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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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dass ich nicht glaubte, Vera würde so etwas machen. Die schwarze Kleidung verschmolz mit der schwarzen Wand hinter ihr.
    Und hier war die Weihnachtsausgabe, die mir so gut gefiel: das rotbemäntelte Mädchen vor einem schmiedeeisernen Zaun, das eine Weihnachtskarte in einen Briefkasten steckte. Der Hintergrund war rot, und ihr Mantel ging teilweise darin über.
    Und hier war das Mädchen mit dem bernsteingelben Haar, das im bernsteingelben Wald mit einem bernsteingelb-weißen Collie spazieren ging. Wenn man sie im Ganzen sehen wollte, musste man sie sich weg von diesem Hintergrund vorstellen.
    Vielleicht kannte man ja eine Sache nie in ihrer Ganzheit, weil sie immerzu kam und ging und dem Auge nie frontal gegenübertreten mochte. Hier ein Schuh, da ein Arm. Aber, nein, nicht einmal ein Arm, denn der Ärmel, der ihn bedeckte, verschmolz mit dem Hintergrund.
    War es das, was ich versuchte? Mir Leute so tief in ihren Hintergrund hinein vorzustellen, dass sie verschwanden?
    Vielleicht war das ja die unterschwellige Geschichte.

65. KAPITEL
    Die großen Zeitungen würden mir den ersten Teil von »Stadt der Tragödien« wegschnappen, denn die Schießerei im Brokedown House und die Festnahmen von Morris Slade und Ben Queen waren so groß und bedeutend, dass sie sich nicht auf den Conservative einengen ließen. Diese Nachrichten würden es in viel größere Blätter schaffen, vielleicht sogar nach New York, wenn man bedachte, dass Morris Slade und Imogen Woodruff darin ja eine Rolle spielten.
    Dass Imogen Woodruff die treibende Kraft bei allem war, würde nicht berichtet werden. Imogen und ihr schrecklicher Vater, Lucien Woodruff. Die Einzigen, die die ganze Geschichte kannten, waren Morris Slade und Ben Queen. Der Sheriff wusste vielleicht auch Bescheid, aber ich hatte da meine Zweifel. So, wie Morris Slade sich bei unserem Gespräch auf dem Polizeirevier verhalten hatte, glaube ich es nicht. Ben Queen wäre vielleicht eher bereit, mit dem Sheriff zu reden, doch bezweifle ich, dass auch er alles erzählen würde.
    Ich wusste einiges, hatte den Rest aber noch nicht ausklamüsert.
    »Fern hat keine Kinder gehabt.«
    Das hatte Jude Stemple gesagt, vor ein paar Wochen, als einer der Ersten, mit denen ich geredet hatte.
    »Fern hat keine Kinder gehabt.«
    Im Geiste setzte ich mich wieder in den Windy Run Diner und beobachtete, wie dieser Blick zwischen denen an der Theke hin und her wanderte, Billy und den anderen.
    » Fern ging mit ihrer Mutter ein paar Monate weg.«
    »Seine ach so heilige Gattin.« Donnys Stimme.
    Eine Frau mit einem Neugeborenen will es zur Adoption freigeben: Das war eine meiner Theorien gewesen.
    » Er sagte, er wär mir was schuldig .« Dafür, dass er ihm das Leben gerettet hatte? »Nicht bloß deswegen.«
    Jude Stemple hatte Rose ganz genau beschrieben, als ich das erste Mal mit ihm geredet hatte. Er hatte das Mädchen beschrieben. Und deshalb dachte ich, es wäre Ferns Tochter.
    Und deshalb begriff ich auch, was die ganze Zeit schon klar wie Kloßbrühe gewesen war. Wie sehr Ralph Diggs Morris ähnelte, und dabei vergaß ich ganz, dass er genauso aussah wie Rose.
    »Rose.« Den Namen hatte der Sheriff gesagt, mehr nicht.
    » Seine ach so heilige Gattin«, hatte Donny gesagt, mit seinem üblichen höhnischen Grinsen.
    Wenn ich Imogen Slade wäre und herausbekäme, dass mein vermeintlich adoptiertes Baby in Wirklichkeit von meinem Mann mit einer anderen Frau war, was würde ich machen? Wenn ich, wohlgemerkt, genauso niederträchtig dächte wie Imogen und ihr Vater.
    Dann würde ich den Kleinen entführen lassen.
    Was könnte es für eine größere Strafe für Morris Slade geben als das, was geschehen war?
    Morris Slade wurde natürlich freigelassen.
    Ich weiß nicht, was mit Ben Queen passieren wird, aber der Sheriff sagte was von »mildernden Umständen«, und das heißt, glaub ich, in einer so schlimmen Lage sein, dass man gar keine andere Wahl hatte, als das zu tun, was man tat.
    Dies alles ließ ich mir auf der Zugfahrt nach Cold Flat Junction durch den Kopf gehen.
    Als der Zug im Bahnhof einfuhr, überlegte ich, Morris Slade vielleicht zu fragen, ob diese Geschichte, die ich mir da ausgedacht hatte, auch stimmte.
    Nach dem Aussteigen ging ich nicht gleich in den Windy Run Diner oder irgendwo anders hin, wo man mich bestimmt freudig begrüßen würde: zu den Queens oder Louise Landis oder Jude Stemple oder Gloria Spiker Calhoun. Ich war überrascht, dass mir noch ein halbes Dutzend andere einfielen,

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