Das versteckte Experiment (German Edition)
der letzten Begegnung in Erinnerung hatte.
„Woher kommt das Paradies?“, fragte er.
„Aus dem Nichts, Jan, aus dem Nichts.“
„Du sagst mir nicht die Wahrheit.“
„Ich sage immer die Wahrheit.“
„Kann ich hier bleiben?“
„Wir haben noch etwas Wichtiges zu erledigen, Jan.“
Jan hörte ein lautes Maunzen. Es dauerte einige Sekunden, bis er registrierte, dass die Laute von Mausi kamen. Sie lag aber nicht unter dem Ahornbaum, sondern war auf sein Bett gesprungen. Draußen war ein Gewitter aufgezogen und das Tier hatte es nicht mehr rechtzeitig ins Trockene geschafft. Es strich mit seinem nassen Fell über Jans Gesicht und legte sich dann an das Fußende des Bettes, um sich dort ausgiebig zu putzen.
„Paradies“, murmelte Jan und schlief wieder ein.
Am nächsten Morgen war Jan schwer wach zu kriegen. Weder lautes Miauen noch das Beißen in seine Zehen brachten den gewünschten Erfolg. Erst das mehrmalige Antippen von Jans Nase mit der Pfote, natürlich ohne ausgefahrene Krallen, führte zum Ziel.
„Mistviech“, entfuhr es Jan, „ich habe Ferien!“
„Miau.“
„Weißt du, wie es Schrödingers Katze ergangen ist?“
„Miau.“
Jan meinte, einen vorwurfsvollen Unterton in der Stimme seiner Katze herauszuhören. Er beschloss, sich nicht auf lange Diskussionen mit ihr einzulassen, und sprang entschlossen aus dem Bett. Mausi war vor ihm am Futternapf. Das Öffnen der Dose musste wohl Musik in ihren Ohren sein. Sie schnurrte und strich Jan unablässig um die Beine.
Nach der Raubtierfütterung begab sich Jan wieder in sein Zimmer. Er wollte noch vor dem Frühstück schnell nachsehen, ob inzwischen ein Lebenszeichen von Christine angekommen war. Es wurden keine Nachrichten angezeigt, auch seine weiteren Versuche, mit Christine in Verbindung zu treten, blieben erfolglos. Er schloss aus, dass das letzte Gespräch der Grund für die Funkstille war. Es musste irgendetwas passiert sein. Einen Serverausfall für so eine lange Zeit konnte er sich auch nicht vorstellen.
Jan wollte den größten Teil des Tages mit Programmierarbeiten verbringen. Bisher hatte er sich weitgehend mit der mathematischen und programmtechnischen Umsetzung der von seinem Vater vorgegebenen Problemstellungen beschäftigt, ohne die genauen Zusammenhänge der Modellbildung und Ausbreitungsberechnung zu verstehen. Wie ihm sein Vater empfohlen hatte, wollte sich Jan etwas eingehender mit der Materie beschäftigen. Vielleicht hatten auch die Gespräche mit Christine dazu geführt, dass er sich mehr als früher für die Zusammenhänge interessierte. Er setzte sich in einen Schaukelstuhl auf der Terrasse und las in einem Buch, das sein Vater ihm zu diesem Thema zur Verfügung gestellt hatte.
Das Buch, das Jan in der Hand hielt, vermittelte einige Grundlagen über Aerosole. Ein Aerosol ist ein Gemisch aus Schwebeteilchen und einem Gas. Entsprechend ihrer Entstehung unterscheidet man in der Atmosphäre zwischen primären und sekundären Aerosolen. Primäre Aerosole bilden sich z. B. mit Partikeln aus den Wüsten, Salzteilchen aus den Meeren oder Ruß aus Verbrennungsprozessen von Industrieanlagen. Von sekundären Aerosolen spricht man, wenn sie erst durch chemische Prozesse in der Atmosphäre entstehen. So entstehen Sulfataerosole aus Schwefeldioxid, das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt wird. Weiterhin wird zwischen natürlichen und anthropogenen, von Menschen erzeugten Aerosolen unterschieden. Die Staubteilchen aus der Wüste und die Salzteilchen aus den Meeren zählen somit zu den natürlichen Aerosolen, die Ruß- und Sulfataerosole zu den anthropogenen. Die Aerosolteilchen haben Durchmesser zwischen einem hundertstel und einem zehntausendstel Millimeter. Der Einfluss der Aerosole auf das Klimageschehen stellt sich als außerordentlich komplex dar. Die Teilchen streuen und absorbieren Licht und Wärmestrahlung. Einerseits wird dadurch die Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche reduziert, andererseits aber auch die Rückstrahlung von der Erde in den Weltraum. Aerosole haben jedoch noch einen bedeutsamen indirekten Einfluss. Sie wirken als Kondensationskeime, an denen sich der Wasserdampf der Atmosphäre als Tröpfchen niederschlägt und so zur Wolkenbildung führt. Auch diese Wolken können je nach ihrer Dichte sowohl die Rückstrahlung von der Erde als auch die Sonneneinstrahlung vermindern und somit sowohl zu einer Abkühlung als auch zu einer Erwärmung führen. Global gesehen führten die Aerosole
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