Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
gedroht, dass sie nicht alleine gehen würde."
Im Nu ist das ganze Großraumbüro auf den Beinen und schnattert wild durcheinander.
"Das ist ja unerhört, was für eine Frechheit!"
"Hört auf mit dem Gezeter und lasst uns lieber suchen!"
"Hast du in der obersten Schublade …"
"Ja, da habe ich doch als Erstes …"
"Und im Rollcontainer, den ganz links, meine …"
"Jaaa, ich sagte doch, da habe ich schon geschaut."
Ich muss mir die Ohren zuhalten, so schrill und laut plärren die Stimmen.
"Seid still!", ertönt es plötzlich laut aber bestimmt. "Niemand wird hier entlassen. Und dieses Chaos hilft uns auch nicht weiter. Lasst uns ruhig und systematisch bei der Suche vorgehen. Sollten die Unterlagen bis heute Nachmittag nicht auftauchen, überlegen wir uns einen neuen Plan, okay?"
Stille kehrt ein und ich vermute, dass die Damen mit offenem Mund zustimmend nicken. Ich bin ein wenig traurig über das verfrühte Ende der Panikwelle, ohne die Professionalität von Frau Wolff wären die Mädels ziemlich aufgeschmissen.
Lange hält mein Schwermut jedoch nicht an, die eben gewonnene Information ist viel zu wichtig. Jetzt ist mein Scharfsinn gefragt, ich werde nicht umsonst "das Wiesel" genannt.
Fassen wir doch mal zusammen: Das halbe Haus ist in heller Aufruhr, aufgrund des Verlustes von Entwürfen, die ein gewisses Luckylife-Projekt betreffen. Wenn man den Intelligenzallergikern aus der obersten Etage Glauben schenkt, sind diese leider schade auf dem Weg zu Emma verloren gegangen. Emma hat ihren Job nicht durch ihre Backkunst erworben und augenscheinlich hat sie sich auch nicht nach oben geschlafen. Um ehrlich zu sein, ist Emma eine unserer besten Grafikerinnen. Ich hielt es noch nie für besonders nennenswert, eine fertige Idee, die aus genialen Köpfen entsprungen und als Umriss zu Papier gebracht worden ist, noch einmal aufzuhübschen. Aber ich kann mir auch nicht um die Daseinsberechtigung jedes Mitarbeiters Gedanken machen.
Fakt ist, wenn die mysteriösen Unterlagen derart wichtig und mir dennoch unbekannt sind, muss es sich um eine neue Kampagne und im besten Fall um einen neuen Kunden handeln. Ich bekomme eine Gänsehaut, als mir das Zusammentreffen von heute Morgen wieder einfällt. Bei dem ungewöhnlichen Auflauf von Krawatten- und Nickelbrillenträgern, muss es sich um die neuen Auftraggeber gehandelt haben. Und Herr Brunner hat es nicht einmal für nötig gehalten, mich angemessen vorzustellen. "Frau Wiese" hat er mich nur genannt. Ohne Funktion oder Stockwerk, ich könnte ebenso gut unsere Klofrau sein. Das würde auch hervorragend zu der Zeitschrift unter meinem Arm passen, na super!
Nur mühsam unterbreche ich mein Schmollen, das hilft mir jetzt nicht weiter. Wahrscheinlich war Herr Brunner nur zu nervös. Hätte ich gewusst, dass es sich um ein derart bedeutendes Treffen handelt, hätte ich ihm ermutigend zuzwinkern können. Selbst schuld!
Doch zurück zu meinem Problem. Für mich steht der Fall fest, ich muss diese Mappe finden! Mit Unterlagen, die, sollten sie - Gott bewahre - verschwunden bleiben, die halbe Assistenz der Geschäftsleitung auf die Straße setzen, ließe sich doch etwas anfangen! Ich wüsste, in welchem Mülleimer ich die Aufzeichnungen entsorgen würde.
Oder besser! Ich kann es förmlich vor mir sehen: Die HH beraten sich panisch in einem wichtigen außerplanmäßigen Meeting, indessen die Assistentinnen heulend auf dem Flur sitzen - also die, die noch nicht entlassen wurden. Dann kommt mein Auftritt. Kühn marschiere ich in das Sitzungszimmer und ziehe, während mich alle Anwesenden erstaunt anstarren, selbstbewusst aber dennoch bescheiden, die begehrte Mappe hinter meinem Rücken hervor. Mit einem geheimnisvollen Zwinkern drücke ich die Unterlagen Herrn Brunner, dem die Tränen in den Augen stehen, in die Hand. Er muss sich erst setzen, bevor ihm klar wird, wer gerade das gesamte Unternehmen gerettet hat. Dann stürmt er auf mich zu, die Umarmung drückt mir die Luft weg und ich kann erkennen dass er sich nun vielmehr Freudentränen aus den Augenwinkeln wischen muss.
Bei dieser Vorstellung wird mir ganz leicht ums Herz. Die huldvolle Charlotte Wiese. Die stets ergeben der Firma zur Seite steht. Und mit ihrem Einsatz die Belegschaft bereits das eine oder andere Mal gerettet hat - übertrifft sich selbst.
Ich kann förmlich die Gedanken der HH lesen: War Frau Wiese nicht schon immer fundamental wichtig für das Unternehmen? Und dennoch hat sie damit noch nie geprahlt. Sich nie in den
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