Das Versteckspiel (T-FLAC) (German Edition)
Hitze dicht neben ihrer rechten Wange spürte. Im gleichen Rhythmus wie ihre rasenden Herzschläge pochte die schmerzhafte Wunde am Fußknöchel. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie Kyle an.
»Leg das Schießeisen weg,
amigo
«, bat Montero in seidenweichem Ton. »Hier habe ich eine viel effektivere Waffe. «
Delanies Nasenflügel bebten, vom süßlichen Geruch des glühenden Eisens gepeinigt. Und dann zuckte sie zusammen, als sie ihr Haar knistern hörte und beißenden Brandgeruch wahrnahm. In ihren Achselhöhlen sammelte sich Schweiß. Die Zähne zusammengebissen, unterdrückte sie einen Schrei.
»Erschieß ihn doch, Kyle! «, stieß sie hervor. Das schwarze Loch seiner Waffe hob sich, und sie glaubte das andere Ende des Laufs zu sehen.
»Lass sie los, Ramon. Sofort.«
Fasziniert beobachtet sie Kyles Finger am Abzug. Sobald sie aus der Schusslinie geriet, würde er abdrücken. Da sie fast genauso groß war wie Montero, sollte sie sich besser nicht rühren. Tu´s flehte sie stumm.
O Gott, bitte, tu’s doch!
Mit angehaltenem Atem wappnete sie sich gegen den Knall.
»Falls du verhandeln möchtest vergiss es, Ramón. «
Hinter ihrem Rücken spürte sie, wie sich Monteros Muskeln anspannten. Sein Arm umschloss ihren Hals noch fester. Im süßlichen Duft seines Eau de Cologne roch sie seine Angst. Ihre staubtrockenen Augen brannten, und sie konnte nur noch an das erhitzte Eisen denken. Jeden Moment würde es ihre Wange berühren … An ihren Schläfen rannen Schweißtropfen herab. Wer jagte ihr größere Angst ein? Der Montero mit ruhiger, sicherer Hand? Oder der Montero mit nervös zuckenden Fingern?
»Deine wieder auferstandene Gespielin möchte wissen, wo sich ihre Schwester aufhält,
amigo
. « Beinahe schnürte ihr Monteros Unterarm die Luft ab, und die Hitze erlosch nicht. »Wenn ich sterbe, wird sie’s nie erfahren. Lass die Waffe fallen, oder ich steche ihr ein Auge aus. « An der Spitze des Eisenstabs sah sie den gleißenden Kobrakopf.
Eine Pattsituation.
Delanie starrte vor sich hin. Sicher wusste Kyle, was er tat. Und falls sie etwas tun sollte, würde er ihr’s irgendwie bedeuten. Während er darüber nachdachte, musste sie sich zusammenreißen, bei Bewusstsein bleiben, durfte nicht schreien oder ersticken.
»Was sie will, ist mir scheißegal. « Mühelos übertönte Kyles Stimme den Lärm der Schüsse und Hubschrauber. »Ich bin
deinetwegen
hierher gekommen, amigo. Darauf warte ich schon sehr lange. «
»Bildest du dir ein, ich würde dich begleiten? « Montero lachte laut auf. »Wie ein Lamm zur Schlachtbank?«
»Hörst du das? « Ohne die M4 zu senken, wies Kyle mit seinem Kinn auf die Geräusche hin, die das Haus umtosten. »Verabschiede dich von deinem neuen Kartell, von den Pockenviren. Die habe ich gestern vor der Besprechung vernichtet. Und jetzt lass Delanie endlich los! «
»Bezweifelst du, dass ich ihre zarte Haut verbrennen würde? «
»Wenn du’s tust, bist du eine halbe Sekunde später tot. «
»Spielt mein Tod eine Rolle, wenn deine Liebste nur mehr ein Auge besitzt? Ich verlange einen Hubschrauber mit einem Piloten und einen ungefährdeten Flug nach San Cristobal. «
Niemals hatte sie geglaubt, Kyle würde gehorchen. Als er seine Waffe beiseite warf, starrte sie ihn entsetzt an. »Nicht …«
Aber seine Augen fixierten den Mann hinter ihr. »Vorerst wird er mich nicht erschießen«, erklärte er seelenruhig.
»Um hier rauszukommen, braucht er uns beide. Nicht wahr, du kleiner Hosenscheißer? «
Montero zerrte sie näher zur Glastür und beobachtete die Männer, die im Patio umherannten. Qualvoll erhitzte das Brandeisen ihre Wangen. Noch ein paar Millimeter 一 und ihre Haut würde brennen.
»Vielleicht solltest du deinen Soldaten mitteilen, dass
du’s
bist«, schlug Kyle grimmig vor, als Montero die für öffnete. Nicht, dass er es bedauerlich fände, wenn Montero von seinen eigenen Leuten getötet würde. Aber eine verirrte Kugel konnte Delanie oder ihn selbst treffen.
Wie zum Teufel hatte der Bastard sie gefunden? Doch darauf kam es im Moment nicht an. Obwohl er ihr angstvolles Gesicht zu ignorieren suchte, spürte er den Schrei, der in ihrer Kehle aufstieg den gleichen Schreckensschrei, den er in Isabellas Haus gehört hatte. Die Augen übergroß im bleichen Gesicht, schaute sie ihn an, bevor Montero ihn mit einer knappen Geste aufforderte, zuerst hinauszugehen.
Mündungsblitze beleuchteten den Swimming-Pool, Geschosse wirbelten das Wasser auf, eine
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