Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
Vordergrund gespielt, die gute Frau Wiese. Hätten wir doch nur einen angemessenen Platz im obersten Stockwerk. Doch halt, hier gibt es doch wieder einige Stellen zu besetzen.
Lautlos grinse ich in mich hinein, während ich mein Schicksal erkenne. So fühlt es sich also an, wenn man seine Bestimmung findet. Noch ewig könnte ich mit dem Ohr an der Tür stehen und mir meine rosige Zukunft ausmalen. Doch jetzt muss ich handeln und zwar sofort, bevor die Hühner die Akte finden.
Ich düse in mein Büro, um dort in Ruhe nachzudenken.
Als ich die Tür öffne, schaut mich Frau Grube erwartungsvoll an. Demonstrativ tippt sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk und blickt bedeutungsschwanger auf die Zeitschrift in meiner Hand. Ich schnappe nach Luft, bevor ich vor Empörung rot anlaufe und mich gleichzeitig darüber ärgere. Geheimnisvoll wollte ich ursprünglich eine morgendliche Sitzung bei den Geschäftsführern andeuten, doch mit der Gesichtsfarbe eines vollmundigen Burgunders, verliere ich erheblich an Glaubwürdigkeit. Da bricht Frau Grube in schallendes Gelächter aus und ich registriere, dass ihre Pantomime ein Witz sein sollte. Verächtlich schnaube ich auf, den Humor mancher Menschen, verstehe ich einfach nicht. Wobei mich der unangebrachte Lachanfall meiner Kollegin eigentlich nicht überraschen sollte, selbst eine Lachmöwe könnte bei Frau Grube noch in die Lehre gehen. Bevor mir eine schlagfertige Entgegnung einfällt, klingelt das Telefon und Frau Grube wendet sich ab.
"Ja Herr Weber, ich bringe es gleich zu Ihnen. Natürlich persönlich, ist doch klar bei einem so wichtigen Dokument!"
Ein künstliches Lachen folgt und ich wende mich, angewidert von so viel Perfektionismus, ab. Was ist bloß aus den guten alten Neulingen geworden, die schüchtern, voller Respekt und noch wichtiger, voller Selbstzweifel waren? Die von den alten Hasen zu lernen versuchten, an deren Lippen hingen und kein Wort der Widerrede wagten? Aber nö, das kommt der neuen Generation gar nicht in die Tüte! Die liest nicht gerne Lippen, die redet lieber selber. Und entwirft dann, nach einer winzigen Einarbeitungswoche, ganze Listen von Verbesserungsvorschlägen. Mit lauter Studiumklugscheiß, wie man den Aufwand verringern, die Kosten senken oder gar Abläufe besser strukturieren könnte. Ohne vorher auch nur ansatzweise …
Frau Grubes erschrockener Blick rüttelt mich wach und macht mir bewusst, dass ich mit meinen Zähnen knirsche, während ich sie wild anstarre. Augenblicklich verziehe ich mein Gesicht zu einem schiefen Grinsen und hieve einige Akten von meiner rechten Schreibtischseite auf die linke.
Da passiert es, ein weiteres Mal schlägt das Schicksal zu! Während ich interessiert aus dem Fenster schaue, um Frau Grubes prüfendem Blick zu entkommen, beobachte ich die Firma Reisswolf, wie sie mit ihrem LKW von unserem Hof fährt. Das Unternehmen ist mir von früher bekannt, als ich persönlich noch sämtliche wichtige Dokumente in unsere Verfilmungsabteilung gebracht und daraufhin vernichtet habe. Das ist eine oft unterschätzte, jedoch sehr wichtige Aufgabe. Alle unsere Entwürfe sind top secret, auch die, welche wir letztlich nicht verwenden. Die Werbebranche ist ein Rudel Hyänen, das nur darauf wartet, sich auf einen liegen gelassenen Brocken Fleisch der Konkurrenz zu stürzen. Daher wandern all unsere Schriftstücke in einen großen Container, wo sie gesammelt und anschließend von einer Firma peinlich genau zerschreddert werden.
Ehrfurchtsvoll schaue ich dem großen Lastwagen hinterher, der über das Ende von so manch genialer Idee entscheidet. Was einmal in dessen Bauch landet, kommt nie wieder heraus. Diese Endgültigkeit ist erschreckend. Doch seit damals ist viel Zeit vergangen. Technischer Fortschritt ersetzte zwischenzeitlich diese Tätigkeit und mit dem Einsatz komplizierter Verteilsysteme, ist auch das Betriebsklima unpersönlicher geworden. Durch den ausbleibenden menschlichen Kontakt, erfährt der Mitarbeiter von heute kaum noch Neuigkeiten aus anderen Abteilungen und schmort informationstechnisch häufig im eigenen Saft.
Ein lautes Brummen entweicht meinem Hals und Frau Grube und ich schauen uns erneut entgeistert an. Ich muss unbedingt an mir arbeiten und mein Sprachzentrum in den Griff bekommen. Sonst beginne ich irgendwann noch meine Visionen laut vorzutragen oder auf meine Bluse zu sabbern, wenn ich einen Geschäftsleiter sehe. Wieder rettet mich die moderne Kommunikation, dieses Mal in Form einer E-Mail. Mit einem
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