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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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Abteilung haben zu können. Und dass wir uns gleich richtig verstehen, es ist nicht meine Art, den großen Kontrolletti zu spielen und jede Minute von jedem eine Berichterstattung zu erwarten. Ja, ein guter Polizist muss auch mal die Chance und die Freiheit haben, einem eigenen Gedanken, einer eigenen Idee nachzugehen. Aber seit letztem Mittwoch höre ich von dir nichts, sehe dich nur irgendwo herumwurschteln, nicht ein Bericht, nicht eine Notiz landet auf meinem Schreibtisch. Auch von Hölzinger, mit dem du zusammenarbeiten solltest, bekomme ich nur unklare Aussagen.« Stephan horchte auf. Heck fuhr fort: »Er behauptet, ihr hättet ein paar vage Spuren, die ihr noch überprüfen wollt, und ihr würdet gerade an dem Bericht darüber arbeiten. Stimmt das?«
    »Hm«, antwortete Stephan und nickte zaghaft. In Gedanken beschäftigte er sich mit der Frage, ob Hölzinger aus Beschämung über die unklaren Ergebnisse oder aus Loyalität zu ihm solch kryptische Aussagen dem Chef gegenüber getätigt hatte. Letzteres hätte er dem jungen Kollegen nicht zugetraut, so wie er ihn behandelt hatte! Er nahm sich vor, mit Hölzinger in Zukunft etwas nachsichtiger umzugehen.
    Heck sog hörbar die Luft ein und fuhr mit seinem Vortrag fort: »Auch Teilergebnisse sind Ergebnisse. Ich möchte nicht, dass wir uns so weit voneinander entfernen, dass wir uns am Ende gegenseitig bei den Ermittlungen behindern. Das kann schnell passieren. Du bist kein Anfänger mehr, sondern ein ausgebuffter Profi. Es wundert mich daher, dass du annimmst, ich würde nicht mit Frank Günther reden. Du hast ihm weisgemacht, es sei mit mir abgesprochen, dass er dir diese Schlüssel da aushändigen soll. Ich habe dich nicht auffliegen lassen, noch nicht, aber ich erwarte von dir, dass du in Zukunft in der Lage bist, zu erkennen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, mit Ermittlungsergebnissen und Vermutungen gegenüber den Kollegen herauszurücken und diese erfolgreich einzubinden, verstehst du?«
    Stephan nickte. Wieder einmal kam er sich vor wie ein zurechtgewiesener Schüler. Und wieder einmal machte es ihm Heck mit seiner verständnisvollen Art schwer, eine trotzige Gegenposition zu beziehen. Wie leicht wäre es für Heck gewesen, ihn jetzt vorzuführen, seine Verfehlungen aufzuzählen und ihn, sogar vor den Augen der Kollegen, abzukanzeln. Nichts von alldem tat er. Warum eigentlich?
    Hecks fleischiger Zeigefinger löste sich aus den auf dem Tisch verschränkten Händen und deutete in Richtung des Schlüssels. »Ich denke, du weißt, dass wir keine Zutrittsberechtigung zu dieser Wohnung mehr haben, seit die Versiegelung aufgehoben ist?«
    Stephan nickte.
    »Hat dich jemand dort gesehen?«
    Stephan schüttelte den Kopf.
    »Dann sollte dieser Schlüssel jetzt so schnell wie möglich wieder zurück zu Frank Günther, damit er den Verwandten mit den anderen Sachen ausgehändigt werden kann.« Heck beugte sich vor und streckte ihm die geöffnete Hand entgegen.
    Stephan nahm zögerlich den Schlüsselbund auf und sagte dann: »Das ist nicht der Wohnungsschlüssel der Onurhan.«
    Heck starrte ihn verblüfft an, und Stephan schilderte ihm seine Erlebnisse von Freitag und Samstag.
    Danach ließ sich Heck den Bund aushändigen und lachte bitter.
    »Da siehst du es mal, wie wenig sich solche Alleingänge auszahlen. Wir nehmen die Schlüssel zu den Asservaten und warten mal ab, ob jemand danach fragt, und wenn, werden wir demjenigen auf den Zahn fühlen. Was weißt du über diesen Florian Sauer?«
    Stephan reichte seinen Aktendeckel hinüber, und Heck vertiefte sich in die Notizen. Anschließend sah er auf: »Und du hast definitiv herausgefunden, dass der Schlüssel des jungen Mannes erst nach dem Mord am Schlüsselbrett der Wohnung hing?«
    »So bestätigt es Frank aus seinen Unterlagen.«
    Heck biss sich auf die Unterlippe und starrte zum Fenster hinaus. »Dass Schlüssel von Nachbarn in Wohnungen hängen, ist ja eigentlich nichts Ungewöhnliches. Da hilft man sich gegenseitig aus, leert den Briefkasten, gießt die Blumen, wenn der andere mal weg ist, und so weiter. Aber dass man eine Tote bittet, Blumen zu gießen, ist eher ungewöhnlich.« Dann wandte er sich Stephan zu und schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte.
    »Okay, wir bleiben dran an dem jungen Mann. Allerdings können wir ihn nicht mit illegal erlangten Informationen konfrontieren. Wir werden ihn uns vornehmen, erst mal im Rahmen einer netten, kleinen Befragung. Reine Routine, werden wir ihm

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