Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
wegzuschlummern.
Was für ein Fehler! Minuten später fährt Paul schweißgebadet aus den Kissen und seinem Alptraum hoch. Noch immer spürt er Ankas vorwurfsvollen Blick, während sie naserümpfend an ihm vorbeigeht, als wäre er Abschaum.
Schwerfällig pellt sich Paul aus den Decken, es hat keinen Sinn. Das Gewissen lässt sich nicht abschalten, da kann er seine Schlafposition ändern, so oft er möchte. Er muss mit Anka sprechen, eher wird er nicht zur Ruhe kommen.
Abermals blickt Paul auf seine Uhr. Sie haben sich für den frühen Abend am Leuchtturm verabredet und er beschließt den Weg mit einem ausgedehnten Spaziergang zu verbinden. In der Hoffnung, dass Anka dasselbe tut, hüpft Paul über den kalten Boden in das Bad. Die heiße Dusche weckt seine Lebensgeister und so macht er sich kurz darauf erfrischt und munter auf dem Weg zum Meer.
Pauls Magen knurrt, als ein Pfannkuchenstand an der Uferpromenade seinen verführerischen Duft verbreitet. Da er das Frühstück verschlafen hat und noch eine gefühlte Ewigkeit bis zu dem ersehnten Treffen zu überbrücken ist, setzt sich Paul in ein naheliegendes Cafe. Entspannt beobachtet er die der Sonne entgegen segelnden Möwen und lauscht ihren Schreien. Wogen des Friedens und der Glückseligkeit durchfluten sein Innerstes und für einen Augenblick kann Paul seine Sorgen und Ängste vergessen. Erst als eine dampfende Heiße Schokolade vor seiner Nase steht, öffnet er die Augen und lächelt den Kellner entschuldigend an.
"Herrlich hier, nicht wahr?", bestätigt dieser schmunzelnd und blickt verträumt auf die Wellen. "Wirklich schade, dass wir alle einmal von hier gehen müssen."
Dann zieht sich der junge Mann zurück und Paul nippt geistesabwesend an seiner Tasse. Der intensive Schokoladengeschmack überwältigt ihn und er nimmt sich fest vor, häufiger Kakao zu trinken.
Nach einem weiteren Becher bricht Paul auf. Die wärmenden Strahlen haben inzwischen an Stärke verloren und kündigen so den baldigen Abend an. Beschwingt füllt Paul seine Lungen mit frischer Luft und bleibt immer wieder stehen, um staunend den kaum sichtbaren Übergang von Wasser und Horizont zu betrachten. Als er den Leuchtturm erreicht, blickt er sich suchend um. Von Anka fehlt noch jede Spur und so klettert Paul ausgelassen auf einen winzigen Hügel. Mit einem Kribbeln im Bauch, legt er den Kopf in den Nacken und breitet die Arme aus. Diese Geste will er schon machen, seit er sie das erste Mal in einer Bierwerbung gesehen hat. Mit geschlossenen Augen lässt sich Paul rückwärts in den Sand fallen, während er ein leises Jauchzen nicht unterdrücken kann. Auf dem Rücken liegend, genießt er die Sonnenstrahlen auf seiner Haut, bis ein Schatten sein Gesicht verdunkelt. Als er fragend die Augen öffnet, steht Kim vor ihm und sämtliches Blut weicht aus seinem Gesicht.
"Was machst du hier?", haucht er in den Wind, doch Kim lächelt nur sanft und nimmt seine Hand.
"Ich suche meine zweite Hälfte, ohne dich bin ich nur halb", ertönt die geliebte Stimme und Paul laufen Tränen des Glücks über die Wangen.
Alles wird gut, Kim ist zurück. Das Leben hat wieder einen Sinn! Nasser und nasser wird sein Gesicht, bis die Tränen schließlich auf sein Hemd tropfen.
"Lass das!"
Paul ist irritiert. Was soll er lassen?
"Ich habe gesagt, du sollst damit aufhören!", schimpft die Stimme wieder.
Paul runzelt die Stirn und blickt fragend in Kims Antlitz, das allmählich verblasst. Erschrocken streckt er seine Hand aus.
"Nein, nicht! Bitte bleib bei mir! Verlass mich nicht!"
Pauls Flehen verklingt erst, als sich eine kühle Hand auf seine Stirn legt.
"Paul, komm zu dir. Wach auf."
Verwirrt blinzelt er in den Himmel und schaut in zwei besorgte Gesichter. Die Sorgenfalten des ersten, weichen Sekunden später einem spitzbübischen Grinsen und der Junge lacht: "Paul hat im Schlaf geredet. Wie ein Baby!"
Anka tadelt ihn sofort: "Das war nicht nett von dir, Frederik! Wie würdest du dich fühlen, wenn ich dich nachts mit deiner Wasserpistole bespritze?"
Sofort ist das Lachen des Lausbuben aus seinem Gesicht verschwunden und er entschuldigt sich zerknirscht: "Tut mir leid. War nicht so gemeint."
Paul ist durcheinander, zu seinem Schrecken gesellt sich eine ungeahnte Wut. Am liebsten möchte er den Jungen schütteln und nur mühsam kann er sich zurückhalten. Doch nicht das kalte Wasser ist der Grund für seinen Zorn, auch nicht das schadenfrohe Lächeln des Kindes. Nein, es ist der unbändige Schmerz in Pauls Herzen, den
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