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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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gemocht.«
    »Hat Sie Ihnen das erzählt?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich glaub nicht, dass er nett zu ihr war.«
    »Hat sie Ihnen das erzählt?«, wiederholte Winter.
    »Sie wollte ihn verlassen.«
    »Das hat sie gesagt?«
    »Es war nur eine Frage der Zeit. So etwas spürt eine Mutter.«
    Winter fuhr fort, sie nach Louises Leben zu fragen. Er bekam vage Antworten auf Fragen nach ihren Freunden, die Antworten verschwammen genau wie bei den Fragen nach Freundinnen und einer besten Freundin.
    Er blieb eine Stunde. Als er sich wieder ins Auto setzte, stellte er das Handy an und stellte fest, dass er einige Mitteilungen auf der Mailbox hatte. Die erste war von Ringmar. Der Junge hatte nach Winter gefragt, Patrik. Er wollte nicht sagen, um was es ging. Ringmar hatte die Nummer von dem Jungen, falls Winter sie wollte. Er wusste nicht, ob Patrik von zu Hause angerufen hatte, denn er hatte sofort aufgelegt.
    Winter rief Ringmar an, aber der ging nicht dran. Er machte sich auf den Weg nach Hause. Der Schneefall hatte nicht aufgehört, war aber schwächer geworden. Der Verkehr floss schneller als der auf dem Weg nach Süden. Es begann wieder zu dämmern.
    Die Schneewälle entlang der Straße waren hoch, wenn auch teilweise unterbrochen. Durch die Öffnungen fuhr der Wind von den Feldern. Jetzt war der Wall wie eine Mauer, hundert Meter lang. Mauer. Wand. The Wall. The Wall. Wall. Winters Gedanken wanderten weiter, während er in einer Schlange von Autos, die auf dem Weg in die Großstadt waren, hinterm Steuer saß. Wall. Den kurzen Gedanken hatte er in dem dunklen Haus in Kungsbacka gedacht, zum ersten Mal seit Tagen. Wall. Vallgatan. Desdemona war nicht in der Vallgatan, aber in der Nähe. Die schwarz gekleideten Männer mittleren Alters zwischen Stapeln von CDs, Computern und Plakaten. War der Musikladen nicht in der Vallgatan? Hatte er dichtgemacht? In den Ermittlungsunterlagen gab es nichts über einen Musikladen in der Straße. Der musste geschlossen haben. Vor Jahren war er mal an so einem Laden in der Vallgatan vorbeigekommen. Er dachte an Patrik und Patriks Kumpel, der eine CD von Sacrament hatte. Wo hatte er die gekauft? Hatte er nicht Haga gesagt? Aber das war nicht sicher. Hatte Winter in seiner Erregung genau genug gefragt? Hatte jemand anders gefragt?
    Er kam in die Industriegebiete und bog zum Hafen ab. Von dort rief er Ringmar an und ließ sich Patriks Adresse geben. Nein, der Junge hatte nicht gesagt, was er wollte.
    »Will er wieder anrufen?«
    »Das hat er auch nicht gesagt.«
    »Wie klang seine Stimme?«
    »Schwer zu beurteilen. Es war so merk... «
    »Klang sie erregt? Erschrocken? Ruhig?«
    »Vielleicht ein wenig erregt.«
    »Er hätte dir sagen können, was er wollte.«
    »Meinst du, ich hab nicht versucht, es aus ihm rauszukriegen?«
    »Dies ist nicht mein privater Fall.«
    »Was redest du da, Erik? Meinst du, ich hätte mir mehr Mühe geben können?«
    »Nun mal ganz ruhig, Bertil.«
    »Der Junge hat nichts gesagt. Er hat sofort aufgelegt, als ich sagte, du seist nicht da. Er hat nicht nach deiner Handynummer gefragt, und ich konnte gar nichts mehr sagen, da hatte er schon aufgelegt.«
    »Okay, okay.«
    »Was machst du gerade? Fährst du zu ihm nach Hause?«
    »Ich bin auf dem Weg. Jetzt bin ich beim Linneplatsen.«
    Ringmar murmelte ein »Na denn«, und Winter fuhr weiter nach Norden. Bertil war der Letzte, mit dem er sich streiten wollte. Es war seine Schuld, wenn Patrik mit keinem anderen reden wollte. Er hatte wohl ein falsches Signal gegeben, eine Art Besitzrecht an diesem Fall gezeigt... als ob es wichtig wäre, dass er, Winter, zuerst informiert werden würde. So was konnte schlechte Stimmung erzeugen, Ermittlungen hinauszögern.
    Er parkte im Halteverbot an der gegenüberliegenden Straßenseite und stieg die drei Treppen hinauf. Im Treppenhaus roch es nach Essen. Irgendwo hatte jemand Musik an, aus allen Richtungen dröhnten die Bässe. Im zweiten Stockwerk stand ein Fahrrad und im dritten Stock eine Tüte mit leeren Flaschen vor einer Tür. An dieser Tür klingelte Winter, hörte aber nichts. Er klingelte noch einmal, doch es blieb still. Er hämmerte mehrere Male gegen die Tür. Drinnen kratzte etwas. Jemand machte die Tür einen Spaltbreit auf. Der Mann war zwischen fünfzig und sechzig und trug den Alkoholismus im Gesicht. Winter nahm den Geruch nach altem Besäufnis wahr, der sich gerade erneuerte. Der Mann war betrunken, womöglich sinnlos

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