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Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne

Titel: Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorna Sternekieker
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sitzt die ganze Bande beim Frühstück. So selbstsicher wie es mit einem feuerroten Kopf möglich ist, betrete ich den Raum und stelze umständlich durch das Schweigen zur Kaffeemaschine. Die unangenehme Stille dauert nur wenige Sekunden, dann greift ein Mutiger das Thema wieder auf.
"Also, ich besorge heute Mittag die Blumen und Mandy, du machst die Karte. Ich würde Evi gerne heute besuchen, wenn es euch recht ist. Morgen hat mein Sohn seinen Klavierunterricht."
Das ist typisch für Frau Bender. Egal in welcher Situation sie sich befindet, sie schafft es immer wieder, von ihren übertalentierten Kindern zu sprechen. Es geht sogar das Gerücht herum, sie habe auf der Beerdigung ihrer Oma in die Grabrede einfließen lassen, dass die himmlischen Geigen hoffentlich so fantastisch klingen wie die musikalischen Ergüsse ihrer talentierten Tochter Laura.
"Prima, dann geh ich morgen, heute muss ich nämlich auf meine Kleinen aufpassen", sagt Olli, unser Singlepapa.
Natürlich nicht ohne einen sensiblen Augenaufschlag in Richtung des Büroflittchens Mandy. Diese zupft demonstrativ an ihrem kurzen Bleistiftrock. Hätte Olli früher erkannt, dass die Rolle des alleinerziehenden Vaters seine Eintrittskarte in alle möglichen Frauenbetten ist, hätte er gewiss schon eine Woche nach der Hochzeit die Scheidung eingereicht.
"Ich kann auch erst morgen", zwinkert Mandy und mir wird schlecht.
"Leute, wir müssen uns abstimmen. Eine Hälfte geht heute, die andere morgen."
Meine Neugier wächst und ich lasse mir ausgiebig Zeit mit meinem Kaffee. In Zeitlupe gieße ich Milch in meine Tasse während ich die Ohren spitze.
"Am besten legen wir eine Liste aus, dann kann sich jeder erst einmal eintragen. Hinterher schauen wir, dass es ausgeglichen ist", unterbricht Frau Kehrmann mit entschiedener Stimme den Tumult. Sie hatte schon immer ein Talent für emotionslose Problemlösungen. Leider hat sie aber auch schon immer eine recht tiefe Stimme und sehr maskuline Gesichtszüge, die ihr zu dem Spitznamen Frau Mehrmann verhalfen.
Nachdem ich nichts mehr finde, was ich in meinen Kaffeebecher füllen kann, bewege ich mich widerstrebend in Richtung Tür. Mich interessiert brennend, wovon der Haufen spricht, ich traue mich aber nicht nachzufragen. Komisch, obwohl ich nichts verbrochen habe, fühle ich mich nach der Auseinandersetzung mit Frau Grube schuldig.
Der Rest des Vormittags verläuft schweigend. Ich versuche betont kollegial zu sein, Frau Grube übt sich im gegenteiligen Verhalten.
Irgendwann muss die angespannte Atmosphäre auch ihr zu dumm sein und sie sagt: "Die Liste für Evi liegt in der Küche aus. Vielleicht möchten Sie ihr einen Besuch abstatten."
Der vorwurfsvolle Unterton ist nicht zu überhören und ich verspüre große Lust, Frau Grube durch unser Laminiergerät zu jagen. Stattdessen beschließe ich, mich nicht provozieren zu lassen und mit gutem Willen voran zu gehen. Eventuell ist meine neue Kollegin nur etwas überarbeitet, der Job in unserer Abteilung ist ziemlich anspruchsvoll. Und man hört ja immer öfter von diesem sogenannten Burnout Syndrom. Ich sollte ihr bei Gelegenheit die Nummer von unserem Betriebsarzt zuschieben. Da wird sie ganz schön blöd gucken, wenn sie von ihm die Diagnose erfährt.
Zuckersüß lächelnd frage ich: "Um was für eine Liste handelt es sich denn?"
"Na, wegen dem Besuch bei Evi. Daneben steht eine Sammelbüchse für ihr Geschenk, jeder kann so viel geben, wie er möchte."
Frau Grubes Blick nach zu urteilen, sollte ich mindestens ein Monatsgehalt spenden, dabei weiß ich nicht einmal, was ich falsch gemacht haben soll. Sie kann doch unmöglich von meiner gestrigen Aktion wissen.
Oder doch? Hat sie mich etwa beobachtet? Weiß sie von meinem Alleingang und hat die Mappe sogar absichtlich dem Dickmops zugespielt, um so von sich abzulenken? Das dürfte nicht allzu schwer gewesen sein. Evi in die Nähe einer Keksdose zu locken, gleicht dem Aufstellen einer mit Speck bestückten Mausefalle. Argwöhnisch mustere ich das sommersprossige Gesicht meiner Zimmergenossin, kann aber nicht die Spur eines schlechten Gewissens entdecken. Abermals beschließe ich Frau Grubes unverschämtes Verhalten zu ignorieren und tänzle mit gezücktem Geldbeutel aus dem Büro. Mir ist schleierhaft, was für ein Spiel hier gespielt wird, aber bis ich das herausgefunden habe, werde ich ihr keinen Anlass für einen weiteren Ausbruch geben. Wer weiß, wie schwerwiegend die psychischen Schäden eines Burnout Patienten sind, ich

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