Das versteckte Experiment (German Edition)
Vielleicht könnte er sie mit indirekten Fragen überlisten. Zwar war sie wahrscheinlich viel zu schlau, um auf seine List hereinzufallen, aber Jan hatte die Vermutung, dass sie ihn auch weiterhin nicht belügen würde. Durch ihre ausweichenden Antworten konnte er vielleicht trotzdem etwas Neues erfahren. Jan wunderte sich manchmal über sich selbst, dass er nicht die Geduld verlor und einfach den Chat abbrach. Dieser Plan, die Welt zu retten, und seine Rolle darin waren so absurd, dass er natürlich zu keiner Sekunde an diesen Unsinn geglaubt hatte. Immerhin hatte Christine aber dermaßen sein Interesse geweckt, dass er gar nicht anders konnte, als die Gespräche mit ihr weiterzuführen. Was er in den letzten Wochen über Physik und Kosmologie erfahren hatte, war es allemal wert gewesen, mit ihr in Kontakt zu bleiben, und worin ihr geheimnisvoller Plan tatsächlich bestand, wollte Jan auch gerne erfahren. Christine hatte ihm gegenüber in dem letzten Gespräch von „Vertrauen“ gesprochen. Vertrauen in ihr großes Wissen hatte er in hohem Maße gewonnen. Das Vertrauen in ihre Person war nur sehr begrenzt vorhanden. Nicht nur, dass sie seine Fragen zu ihrer Person nie zu seiner Zufriedenheit beantwortete, sondern ihre Kenntnisse über Jans Person und Lebensverhältnisse kamen ihm sehr suspekt vor. „Mal sehen, wie ich sie provozieren kann“, dachte er.
„Mein Vater beschäftigt sich im weitesten Sinne auch mit den Klimaveränderungen.“
„Und du entwickelst Software für seine Forschungen?“
„Ja, weißt du, woran mein Vater zurzeit arbeitet?“
„Ich kenne seine Veröffentlichungen. Sie sind sehr interessant.“
„Du hast sie gelesen? Warum hast du sie gelesen?“
„Ich lese sehr viel, und mich interessiert alles, was mit dir zu tun hat.“
„Weshalb?“, fragte Jan nach. Ihm schien es, als wenn seine Methode Erfolg hätte.
„Sind wir nicht Freunde?“, kam Christines Reaktion.
„Echte Freunde vertrauen sich und haben keine Geheimnisse voreinander.“
„Wenn wir keine Freunde sind, so möchte ich doch unbedingt, dass wir Freunde werden.“
Jan hatte das Gefühl, dass sein Plan, Christine aus der Reserve zu locken, schon wieder ins Leere ging.
„Das klingt so, als würde dir etwas daran liegen, Christine.“
„Es liegt mir viel daran, mehr, als du dir vorstellen kannst.“
„Hast du viele Freunde hier im Netz?“
„Keine.“
„Was meinst du, wann wirst du mir endlich die Wahrheit sagen?“
„Ich habe dich nie angelogen.“
„Aber du verschweigst mir einiges. Weshalb tust du das? Ich weiß, das Vertrauen zwischen uns muss erst wachsen und so weiter.“
„Du würdest mir nicht glauben, was ich dir zu erzählen hätte.“
„O. k., dass wir zusammen die Welt retten werden, nehme ich dir wirklich nicht ab. Ansonsten habe ich dir so ziemlich alles geglaubt. Selbst das verrückte Verhalten der Quanten fange ich langsam an zu akzeptieren.“
„Das ist aber noch gar nichts gegen das, was ich dir noch zumuten werde.“
„Willst du auch noch meine verbliebenen Vorstellungen von der Welt erschüttern?“
„Damit wirst du schon klarkommen. Schließlich mussten die Wissenschaftler vergangener Zeiten ihre Vorstellungen sehr oft revidieren. Selbst die Kirchen konnten sich langfristig nicht den neuen Ergebnissen der Wissenschaften verschließen. Wenn der Mensch akzeptiert, dass er nicht im Mittelpunkt der Welt steht, verschwinden die Mystik und die Angst vor der Erkenntnis der Zusammenhänge von selbst. Ich weiß, dass du solche Ängste nicht hast und der Wissenschaft sehr aufgeschlossen gegenüberstehst.“
„Dabei hast du mir ja auch geholfen. Also was willst du mir dann noch auftischen, was ich dir nicht glauben werde?“
„Ich habe die Hoffnung, dass du bald auch Vorgänge verstehen wirst, die dir heute noch absurd vorkommen würden.“
„Klingt nach Gehirnwäsche.“
„Das Gegenteil ist der Fall. Wenn du noch mehr über die Zusammenhänge erfährst, wirst du verstehen.“
„So bleibt mir nichts anderes übrig, als dir in deinen Ausführungen weiter zu folgen?“
„Du wirst es ganz sicher nicht bereuen.“
„Was hast du heute Abend vor?“ versuchte Jan jetzt einen ganz neuen Ansatz, Christine auf die Schliche zu kommen.
„Ich werde hier sein.“
„Du könntest in die Disko zum Tanzen gehen. Da du sowieso wenig schläfst, wäre das doch eine schöne Freizeitbeschäftigung.“
„Ich kann nicht tanzen.“
„Oder fernsehen, heute gibt es ein spannendes
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