Nacht. Marcs Worte gingen ihr nicht aus dem Kopf.
»Vielleicht war es ja das, was du hören wolltest.«
Sie hatte keinen blassen Schimmer, was er damit gemeint hatte. Es ging um die Unterhaltung zwischen Helen und ihm, soviel war klar, aber sie begriff nicht, was er ihr damit sagen wollte.
Immer und immer
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