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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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sagte Ivarsson. »Die Stadt ist absolut dicht. Das wird ja noch viel schlimmer als beim Chalmersfestumzug.« Er richtete sein Holster, und die Sig-Sauer blitzte im Licht der Deckenbeleuchtung. »Söderbergs Clique hat von Panik geredet. Stellt euch vor, es bricht Panik aus. Ist doch selbstverständlich, dass manche der Anspannung nicht gewachsen sind, und dann kann es zu Panik kommen, wenn wir sie wegbringen sollen.« Er befühlte seinen Gürtel. »Da kommt keiner vor und keiner zurück.«
    »Welcher Weg wäre denn sicherer für den Umzug?«, sagte Bartram. »Soll der Karnevalszug über die Felder bei Hisingen ziehen?«
    Ivarsson schnaubte vor Lachen. »Meinetwegen gern. Aber das Problem ist vermutlich die Sache an sich. Dieser lange Umzug mit der Göttin des Lichts an der Spitze.« Er sah Morelius an. »Wir haben doch schon eine Lichterbraut, oder?«
    »Das hilft auch nicht weiter«, sagte Morelius.
    »Wohin bist du abgeteilt?«
    »Wahrscheinlich anfangs in Heden, bis sie Babels Turm fertig haben.« »Was für eine blöde Idee.«
    »Der steht wenigstens still.«
    »Denkste«, sagte Ivarsson, »der bewegt sich doch aufwärts.«
    »Apropos aufwärts«, sagte Bartram. »Wer kümmert sich um all die Brandopfer nach dem Feuerwerk?«
    »Jetzt wollen wir mal nicht zu negativ denken«, sagte Ivarsson.
    »Das sagst ausgerechnet du.«
    »Gegen zwölf verzieh ich mich in Richtung Skansen Kronan«, sagte Ivarsson. »Dann treffen wir uns da«, sagte Bartram.
    »Vorher wollte ich mir noch Zeit für ein paar besondere Gedanken nehmen, wenn die Glocken läuten, aber ich glaub, das wird nicht klappen«, fuhr Ivarsson fort. »Wir kriegen alle Hände voll zu tun, die überschäumende Freude der Jugend zu dämpfen.«
    »Du musst nicht immer bei allem der Jugend die Schuld geben«, sagte Bartram.
    Louise Valkers Mutter war allein in dem Haus, das außen hell und drinnen dunkel war.
    »Sie hatte keine Feinde«, sagte sie, sobald Winter sich vorgestellt hatte.
    Nein. Es war vielleicht nichts Persönliches, was ihr passiert war. Plötzlich sah er sie vor sich. Das Gesicht. Den Körper. Die Schrift an der Wand, die am unteren Rand verlief, auf den Fußboden getropft war. Die Lichter vom Vasaplatsen. Dasselbe Licht wie in seiner Wohnung.
    Die Mutter war groß, kräftig, ging mit gebeugtem Rücken. Sie mochte fünfundsechzig sein, bestimmt nicht siebzig. Sie führte ihn ins Wohnzimmer, das fast nur aus Schatten bestand, auf dem niedrigen Sofatisch gerahmte Fotos. Louise, als sie vielleicht zwanzig und als sie etwa zehn Jahre älter war.
    »Sie hätte hier bleiben sollen«, sagte die Mutter. »Aber das wär wohl nicht gegangen.« Sie sah auf das eine Foto, sprach zu ihm. »Sie war eine gute Friseuse, und hier gibt es nicht viele Damenfrisiersalons.«
    »Hatte sie viele Freunde?«
    »Jaa... in ihrer Jugend schon.«
    »Hatte sie eine beste Freundin?«
    »Hab ich das nicht schon erzählt? Dem, der hier war... nachdem es passiert ist.«
    »Ja. Ich hab gelesen, was Sie gesagt haben. Aber was die beste Freundin angeht... Darüber scheinen Sie nicht geredet zu haben.«
    »Haben wir nicht? Ah so. Vielleicht, weil mir damals keine eingefallen ist.« Im Zimmer war es so dunkel, dass Winter ihre Gesichtszüge nicht erkennen konnte, nur die Konturen ihres Kopfes.
    »Mein Mann ist vor fünf Jahren gestorben«, fuhr sie fort, »Louises Vater.«
    Winter antwortete nicht.
    »Er war ihr... bester Freund«, sagte sie, und Winter hörte an ihrer Stimme, dass sie weinte. »Sie hat ihn so vermisst.« »Sie standen einander nahe?« »Sehr nahe.«
    Winter wartete einige Sekunden.
    »Aber hatte sie auch andere Freunde?«
    »Sie kamen und gingen, es ist nicht leicht, sie alle in Erinnerung zu behalten.«
    »Und dann kam... Christian.«
    »Dann kam er, ja.«
    Winter hörte jetzt einen anderen Tonfall. »Haben Sie ihn oft gesehen?«
    »Nein.«
    »Was hielten Sie von Christian Valker?«
    Sie gab keine Antwort. Winter sah jetzt einen Teil ihres Gesichtes, nachdem er sich an das schwache Licht im Zimmer gewöhnt hatte.
    »Christian Valker. Wie fanden Sie ihn?«
    »Sie waren ja fast nie hier. Ich glaube, er wollte nicht herkommen, und Louise tat, was er sagte.« Sie betrachtete wieder die Fotos. »Auf mich hat sie ja nicht mehr gehört.« Winter hörte, wie sie tief Luft holte.
    »Ich mochte ihn nicht.« Jetzt sah sie Winter an, er konnte ihre Augen sehen. »Und ich glaube sogar, dass Louise ihn auch nicht mochte.« Die Mutter bewegte sich. »Vielleicht hat sie ihn nie

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