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Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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erklärte sie mit leiser Stimme, »dennoch wurde er misstrauisch.«
    »Weil du nicht wachsam genug gewesen bist!«, fiel er ihr ins Wort. »Meine Leute haben mir berichtet, was in Abu Kemal geschehen ist! Nicht viel hätte gefehlt, und unser Vorhaben wäre gescheitert! Wie konntest du in die Gewalt dieser elenden Schakale geraten?«
    »Ich weiß es nicht, Herr«, entgegnete sie. »Aber vielleicht wollt Ihr mir erklären, weshalb Eure Späher, wenn sie in der Nähe waren, mir nicht zu Hilfe gekommen sind, als diese Kerle über mich herfielen?«
    »Sie hatten den Auftrag, dich zu beschützen, und sie haben nach ihrer Rückkehr mit ihrem Leben dafür bezahlt, dass sie zu lange gezögert haben – dass es jedoch so weit kommen musste, ist allein deine Schuld. Deinetwegen habe ich diese Männer verloren.«
     »Meinetwegen?« Ihre Lippen wurden zu einem dünnen Strich. »Wäre nicht der junge Mönch Rowan gewesen, hätte ich diese Nacht wohl nicht überlebt.«
    »Sieh an.« Mit vor der Brust verschränkten Armen stand er vor ihr und schaute auf sie herab. »Höre ich da eine Spur von Dankbarkeit? Von Mitgefühl? Gar von Zuneigung? Ist dieser Rowan womöglich nicht der Einzige, der Zutrauen gefasst hat?«
    »Er ist tot«, erwiderte sie. »Als die Gefahr bestand, dass er mich durchschaut, habe ich getan, was nötig war.«
    »Du hast ihn getötet?«
    Sie nickte.
    »Elendes Balg!« Schneller, als sie reagieren konnte, schlug er zu. Seine Hand traf sie im Gesicht, der Schlag brannte wie Feuer. Noch ehe sie sich davon erholen konnte, hatte er sie bereits an den Schultern gepackt und in die Höhe gerissen. »Damit hast du auch noch die letzte Aussicht zunichte gemacht, den Priesterkönig zu finden, geht das in deinen verdammten Schädel?«
    Sie blickte in seine wutverzerrten Züge, die von der Sonne gebräunt, aber nicht die eines Orientalen waren, auch wenn seine Kleidung der eines sarazenischen Heerführers entsprach. Es war das erste Mal, dass ihr dieser Widerspruch bewusst wurde, aber es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, denn erneut klatschte seine Handfläche in ihr Gesicht und schmetterte sie zu Boden.
    »Wie konnte das geschehen?«, fuhr er sie an. »Weißt du denn nicht, was für mich auf dem Spiel steht?«
    Sie konnte sich der Tränen nicht länger erwehren, ungehemmt rannen sie ihr über die Wangen.
    »Du dummes Kind hast keine Ahnung, wie tief wir in diese Angelegenheit verstrickt sind! Glaubst du denn, Fürst Saladin wird sich mit einer einfachen Entschuldigung zufriedengeben? Dass er von seinem Vorhaben ablassen wird, nachdem ich ihm stets versichert habe, dass wir erfolgreich sein können? Nachdem ich ihn dazu überredet habe, mir einen Teil seiner Streitmacht anzuvertrauen?«
    »Bitte verzeiht, Herr«, flüsterte sie. »Bitte verzeiht.«
    »Ich soll dir verzeihen? Nachdem du die Arbeit der letzten Jahre zunichtegemacht hast? All meine Pläne?«
    »Es tut mir leid«, versicherte sie.
    »Damit ist mir nicht geholfen!«, herrschte er sie an. »Kannst du mir verraten, wie ich das Reich des Priesterkönigs jetzt finden soll? Bislang hatte ich leichtes Spiel mit diesen Narren. Alles, dessen es bedurfte, war eine goldgefärbte Feder. Sie genügte, um Königin Sibylla zu veranlassen, eine Expedition auszurüsten; um diesen alten Narren von einem Mönch dazu zu bringen, sich auf die Suche zu begeben; um Graf Raymond davon zu überzeugen, dass ich ihm die Wahrheit sage; und schließlich, um der Königin klarzumachen, dass die ersehnte Hilfe nicht eintreffen wird. Und sie alle haben dabei nicht den geringsten Verdacht geschöpft. Und jetzt kommst du, und alles ist verloren! Nur weil du deine Aufgabe nicht erfüllt, weil du nicht getan hast, worum ich dich gebeten habe?«
    »Verzeiht«, hauchte sie zum ungezählten Mal. »Ich habe getan, was ich konnte. Ich habe dem alten Mönch von meinen Träumen berichtet, und er hat das Seine dazugetan, sie zu deuten; und wann immer es möglich war, habe ich Hinweise hinterlassen, damit Eure Späher uns folgen konnten: geknickte Zweige, Steine am Wegesrand, so, wie es vereinbart war. Aber dann sind die Dinge außer Kontrolle geraten.«
    »Was ist geschehen?«
    »Wir … wir wurden überfallen.«
    »Von wem?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand sie in ihrer Not. »Sie kamen in der Nacht und überraschten uns. Und sie haben den alten Mönch mit sich geschleppt. Wir nahmen die Verfolgung auf und versuchten, ihn zu finden, jedoch vergeblich.«
    »Sind es Kämpfer der Christen gewesen?

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