Das Versprechen des Opals
wahrzunehmen. Sie brannte darauf und konnte nicht erwarten, was kommen würde.
»Wo sind Leo und Ihre Tochter?« Sein Blick ging suchend durch den Saal. »Ich dachte, wenn Sie bei ihnen wohnen, fahren Sie gemeinsam her.«
»Ich habe im Hotel übernachtet. Vermutlich hat Chloe wieder die Zeit vergessen«, sagte sie fröhlich. »Meine Tochter war noch nie pünktlich.« Sie tätschelte seinen Arm. »Keine Sorge, Jake!«, beschwichtigte sie ihn. »Sie werden schon noch kommen.«
»Wo haben Sie Eric gelassen?«, fragte er und griff an seine Perücke.
Miriam hatte gehofft, er würde nicht fragen. »Hab ihn nicht gefunden«, gestand sie. »Aber er wird schon wieder auftauchen. Keine Sorge.«
Jake kam nicht mehr dazu zu antworten, denn der Gerichtsschreiber befahl Ruhe. »Alle Beteiligten in der Sache Strong gegen Dempster, bitte nehmen Sie Platz.«
»Es geht los«, flüsterte Jake und nahm sie beim Arm. »Sind Sie sicher, dass Sie es wirklich tun wollen?«
Miriam strich sich über das frisch gewaschene Haar. »Allerdings. Ich habe die weite Reise ja nicht umsonst gemacht. Übernehmen Sie, Jake. Auf in den Kampf!«
Mit klopfendem Herzen setzte sie sich neben ihn. Der Gerichtssaal füllte sich, und sie registrierte mit Vergnügen, wie viele Reporter sich in die Presseloge drängten. Warme Freudedurchströmte sie, als Louise sich hinter Fiona in die Sitzreihe hinter den Anwaltstischen schob. Ihre Enkelin war anscheinend ohne Ehemann gekommen. War das ein gutes Zeichen? Hoffentlich. Sie lächelte und bemühte sich, entspannt zu bleiben, obwohl Chloe und Leo immer noch nicht da waren.
Sie richtete einen funkelnden Blick auf Brendt und seine Mutter, die mit dem Anwalt die Köpfe zusammensteckten. Miriams Nerven waren verschlissen, und die Adrenalinstöße machten sie beinahe schwindlig. Aber auf diesen Augenblick hatte sie fast ihr Leben lang gewartet, und sie war entschlossen, ihn durchzustehen.
»Die Richterin heißt Fradd-Gilbert«, flüsterte Jake. »Sie ist geradlinig wie ein Pfeil und gilt als fair. Dempsters Vertretung wollte, dass die Anhörung in camera stattfindet, aber das hat sie abgelehnt. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, wenn ein großes Unternehmen unter Betrugsverdacht gerate. Wir hätten auch eine Jury beantragen können, aber ich glaube, mit einem einzelnen Richter sind wir besser beraten – die Gefahr der Bestechung ist geringer.«
Wie auf Stichwort erschien die Richterin, eine große, schmale Frau von unbestimmbarem Alter, in einer Seitentür, und alle erhoben sich, bis sie ihren Platz eingenommen hatte. Sie musterte die Versammlung über den Rand ihrer Lesebrille hinweg. »Wenn Sie dann beginnen wollen, Mr Connor …? Ich höre, Ihre Mandantin ist gesundheitlich beeinträchtigt. Ich habe entsprechende Vorkehrungen veranlasst.«
Jake dankte ihr und führte Miriam in den Zeugenstand, wo sie sich setzen konnte.
Miriam zwinkerte ihm zu. Es war Jakes Idee gewesen, ihre Gebrechlichkeit hervorzuheben; sie hatte zunächst abgelehnt, aber dann hatte sie eingesehen, dass es ein kluger Schachzug war – und nun war sie dankbar, dass sie ihre Aussage nicht imStehen zu machen brauchte. Sie legte den Eid ab und lehnte sich zurück, die Hände leicht über den Knien verschränkt.
Jakes klare, dunkle Stimme hallte durch den Gerichtssaal. »Mrs Strong, würden Sie bitte anfangen, indem Sie dem Gericht sagen, warum Sie hier sind?«
Miriam schaute durch den Saal zu Brigid und ihrem Sohn hinüber. Sie saßen mit versteinerten Mienen da, umgeben von ihren Anwälten. »Ich bin hier, um zu beweisen, dass ich ein Anrecht auf die Hälfte des Dempster’schen Familienvermögens habe«, erklärte sie mit fester Stimme.
Jake wartete, bis das aufgeregte Gemurmel sich wieder gelegt hatte. »Vielleicht können Sie diese Behauptung ein wenig erhellen, indem Sie die Geschichte darlegen, die hinter Ihrem Anspruch steht?«
Miriam nahm einen Schluck Wasser und stellte das Glas wieder neben einer kleinen Karaffe ab, die vor ihr stand. Sie begann zu sprechen, und die Vergangenheit erstand im Saal mit der Klarheit eines Geschehens, das sich erst vor wenigen Stunden zugetragen hatte. Sie erzählte von ihren Kindheitsjahren, von den Entbehrungen und davon, wie man Funde, Proviant und Unterkunft geteilt hatte. Sie erzählte von der Beziehung zu Patrick und seiner Familie und natürlich von Kate.
»Mein Vater und Patrick Dempster waren Partner«, sagte sie schließlich. »Patrick kannte sich mit dem Bergbau
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