Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
bahnbrechende Neuigkeit sein, von der hier jeder spricht? Über die jeder Bescheid weiß, außer der guten alten Charlotte Wiese?
Suchend sehe ich mich in dem Großraumbüro um, kann aber keinen weiteren Anhaltspunkt entdecken.
"Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Frau Wiese?", ertönt eine spitze Stimme in meinem Rücken. Ich drehe mich um und blicke in das musternde Gesicht von Frau Wolff, der Zimmerkollegin von Emma.
"Ich will zu Emma Reiss!", sage ich so hochmütig wie möglich
Demonstrativ schaut die zwei Meter Frau auf Emmas Stuhl.
"Nun, ich glaube, die ist gerade nicht an ihrem Platz", entgegnet sie in gleichem Tonfall. Fassungslos über so viel Unhöflichkeit öffne ich meinen Mund, um etwas Böses zu erwidern. Da fällt mein Blick auf den riesigen Obstkorb neben Emmas Bildschirm. Schlagartig muss ich lächeln. Startet unser Dickerchen wieder einmal eine Diät? Das wundert mich nicht, nachdem sie derart unvorteilhaft auf dem Cover unserer monatlichen Mitarbeiterzeitung abgebildet wurde. Wann werden es Fotografen endlich begreifen, dass man dicke Menschen nicht in die vorderste Reihe stellt? Versonnen streiche ich über den Korb.
"Kein Problem, ich komme einfach später wieder", flöte ich sanft und fasse dabei einen Entschluss. Heute verbringe ich meine Mittagspause im Park. Das Wetter ist einfach zu schön, um ständig im Büro zu sitzen. Die frische Luft ist sicher herrlich und eine willkommene Abwechslung zu den trüben Gesichtern innerhalb dieser Mauern. Außerdem legt unsere Emma, während ihrer regelmäßigen Diätversuche, wöchentlich einen Obsttag ein, den sie immer im Park verbringt, um der Versuchung in der Kantine zu entgehen. Bestimmt wird sich der Mopskopf über ein wenig Gesellschaft freuen. Schon des Öfteren habe ich sie von meinem Bürofenster aus beobachtet, wie sie hungrig die Enten im Park anstarrte, während sie missmutig an einer Karotte nagte. Nur der liebe Gott weiß, ob sie es in solchen Momenten auf deren Brot oder die Enten selbst abgesehen hat.
Jetzt muss ich aber dringend in mein Büro, Frau Grube wird bestimmt schon da sein. Wenn ich heute auch nur das kleinste Kichern von ihr höre, wird sie Bekanntschaft mit meinem Absatz …
Huch, da kommt Emma! Was für ein toller Zufall, da kann ich sie gleich über unsere gemeinsame Mittagspause informieren.
Doch Emma läuft nicht, Emma rennt. Mit ängstlichem Blick verfolge ich ihre schweren Schritte, die sich mir unaufhaltsam und bedrohlich nähern. Feiert etwa ein Kollege seinen Geburtstag und verteilt Gratistorte mit Sahne? Sie wird doch hoffentlich standhaft bleiben und unseren Obsttag nicht vergessen! Ich werde sie gleich mal daran erinnern, dafür sind Kolleginnen schließlich da.
"Hallo Emmaaa", setze ich an, weiter komme ich nicht. Mit einem gehetzten Kopfnicken werde ich abgekanzelt, während das Mammut an mir vorbei in sein Büro saust und die Tür vor meiner Nase schließt. Was um alles in der Welt war denn das? Mit dümmlichen Gesicht stehe ich vor der verschlossenen Tür und mein Lächeln tut mir langsam weh.
Drinnen wird es schlagartig laut.
"Emma, gut dass du kommst, Herr Brunner ist ganz außer sich. Hast du die Unterlagen vom Luckylife-Projekt gesehen?", vernehme ich dumpf durch die dünnen Wände.
"Ich weiß, ich weiß", höre ich Emma japsen, "die Neumann hat vorhin schon angerufen, anscheinend waren sämtliche Entwürfe auf dem Weg zur Rein-zeichnung an uns. Jetzt sind sie verschwunden und niemand will es gewesen sein."
Eine zweite Stimme schnaubt verächtlich: "Wie jedes Mal, die Vorzimmerdamen der HH versuchen wieder einmal ihren Hintern zu retten."
Emma ist zu gestresst um darauf einzugehen.
"Was sollen wir bloß tun? Ich habe schon das ganze Büro auf den Kopf gestellt."
Die letzten Worte kann ich vor lauter Schnaufen kaum noch verstehen. Ich grinse in mich hinein. Lieber mehr Treppen laufen und weniger Donuts futtern, möchte ich am liebsten durch die Wand brüllen, kann es mir aber im letzten Moment verkneifen. Das wäre nicht nett von mir, auch wenn es der Wahrheit entspricht. Und außerdem könnte Emma dann bei unserer gemeinsamen Mittagspause etwas verschlossen sein. Wer weiß, wie empfindlich und nachtragend solche Dickerchen an ihren Diättagen sein können. Also lieber auf die Zunge gebissen und weiter die Ohren gespitzt.
Emma fiept inzwischen weinerlich: "Du hättest hören sollen, wie wütend die Neumann war. Wenn die Mappe nicht auftaucht, könne sie ihre Koffer packen, hat sie gemeint. Und dann hat sie
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