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Das verplante Paradies

Das verplante Paradies

Titel: Das verplante Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tate
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goldener Sauf-Nächte vor uns … äh … Mac? Joe? Henry?“
    „Joe. Kommen Sie bald mal wieder.“
    „Da können Sie wetten, Joe.“
    Latimer öffnete die quietschende Tür und ging hinaus. Hier jedenfalls werde ich nicht wieder hingehen, dachte er. Er schrieb den Namen des Lokals auf die Liste, wobei er sorgfältig buchstabierte.
    Charlie ging noch einmal über die Straße, die ihm jetzt, in der Dämmerung, fremd war. Er versuchte zu denken, Prozesse zu aktivieren, die während des vertrauten Sonnenuntergangs sonst leicht in Gang kamen. Jetzt gab es nur Dunkelheit, drinnen und draußen. Zuerst gab er dem Verkehr die Schuld, den Neonlichtern, die seine Augen blendeten, den Musikfetzen, die eine disharmonische Symphonie bildeten, als er vorüberging.
    Es wäre tröstlich gewesen, wenn seine Umgebung die Initiative übernommen hätte, aber leider tat sie es nicht. Sie lärmte einfach weiter und ging ihren Weg. Und Charlie mußte sich eingestehen, daß er nicht fähig war, eine Lösung zu finden.
    Seine Intelligenz war eine Weiterentwicklung von tierischen Instinkten, und sie half ihm gar nichts in dieser Angelegenheit. Der Intelligenzquotient war unwichtig, wenn man mit den überkandidelten Typen vom Campus zu tun hatte. Sie würden nicht einmal in seine Nähe kommen, wenn sie nicht wollten, hatte Latimer gesagt. Und wenn sie nicht wollten? Dann gab es keinen Weg, sie zu holen.
    Er brauchte Hilfe. Er brauchte einen – Denker?
    Er schätzte, daß er ebenso schnell und weit gegangen war wie bei seinem Spaziergang am Mittag. Vor ihm am Strand lagen Lichter.
    Das mußte der Yawning Room sein.
    „Was ist los?“ fragte Joe. „Ist Ihr Laden abgebrannt?“
    „Ich hatte Durst.“ Charlie versuchte, seine Augen davon abzuhalten, in den hinteren Teil des Raumes zu blicken, aber es gelang ihm nicht. Er stellte fest, daß Joe ihn beobachtete.
    „Ist sie dagewesen?“
    Joe drehte sich zu der Uhr hinter der Theke um. „Vor zehn Minuten.“
    „Wie heißt sie?“
    „Julie. Manche nennen sie Tomorrow Julie.“
    „Hat das einen besonderen Grund?“
    „Ich weiß nicht. Sie macht eben den Eindruck. In jeder Beziehung. Morgen vielleicht. Verstehen Sie?“
    Charlie verstand, und er war froh darüber. Vielleicht war er doch nicht so hinter dem Mond, wie Latimer ihm hatte weismachen wollen. Jedenfalls verstand er, was die Leute in normalen Gesprächen sagten. Jedenfalls Joe.
    „Ich habe ein Problem“, sagte er, und er fühlte eine Freiheit, die aus dem Kontakt zwischen ihnen zu kommen schien.
    Joe grunzte. Die Freiheit war weg. „Wer hat keins?“
    Charlie versuchte es noch einmal. „Ich dachte, Sie würden es verstehen.“
    „Wenn ich jedesmal einen Dollar dafür bekäme …“
    „O. K. Ich werde es für mich behalten. Ich dachte bloß, Sie würden etwas – teilen wollen, das ist alles.“
    Joe schüttelte sich. „Verstehen Sie mich nicht falsch, Charlie. Nicht, daß ich keine Zeit für Sie hätte. Es ist nur … wissen Sie, ich glaube, ich bin mißtrauisch, wenn die Leute so etwas sagen. Ich habe es schon oft gehört. Und dann haben die Leute angefangen, mir Dinge zu erzählen, die sie nicht einmal ihrer eigenen Mutter erzählen würden. Es ist – peinlich, Charlie.“
    „Ich habe mit Intellektuellen zu tun, Joe. Es ist nichts Persönliches. Es sind bloß – Kommunikationsschwierigkeiten.“
    Joe lachte. „Damit habe ich ständig zu tun. Wenn Sie einen Rat haben wollen, den können Sie hören. Tun Sie gar nichts. Man kann eben nicht bei allen Leuten beliebt sein. Wenn das jemand von Ihnen verlangt, dann ist er wahrscheinlich der Mühe nicht wert. Hab ich recht?“
    „Da ist viel Wahres dran, Joe. Aber ich lebe davon. Sie, Sie brauchen bloß hinter sich nach einer Flasche zu langen und ein Glas zu füllen. Und Flaschen kennen Sie, da wissen Sie, was Sie tun. Ich dagegen muß die Leute unterhalten. Ich muß ihre Gedanken lesen, um zu wissen, was sie wollen. Das ist schon ein Unterschied.“
    „Erst sagen Sie, wir wären aus demselben Holz geschnitzt, und in der nächsten Minute erzählen Sie mir, wie verschieden wir sind. Wenn Sie Hilfe brauchen, dann haben Sie eine komische Methode, um sie zu kriegen, Charlie.“
    „Nicht als Personen sind wir verschieden, Joe, sondern in unseren Funktionen. Lassen Sie mich hinter der Theke stehen, und Sie gehen hinüber in mein Denkspielkasino. Dann wissen Sie schnell, was ich meine.“
    Die Tür des Yawning Room öffnete sich kreischend.
    „Wie auch immer“, sagte Joe.

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