Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Wochenende in meiner Wohnung verbarrikadieren und sämtliche Fastfood-Lieferanten einem gründlichen Test unterziehen. Bei der herrlichen Vorstellung bekomme ich feuchte Augen, tja, das wäre mein Preis gewesen.
Als mein Blick auf die Tageszeitung fällt, erinnere ich mich an einen ähnlichen Fall, von dem ich erst vor Kurzem gelesen habe: Eine ältere alleinstehende Frau wurde erst Wochen nach ihrem Tod im Fernsehsessel aufgefunden. Ihr einziger Freund und Lebensgefährte war ein Pudel, der sein Frauchen wortwörtlich zum Fressen gern hatte. Die weiteren unappetitlichen Details habe ich verdrängt, aber Kasimir wurde nach diesem Bericht für längere Zeit ins Gästezimmer umquartiert. Zusätzlich habe ich in der gesamten Wohnung Futterdepots verteilt, nur für den Fall der Fälle. Erst vor zwei Wochen habe ich meine Angst überwunden und die Näpfe wieder entsorgt, seinem fischigen Mundgeruch von heute Morgen zufolge, muss ich allerdings etwas übersehen haben. Nun ja, wenn ich heute sterben sollte, würde ich wenigstens gefunden werden und der blöden Kordula gönne ich diesen Schock.
Selig lächelnd schließe ich die Augen, bis mich ein lautes Geräusch aufschrecken lässt. Verwirrt betrachte ich die Umgebung. Was war das und wo bin ich? Das wiederholte Surren der Türklingel beantwortet beide Fragen. Langsam richte ich mich auf, mir ist schwindelig und ich fühle mich schlapp.
Inzwischen entsteht Radau vor der Tür. Ein dumpfes Hämmern ist deutlich zu vernehmen, begleitet von Kordulas energischer Stimme: "Mach auf Charly, wir wissen, dass du da bist!"
"Verdammt."
Ich stöhne auf. Das darf nicht wahr sein. Ein Blick auf mein Handgelenk bestätigt die Befürchtung: fünf Uhr. Die Mädels sind da.
Das Bollern wird lauter und ich schlurfe fluchend zur Tür. In diesem Haus trommelt man nicht an Türen, jedenfalls nicht ohne anschließend den Herren in grün einen Kaffee anzubieten. Hier achtet jeder auf jeden, scheinheilig wird dieses Schnüffeln auch nachbarschaftliches Verhalten genannt. Aber wenn dein Grillfleisch verbrennt, bemerkt keiner was, denke ich bitter.
Ich öffne die Tür und starre den Haufen ungläubig an. Was ist denn hier los? Kordula ist hinter der großen Sonnenbrille und ihrem Strohhut kaum zu sehen, Elke ähnelt einem lebendig gewordenen Blumentopf und Peggy ist anscheinend einem Modemagazin der Siebzigerjahre entsprungen. Der Schock steht mir ins Gesicht geschrieben, doch das gegenüberstehende Lager sieht nicht weniger erschrocken aus.
"Charly, was geht denn mit dir ab?"
Kordula findet als Erste ihre Sprache wieder.
"Und mit euch?", frage ich bissig zurück.
"Wir haben dir doch gesagt dass wir auf das Sunshine-Konzert gehen!", motzt Elke. Und an den Hippie gewandt: "Hast du doch, Peggy, oder?"
Diese schaut verdattert drein: "Ich, wieso ich? Du wolltest doch …"
Bevor schlechtes Gewissen oder gar eine Entschuldigung aufkommen kann, unterbricht Kordula den Trubel.
"Egal, jetzt lasst uns erst einmal reingehen", sagt sie und schiebt sich an mir vorbei durch die Tür. Dabei wirft sie einen missbilligenden Blick auf meine Aufmachung.
"Und was dachtest du, wo wir hingehen? Auf die Müllkippe?"
Die anderen lachen und meine Wut wächst.
"Ich habe geschlafen. Habt ihr ein Problem damit?"
"Nee, nee, was soll man denn auch sonst an einem Samstag machen?", kichert Peggy und durchstöbert meinen Kühlschrank nach Hochprozentigem.
"Stimmt, warum ausgehen, wenn man auch verfaulen kann?", stimmt Elke zu.
Triumphierend fördert Peggy eine Wodkaflasche zu Tage und füllt eifrig die Gläser mit Eis.
"Also hopp Charly, mach dich fertig. Wir werden uns so lange irgendwie die Zeit vertreiben."
Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Die Dreistigkeit, mit der die Bande hier einfällt, verschlägt mir die Sprache. Mein ohnmächtiger Zustand wird gnadenlos ausgenutzt und so werde ich wehrlos von Kordula ins Bad geschoben.
"Keine Sorge Liebchen, wie teilen uns die Arbeit. Du kümmerst dich um den Teil oberhalb deiner Schultern und wir um den Rest", lacht sie und schließt vor meinem verdutzten Gesicht die Tür.
Erschöpft sinke ich auf den Wannenrand und überlege, ob ich mich ergeben oder Tabula Rasa veranstalten soll. Ich hätte große Lust, ins Wohnzimmer zu stürmen und die drei vor die Tür zu setzen, den Kater vielleicht auch. Da würden die ganz schön blöd aus der Wäsche schauen und mich zukünftig etwas ernster nehmen. Mein Entschluss ist gefasst, ich springe auf und haste zur Tür. Dabei fällt mein Blick in den
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