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Das verplante Paradies

Das verplante Paradies

Titel: Das verplante Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tate
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der sich unweigerlich trübt und fleckig wird, wenn man ihn zu oft beatmet’.“
    „Atmen ist auch schon alles“, sagte Julie. „Aber wenn man Sie reden hört, dann denkt man, im Vergleich zu mir wäre die Hure von Babylon eine Sonntagsschullehrerin gewesen. Und das alles nur, weil ich nichts tue.“
    Henny legte seine Hand auf ihre. Sie zog sie nicht weg.
    Zak fühlte Eifersucht in sich hochsteigen. Er hatte solche Anfälle schon früher gehabt. Wenn Henny in einer Diskussion am College mit einem Argument überzeugte, das er selbst übersehen hatte, oder manchmal, wenn Henny ihm nach einem groben faux pas die Dinge erklären mußte. Jetzt bemerkte er seine Eifersucht mit Überraschung. Henny hielt also die Hand des Mädchens. So konnte man es genau genommen nicht einmal nennen. Henny gewann ihr Vertrauen. Er war eifersüchtig, weil er jetzt schon merkte, daß Henny diese Kunst der Täuschung besser beherrschte als er.
    „… eifersüchtig“, sagte Henny. Zak fuhr zusammen, aber die anderen schienen es nicht zu bemerken. „Sie haben etwas, was sie nicht haben. Sie besitzen Tugend – und weil das etwas ist, was durch nichts zu ersetzen ist, versucht man sie Ihnen zu entwinden. Da das physisch nicht geht, versucht man es verbal. Ich weiß, daß es schwer ist, damit zu leben, Julie, aber Sie müssen es versuchen. Sie müssen Mitleid mit ihnen haben. Aber nachdem man Ihnen soviel Leid zugefügt hat, ist das natürlich ziemlich schwer.“
    Julie schien jetzt etwas ruhiger zu sein. Plötzlich wechselte sie das Thema. „Werden Sie länger hier bleiben?“
    „So lange es eben dauert“, sagte Zak mit einer momentanen Bösartigkeit, die er sofort bedauerte. Mit seinen süßen Reden hatte Henny ihr weisgemacht, daß sie ihr Trost bieten könnten. Diesen Glauben mußte man zerstören. Die Worte waren heraus, noch bevor er sie anhalten konnte. Er biß sich auf die Lippe.
    „So lange was dauert?“ Julie war neuerlich aufgestachelt. Das Mißtrauen kehrte zurück.
    „Das ist so eine Phrase aus Ballantyne“, sagte Hen ny. „So lange es dauert, bis wir richtig braun sind. So lan ge es dauert, um die zwölf Monate Unterricht abzuschütteln. Nicht wahr, Zak?“
    „Genau“, sagte Zak. Jetzt mußte er mindestens lächeln. Er tat es.
    „Ich weiß, daß ich nicht besonders viel zur Konversation beigetragen habe“, sagte er, „aber ich muß mich hier erst orientieren. Henny versteht es zu reden. Er lebt mit dem Herzen. Ich leide immer noch unter diesen altmodischen Launen. Ich muß erst die Landkarte studieren, bevor ich mich nähere. Ich weiß, es ist ein wenig spät, aber ich bin völlig mit allem einverstanden, was Henny, Schuhmacher und Miguel de Cervantes über dieses Thema je gesagt haben.“
    „Schon in Ordnung“, sagte Julie. „Ich bin Ihnen beiden dankbar. Es war schön, mit Ihnen zu reden. Werden Sie öfter hierher kommen?“
    „Möglicherweise zu oft“, sagte Henny. „Aber Sie reden, als ob Sie uns schon verlassen wollten. Bitte gehen Sie noch nicht.“
    „Tut mir leid. Ich muß leider. Simeon wollte … Ich muß noch etwas erledigen. Ich sehe Sie hoffentlich noch.“
    „Wir auch“, sagte Zak und brachte auch Henny zu einer leichten Verbeugung, als das Mädchen sie verließ. Sie blickten ihr nach, als sie durch die Tür ging. Es schien, als verschwinde sie in dem Augenblick, wo das Sonnenlicht sie umfing.
    „Ich habe es gerade gemerkt“, sagte Henny, als sie wieder saßen.
    „Was?“
    „Das mit Cervantes haut plötzlich nicht mehr so hin. Zum Beispiel das da: ‚Eine bescheidene und ehrsame Frau ist das wertvollste Juwel der Welt, Tugend und Ehre einer Frau bestehen deshalb in der Reputation, die sie bei den anderen hat.’“
    „Es gibt noch Schlimmeres: ‚Öffentliche Reputation ist das Leben der weiblichen Tugend und in gewissem Sinne ist der äußere Schein die Wirklichkeit; denn eine Sünde im geheimen fördert weniger das Vorurteil der Welt als öffentliche Schamlosigkeit.’“
    „Es scheint, als ob unser Freund aus der Mode geriete“, sagte Henny leise. „Das wird ein grauenvoller Urlaub.“
    „Ach, übrigens: Wer hat noch gleich gesagt, wir würden uns mit diesem Mädchen nicht weiter abgeben?“
    „Wer gibt sich denn ab?“ sagte Henny trübsinnig.
    Henny ging zum Strand, um ein wenig allein zu sein. Julie rannte in die Dunkelheit vor ihm und blieb verschwunden, bis er ein unbestimmtes Wellengeräusch hörte und vor dem glitzernden Wasser eine weibliche Gestalt erkannte.
    Im

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