Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
niederlassen können. Aber Ablenkungen kann ich jetzt nicht gebrauchen. Und bei meinem Glück würde die Alte mit der Sammelbüchse wieder erscheinen und mich mit dem entliehenen Buch verdreschen. Nachdem ich meine Tasse geleert und die Alicia gelesen habe, raffe ich mich auf. Sorgsam lege ich mir einen Block und mehrere angespitzte Bleistifte zurecht, dabei fühle ich mich wie ein Marketingstudent kurz vor seiner Abschlussprüfung. Als Krönung setze ich mir eine alte Lesebrille auf die Nase. Die Gläser sind zwar aus Fensterscheiben - aus der Zeit, als Brillen in Mode waren - aber sie vermittelt mir das richtige Gefühl und das ist jetzt wichtig. So, jetzt noch ein rotes Tuch in das Haar gebunden und es kann losgehen. Enthusiastisch beuge ich mich über das Buch, muss jedoch sofort wieder abbrechen. Die Brille ist zu eng und verursacht schmerzhafte Druckstellen. Als ich sie höher auf den Kopf schieben will, verfängt sich in meinem Tuch. Verdammt! Na gut, dann muss es eben ohne Tuch und Brille gehen. Und ohne weitere Störungen.
Apart schaue ich mich nach Kasimir um, der das Geschehen bisher nur misstrauisch aus der Ferne beobachtet. Als sich unsere grünen Augen treffen, schaut er betont gelangweilt aus dem Fenster und ich muss unwillkürlich an den Bibliothekar denken. Ich wette, wenn Katzen ihre Augenbrauen abfällig in die Höhe ziehen könnten, hätte Kasimir seine Lieblingsgeste entdeckt. Aber ich kann mich jetzt nicht um meinen verzogenen Kater kümmern, immerhin muss ich eine wichtige Kampagne planen, geschäftig schlage ich die ersten Seiten auf.
Hmm, Grundlagen des Marketing … Bedürfnisse … Angebot und Nachfrage…
Alles Urschleim, damit muss ich mich nun wirklich nicht aufhalten.
Das nächste Kapitel beschreibt die Entwicklung des Marketing. Geschichte habe ich schon in der Schule als Erstes abgewählt. Ich blättere weiter zum nächsten Thema. Marktforschung – das richtige Werkzeug.
Was für ein Blödsinn, die Märkte sind doch längst erforscht, sehe ich etwa aus wie Kolumbus? Diese sogenannten Forscher sollten lieber etwas Nützliches entwickeln - wie zum Beispiel ein Mittel gegen arrogante Verhaltensmuster bei Haustieren.
Aufgaben … Ziele …
Alles nur hochgestochenes Blabla, das bringt mich nicht weiter. Zuversichtlich schaue ich auf die durchgearbeiteten Seiten, nahezu ein Drittel des Buches habe ich hinter mir. Das geht ja schneller als ich dachte, ich sollte mir zur Belohnung eine schöne heiße Schokolade genehmigen. Es ist wichtig, sich für jede gemeisterte Etappe zu belohnen.
Beschwingt widme ich mich eine halbe Stunde später wieder dem Buch. Jetzt aber Butter auf die Brote, endlich gelange ich zu den wichtigen Themen:
Das Marketingkonzept. Gewissenhaft notiere ich die wichtigsten Stichpunkte: Situationsanalyse, Unternehmensanalyse, Marktanalyse, Umfeldanalyse.
Von der vielen Schreiberei tut mir allmählich die rechte Hand weh, also massiere ich meine Finger und schaue gähnend aus Fenster. Vor der Balkontür sitzt Kasimir und schaut mich triumphierend an.
"Gibst du schon auf?", wollen mir seine belustigt funkelnden Augen sagen. Sein Blick gibt mir den nötigen Ansporn und ich lese umgehend weiter.
Qualvoll arbeite ich mich durch langweilige Definitionen, nur um festzustellen, dass mir die Seiten keine große Hilfe sind. Wie bei einem Daumenkino, blättere ich das Buch in wenigen Sekunden durch und lege es anschließend resigniert aus der Hand. Was für eine blöde Idee! Wie sollen mir denn die Arten des Kaufverhaltens und die verschiedenen Verfahren der Preisbildung weiterhelfen? Außerdem sind die Erklärungen so langweilig, dass ich den ganzen Spaß an der Sache verliere.
Genervt schalte ich den Computer an. Möglicherweise gibt es eine nette, kleine Zusammenfassung im Internet? Ich kann doch nicht die Einzige sein, die im Schnelldurchlauf das Marketingmanagement erlernen möchte.
Die Startseite baut sich langsam auf und eine Schlagzeile springt mir sofort ins Auge: Verletzte bei Massendemonstration- Luckylife spaltet die Nation.
Rasch klicke ich den Artikel an und lese die beunruhigenden Neuigkeiten.
Bei einer Protestkundgebung gegen die Baupläne des Luckylife-Centers wurden Dutzende friedlicher Demonstranten durch den unverhältnismäßigen Einsatz von Wasserwerfern verletzt. Die Proteste am frühen Abend richteten sich gegen den Abriss des jahrhundertealten Parkabschnitts und die damit verbundenen Ausrottung des Hurtenkäfers. Viele Kaninchen und Bäume sind ebenfalls
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