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Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Titel: Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorna Sternekieker
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lauten "Plopp" signalisiert mein Programm den Eingang einer als äußerst wichtig eingestuften Meldung. Als ich Frau Grube einen triumphierenden Blick zuwerfen will, ploppt es auch bei ihr. Mist!
Gespannt lese ich den Inhalt der Nachricht und mein Gesicht hellt sich auf. Höhö, die Vorstandsassistenz genießt nicht länger das ungebrochene Vertrauen unserer Vorgesetzten. Warum würden diese sonst mit einem Rundschreiben die gesamte Belegschaft um Hilfe und erhöhte Aufmerksamkeit bezüglich der verloren gegangenen Unterlagen bitten? Zufrieden lehne ich mich zurück und stelle mir die von roten Nervositätsflecken gezeichneten Hälse der Damen vor. Wie die hektischen Hände verzweifelt jede Schublade zum zehnten Mal öffnen, sich die Münder gereizte Hinweise zurufen, während die Köpfe suchend über umgestülpten Papierkörben schweben. Ob es gar zu Handgreiflichkeiten kommt? In solchen Ausnahmezuständen kann ja alles passieren.
Eine andere wichtige Frage interessiert mich brennend: Wer wohl der Hauptmops in dieser Affäre ist? Irgendjemand muss die Mappe als Letzter in der Hand gehalten, sie ins Postzimmer gebracht und dort dem Verteilsystem überlassen haben. Solch ein wichtiges Dokument nicht persönlich zu überbringen, ist ein gewaltiger Patzer! Damit sind wir wieder beim Thema Technologie. Im Gegensatz zu damals, wird heute die gesamte Hauspost in das Hauptlager im Untergeschoss geleitet, wo ein hochintelligentes System die Weiterleitung in die entsprechenden Abteilungen übernimmt. Früher wurden vielleicht mehr Fehler begangen, aber man wusste allzeit, wer der Verantwortliche war und konnte denjenigen zur Rechenschaft ziehen.

Lautes Hupen erregt meine Aufmerksamkeit und ich registriere amüsiert, wie ein parkendes Auto dem LKW der Firma Reisswolf den Weg versperrt. Der kurzgewachsene Fahrer erinnert an Rumpelstilzchen, wie er mit hochrotem Kopf um den Wagen hüpft und mit seinem Nerven sichtlich am Ende ist. Ich kann ein Glucksen nicht unterdrücken. Der Anblick ist zu komisch, da kann Frau Grube mich noch so vorwurfsvoll anschauen.
"Achtung, eine wichtige Durchsage", ertönt nun unsere Sprechanlage. "Der Fahrer des PKW mit dem Kennzeichen B-RF-5765 möchte bitte dringend sein Auto umparken, sein Fahrzeug versperrt der Firma Reisswolf den Weg."
Noch während sich die Ansage ein zweites Mal wiederholt, sehe ich eine hochrote Emma mit dicken Waden in viel zu kurzem Rock die Straße entlang eilen. Umständlich entschuldigt sie sich bei dem mürrischen Fahrer und steigt in ihr Auto. Mein Glucksen wird lauter und geht in ein Kichern über, jetzt reicht es Frau Grube.
"Das ist doch Emma Reiss aus der Grafikabteilung! Die Ärmste! Ich habe sie neulich in der Kantine getroffen, sie ist sehr nett", meint sie anklagend und verteidigend zugleich in meine Richtung.
Natürlich in der Kantine, wo soll man Emma auch sonst antreffen, bin ich versucht zu antworten, brumme aber nur leise eine Zustimmung. Die Herrschaft über mein Sprachzentrum scheine ich wiedererlangt zu haben und ich atme erleichtert auf.
Schlagartig stutze ich. Das ist es! Das Brett vor meinen Augen lockert sich und der Schuppen fällt mir auf den Kopf. Die Bäume werden glasklar und ich kann den Wald nun deutlich sehen. Charlotte, reiß dich zusammen!
Regungslos sitze ich senkrecht auf meinem Stuhl, aus Angst der Geistesblitz könne sich wieder in Luft auflösen. Das untere Lid meines rechten Auges beginnt rhythmische Gymnastikübungen und ich versuche mich zu beherrschen. Nach ein paar Sekunden in dieser Haltung, springe ich so heftig von meinem Stuhl, dass dieser nach hinten gegen das Sideboard knallt. Frau Grube ist nun endgültig von einem geistigen Zusammenbruch meinerseits überzeugt und hebt ängstlich eine Augenbraue. Mit der linken Hand umklammert sie panisch ihren Kaffeebecher, indes sie mit der anderen vorsichtig nach dem Telefon tastet. Wohl um Hilfe zu holen, hebt sie den Hörer ab, doch mein irrer Blick lässt sie stoppen.
Mein Verstand läuft auf Hochtouren, während ich nach einer brillanten Ausrede suche, um das Zimmer verlassen zu können.
"Ich muss mal", nuschle ich geistreich über den Tisch und haste zur Tür. Selbstverständlich eile ich nicht auf unsere Toiletten, hier würde mich Frau Grube als Erstes suchen. Ohne meinen Schritt abzubremsen, flitze ich zu den Räumen auf der anderen Seite des Ganges. Während ich voller Adrenalin über ein Kabel auf dem Boden springe, komme ich mir vor, wie Keanu Reaves in Matrixx. Unzerstörbar

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