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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nüchtern.
    »Können wir denn weggehen... ihn einfach allein lassen?«
    »Wir sagen im Schwesternzimmer Bescheid. Die können uns innerhalb einer halben Minute holen.«
    Die Cafeteria war groß, voller Licht, das durch viele Fenster strömte. Hinter dem Tresen hingen Bilder der warmen Gerichte, die im Angebot waren. Hinter Glasvitrinen standen Teller mit Tapas aufgereiht. Winter nahm den schweren Duft nach frittiertem Tintenfisch wahr, und erst jetzt begriff er, dass er in einem anderen Land war. Plötzlich hatte er großen Hunger. In einem Topf hinter dem Tresen sah er Tintenfischringe in Öl brutzeln. Eine Frau in beigefarbener Bluse und schwarzem Rock hob sie in einer Schöpfkelle an, einen nach dem anderen.
    »Setz dich an einen Tisch, ich bestell dir, was du haben möchtest«, sagte seine Mutter. »Es gibt... «
    »Tintenfisch«, sagte Winter und nickte zu dem Topf. »Und ein paar Kartoffeln. Und bitte eine große Flasche Mineralwasser.«
    Er setzte sich an einen Tisch nah der hinteren Fenster. Nach ein paar Minuten sah er seine Mutter mit einem Tablett herankommen.
    Er hatte sie nicht gesehen seit... drei Jahren. Bei einem Blitzbesuch, zu dem sie aufgetaucht war, um etwas wegen irgendwelcher Papiere zu regeln. Was Steuerflüchtlinge in Schweden eben zu regeln haben mochten. Lotta und die Mädchen hatten sie mehrere Male hier unten besucht. Aber seine Schwester hatte eine andere wirtschaftliche Moral in Steuerfragen als er.
    Die Mutter kam mit dem Essen, ein geschundenes Gesicht über einem roten Plastiktablett. Wenn noch ein bisschen mehr Zeit vergangen wäre, er hätte sie nicht mehr wieder erkannt auf der Straße. Und jetzt sitze ich hier, dachte er. Nichts bedeutet mehr etwas. Wir können noch so erfolgreich sein, am Ende sitzen wir doch hier.
    »Ich hol nur noch Servietten und das Wasser«, sagte sie und stellte das Tablett ab. Winter roch den Fisch, und plötzlich war sein Hunger weg, genauso schnell, wie er gekommen war.
    Seine Mutter kam zurück und setzte sich. Er hatte das Tablett noch nicht angerührt. Sie begann, Teller, Gläser und Schüsseln mit Essen zu verteilen.
    »Ich hab dich gar nicht gefragt, wie deine Reise war.«
    »Willst du selbst nichts essen?«, fragte Winter und schaute auf die leere Fläche vor ihr.
    »Ich nehm mir ein Stück Tintenfisch von dir«, sagt sie. »Ich hab was gegessen, kurz bevor du gekommen bist.«
    Er wusste, dass es nicht stimmte, und legte einige Ringe frittierten Tintenfisch und Kartoffeln auf den Teller. »Hattest du eine gute Reise?« »Klar.«
    »Und wie geht es Angela?« »Gut.«
    »Wie wunderbar, dass ihr... etwas Kleines bekommt«, sagte sie und holte ein Taschentuch hervor. »Ich hab geweint, als du es erzählt hast.« Sie fing an zu weinen. »Und Papa... er hat eine Flasche Cha... « Winter verstand das Letzte nicht, da ihr Gesicht im Taschentuch verschwand. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Sie putzte sich die Nase und sah ihn an.
    »Ihr müsst runterkommen, alle miteinander... wenn Papa wieder gesund ist.«
    »Natürlich.«
    »Das wird schön.« »Ja.«
    »Ich geb dir nachher die Schlüssel.« »Die Schlüssel?«
    »Zum Haus. Ich schlafe heute Nacht hier, aber du kannst im Haus wohnen. Nach ihm sehen.«
    »Ich hab mir ein Zimmer in einem Hotel in der Stadt gebucht. In Marbella.«
    »Das ist doch ganz unnötig.«
    »Aber ist es nicht ein ganzes Stück bis Nueva Andalucia? Liegt das nicht auf der anderen Seite der Stadt?« »Nicht so weit.«
    »Trotzdem. Es ist besser, wenn ich näher am Krankenhaus bin.«
    »Ja, vielleicht. Mach es, wie du möchtest. Aber morgen, hoffe ich, können wir zusammen rausfahren.« Für einen kleinen Moment schien ein winziges Leuchten in ihren Augen aufzuglimmen. »Du hast das Haus ja noch nie gesehen.«
    Winter antwortete nicht. Sie schwiegen. Er versuchte zu essen, aber der Appetit war wie weggeblasen.
    »Du musst wissen, dass Papa nie etwas dazu gesagt hat, dass du... ihn in all diesen Jahren nicht treffen wolltest«, sagte sie plötzlich. Sie schaute aus dem Fenster, schien die Bewegungen des heißen Windes in den Palmen hinter dem Parkplatz zu verfolgen. Vielleicht betrachtete sie auch den weißen Berggipfel auf der Sierra Bianca, der das lebendige Leben dort draußen mit dem... anderen hier drinnen verbindet, dachte Winter. »Er hat nicht ein Wort gesagt. Wenn ich versucht habe, mit ihm darüber zu sprechen, hat er geschwiegen.«
    »Es tut mir Leid.«
    »Deswegen sage ich es nicht, Erik. Glaub das bloß nicht. Du

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